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"Generationsübergreifende Wertschöpfung", Prof. Dr. Eginhard Werner über die Familiengesellschaft (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Prof. Dr. Eginhard Werner

„Die Familiengesellschaft über Generationen hinweg erfolgreich zu erhalten – darin liegt die zentrale Eigenschaft"

ESV-Redaktion
25.08.2015
In der Familiengesellschaft wird das zentrale Vermögen gebunden und erhalten – und zwar generationsübergreifend. Was die Unternehmen ausmacht und wie sie sich im Laufe der Jahre verändert haben, erklärt Steuerexperte Prof. Dr. Eginhard Werner.
Familiengesellschaften sind größtenteils mittelständisch geprägt und stehen selten im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Welche weiteren Eigenschaften gelten für viele dieser Unternehmen und der dahinter stehenden Menschen?

Eginhard Werner: Das Besondere einer Familiengesellschaft ist doch, dass das zentrale (betriebliche) Vermögen gesellschaftsrechtlich gebunden und familiär-erhaltend zu verwalten ist. Zudem geht es darum, den marktwirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen.

Die gesamten Problembereiche aus dem familiären Miteinander, gelangen mit dem gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss in das rechtliche und wirtschaftliche Miteinander. Gerade diese Problembereiche gilt es sachgerecht zu bewältigen, damit das gelingt, was wirklich wertvoll ist: die Familiengesellschaft über Generationen hinweg erfolgreich zu erhalten. Darin liegt das Besondere – und gleichermaßen auch die zentrale Eigenschaft zum Erfolg einer Familiengesellschaft und der dahinter stehenden Menschen.

Aktuelle Bedeutung erlangen diese Belange im Kontext der laufenden ErbSt-Reform; es wäre schön, wenn das vorgenannte Verständnis die Regelungsinhalte des ErbStG in der Reform beeinflussen würde.

Genügt die bereits 1935 von Wolf Hengstmann gefundene Definition noch – oder bedarf es weiterer Merkmale, die eine Familiengesellschaft prägen?

Eginhard Werner: Die grundlegende Definition von Hengstmann kann auch heute noch Verwendung finden. Doch werden sicherlich weitere Aspekte Ergänzung finden müssen: Die Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Kontext (Umweltschutz, Wahrung der sozialen Verantwortung etc.) und Einhaltung der Legalitätspflichten (Compliance und mehr) zum Beispiel. Die Welt ist an dieser Stelle komplexer geworden; selbst die grenzüberschreitende Kooperation von Familiengesellschaften, ein Aspekt, der bislang nur sehr wenig Beachtung findet, könnte zukünftig an Bedeutung gewinnen.

Wie viele Unternehmen gibt es in Deutschland, auf die das Attribut „Familiengesellschaft“ zutrifft?

Eginhard Werner: Im Grundsatz gibt es sehr viele familiär gebundene und miteinander wirtschaftende Unternehmen, angefangen beim Handwerksbetrieb bis hin zur multinationalen Familiengesellschaft im Besonderen. Die Familiengesellschaft im vorgenannten Sinne ist dagegen wohl noch nicht millionenfach vertreten. In Anbetracht einer sachgerechten Verwaltung von firmengebundenem Vermögen ist dies zu bedauern, da Familiengesellschaften grundsätzlich zum Beispiel eine gute Mitarbeiterbindung vorweisen können.

Gibt es hier relevante Veränderungen: Wie haben sich die Zahlen im Laufe der letzten Jahre entwickelt?

Eginhard Werner: Wie sich genau die Zahlen entwickelt haben, lässt sich nicht ermitteln, da in der vorgenannten Abgrenzung keine statistischen Erhebungen vorhanden sind. Dennoch kann angenommen werden, dass vor dem Hintergrund der zahlreichen Vermögenswerte, die mittlerweile erwirtschaftet worden sind, die Zahl tendenziell steigend ist.

Besonders wichtig wäre es daher, diese Familiengesellschaften bei erfolgreichem Wirtschaften in die fünfte Generation durch gute Entscheidungen zu begleiten. Dann sind so viele Erfahrungswerte vorhanden, die dazu beitragen, die auftretenden Schwierigkeiten zu meistern. Dann läuft es fast ‚von alleine‘.

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Als Familienunternehmer die richtige Rechtsform zu finden – ist das aus Ihrer Sicht schwieriger als bei anderen Unternehmen?

Eginhard Werner: Ja, die richtige Rechtsform ist durch das familiäre Miteinander, die sachgerechte Einbindung der Familienmitglieder und die notwendige Ausgrenzung sachfremder Erwägungen in der Tat sehr schwierig. So wäre es besonders schön, wenn eine spezifische Rechtsform seitens des Gesetzgebers kreiert werden würde - damit wäre Vielem gedient und überzogene Gestaltungen würden eingedämmt bzw. auf eine Normalität zurückgeführt werden.

Und worin unterscheiden sich in der Praxis aktuell die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Problemstellungen von Familiengesellschaften im Vergleich zu anderen Gesellschaften?

Eginhard Werner: Die klassischen Problemstellungen erlangen durch den familiären Kontext ein Spannungsfeld. Dieses gilt es zu beherrschen. Dabei sehe ich darin kein Dilemma. Es geht nicht darum, dieses Spannungsfeld immer ausgrenzen zu können. Vielmehr sehe ich gerade in der positiven Beherrschung dieses Problemklusters einen Garanten für eine erfolgreiche Familiengesellschaft. Diese kann dann eindeutig zur Überlegenheit gegenüber anderen Gesellschaftsformen und Publikums-Aktiengesellschaften führen.

Rahmenbedingungen: Wird der Wind rauer für Familiengesellschaften – oder flaut er eher ab?

Eginhard Werner: Ich denke, der Wind wird rauer. Das Verständnis dafür, wie wertvoll eine erfolgreiche Familiengesellschaft für das Gemeinwesen ist, hat sich (noch) nicht durchgesetzt. Vielfach spielen Neidfaktoren (auf die betrieblich gebundenen Vermögenswerte) oder aber Angst-Erwägungen (vor der Marktmacht bei erfolgreichem Wirtschaften) eine unterschwellige Rolle. Diese behindern dann auf das eigentlich Relevante zu kommen. Das Relevante ist, dass erfolgreiches Wirtschaften Eigenkapital erfordert, und zwar selbst dann, wenn die Zinsen sehr niedrig sind. Eigenkapital führt zu messbarer Verantwortung, und dieses gesellschaftlich gebundene Eigenkapital im globalen Wettbewerb sollte doch eigentlich gestärkt werden. So kann auch in Zukunft die damit verbundene gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen werden. (ESV/map,akb)


Zur Person

Prof. Dr. Eginhard Werner, geboren in Kassel, studierte an der Georg-August-Universität in Göttingen Wirtschaftswissenschaften/BWL und Rechtswissenschaften, mit anschließender Promotion zum Doctor rerum politicarum (Dr. rer. pol.). Seit 1996 ist Eginhard Werner Professor für Betriebliche Steuerlehre und Unternehmensprüfung an der FH Bielefeld.
Als Of Counsel ist Werner seit 2001 bei der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Dr. Stückmann und Partner tätig; seit 2005 Kurator bei der Dr. Stückmann und Partner Stiftung.

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Literaturhinweise zum Thema

Über die Familiengesellschaften – ihre zivilrechtlichen Rahmenbedingen, betriebswirtschaftlichen Potentiale sowie die steuerrechtlichen Besonderheiten – informiert das Buch Die Familiengesellschaft von Prof. Dr. Eginhard Werner, erschienen im Juni 2015 beim Erich Schmidt Verlag. Auch als eBook erhältlich.

Programmbereich: Steuerrecht