Alarmstufe Rot für insolvenzbedrohte Unternehmen
Allgemeine Steuerbegünstigung hält der BFH für unzulässig
Die Entscheidung ist von grundlegender Bedeutung für die Besteuerung insolvenzgefährdeter Unternehmen. Denn in dem hiermit gekippten Sanierungserlass des BMF, der sich auf die Billigkeitsregelungen der § 163 und § 227 AO stützt, hat das BMF eine Regelung per allgemeinverbindlicher Verwaltungsanweisung getroffen. Danach sollten Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage erlassen werden können. Liegt ein Sanierungsplan vor, wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Prüfung im Einzelfall, ob persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe vorliegen, findet nicht mehr statt.Großer Senat gewährleistet Einheitlichkeit der Rechtsprechung
Nach Auffassung des Großen Senats, der eingerichtet ist, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu gewährleisten, verstößt der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Denn zum einen existiere mit der Aufhebung der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende Maßnahme des Gesetzgebers. Zum anderen seien die Finanzbehörden verpflichtet, Steueransprüche festzusetzen und die Steuer zu erheben. Das Bedürfnis für die Begünstigung wurde aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der Unternehmenssanierung abgeleitet. Wichtig war und ist dies insbesondere für insolvenzgefährdete Unternehmen.Auswege: Prüfung des Einzelfalls
Aus der Entscheidung des Großen Senats folgt nicht, dass Billigkeitsmaßnahmen auf der Grundlage einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung generell unzulässig sind. Vorauszusetzen ist nur, dass in jedem davon betroffenen Einzelfall tatsächlich ein Billigkeitsgrund für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt. Die Entscheidung des Großen Senats steht auch nicht einem im Einzelfall möglichen Erlass von Steuern auf einen Sanierungsgewinn aus persönlichen Billigkeitsgründen entgegen.Christoph Niering: „Gesetzgeber soll für Klarheit sorgen”
Darin sieht der Vorsitzende des VID (Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V.), Dr. Christoph Niering, einen herben Rückschlag für die Sanierungskultur in Deutschland: „Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, so schnell wie möglich für Klarheit zu sorgen.” Ein ggf. ausgehandelter Verzicht der Gläubiger werde ad absurdum geführt, da für diesen dann Steuern zu zahlen sind. Nun werde aufgrund der ohnehin eingeschränkten Möglichkeiten, Verlustvorträge geltend zu machen, ein Unternehmenserhalt im Ganzen dramatisch erschwert: „Es ist zu befürchten, dass zukünftig statt der Sanierung des gesamten Unternehmens dessen Zerschlagung gewählt werden muss, um die negativen steuerlichen Folgen zu umgehen.”Weiterführende Literatur |
Mehr zu dem Thema finden Sie im demnächst erscheinenden Heft 02/2017 der KSI (www.ksidigital.de). Unternehmenskrisen gehören zum Wirtschaftsleben. Doch sie führen nicht zwingend in die Insolvenz. In der 2. Auflage seines Werkes Sanierungsmanagement zeigt Prof. Dr. Bernhard Schellberg eindrucksvoll, wie Sie Krisen wirksam begegnen und beantwortet kompakt Ihre Fragen zu den notwendigen Sofortmaßnahmen. |
(ESV/ps)
Programmbereich: Management und Wirtschaft