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Bauerrichtungskosten können nachträglich die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöhen (Foto: Gina Sanders/Fotolia.com)
Grunderwerbsteuer

BFH: Unterliegen Kosten für die Grundstücksbebauung der Grunderwerbsteuer?

ESV-Redaktion Steuern
18.04.2017
Der Bundesfinanzhof hat sich dazu geäußert, ob das Finanzamt die Kosten für die Bebauung eines Grundstücks nachträglich in die Bemessungsgrundlage für die Steuer miteinbeziehen darf.
Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, wird nach dem Urteil des BFH vom 25. Januar 2017 (Az. II R 19/15) das erworbene Grundstück erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn der Bauerrichtungsvertrag geschlossen wird.

Der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags ist ein nachträgliches Ereignis, welches die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs dahingehend verändert, dass zu den Kosten des Grundstückserwerbs nunmehr auch die Baukosten hinzutreten.

Der Kläger des Urteilsfalls erwarb von einer Stadt ein Grundstück, das mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag, der sowohl von der Stadt als auch von dem zu beauftragenden Bauunternehmen unterzeichnet wurde, war u.a. festgelegt, nach welchen architektonischen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das Finanzamt setzte kurze Zeit später die Grunderwerbsteuer fest und bezog lediglich die Kosten für den Grundstückskauf in die Bemessungsgrundlage für die Steuer ein.

Nach der Steuerfestsetzung schloss der Kläger einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen. Nachdem das FA Kenntnis von dem Abschluss des Bauvertrags erhalten hatte, erließ es nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Bescheide, in denen es die Baukosten für das Reihenhaus in die Bemessungsgrundlage einbezog und die Grunderwerbsteuer entsprechend erhöhte. Die hiergegen gerichteten Einsprüche waren erfolglos.

Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, die bestandskräftigen Bescheide seien nicht mehr änderbar gewesen. Es lägen weder die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO noch des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Bereits bei Abschluss des Kaufvertrags seien die Voraussetzungen des einheitlichen Vertragswerks gegeben und damit eine Einbeziehung der Baukosten in geschätzter Höhe in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer veranlasst gewesen.

Abschluss des Bauerrichtungsvertrags: zunächst unbebautes Grundstück wird rückwirkend auf den Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags zu einem bebauten

Der BFH dagegen hielt die Revision des Finanzamts für begründet, hob die Vorentscheidung des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab.

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Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt.

Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

Von einem solchen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Verträgen, die der Bebauung des Grundstücks dienen, ist auszugehen, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde. Eine derartige Einschränkung der sonst für einen Grundstückserwerber bestehenden Entscheidungsfreiheit kann sich aus vorherigen Absprachen oder aus faktischen Zwängen ergeben.

Der objektiv sachliche Zusammenhang wird ebenfalls indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat.

Ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags abzustellen. Wird der Grundstückskaufvertrag durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen, ist für die Beurteilung, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauerrichtungsvertrag besteht, der Zeitpunkt der Genehmigung maßgebend. Zu dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt muss der Erwerber entweder an das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden sein oder die Veräußererseite dem Erwerber ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten haben.

Das erworbene Grundstück wird jedoch erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind. Dies setzt den Abschluss eines entsprechenden Bauerrichtungsvertrags voraus.

Bei einem Angebot der Veräußererseite, ein bestimmtes Gebäude auf dem erworbenen Grundstück zu errichten, ist der sachliche Zusammenhang von Grundstückskaufvertrag und Bauerrichtungsvertrag nach Auffassung der Richter des BFH nur gegeben, wenn der Erwerber das Angebot annimmt, also den Bauerrichtungsvertrag abschließt. Ist der Grundstückserwerber aufgrund von Absprachen oder aus faktischen Zwängen an das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, ist das Grundstück ebenfalls erst mit dem Abschluss des Bauerrichtungsvertrags in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand. Wird nach dem Kauf eines unbebauten, zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks ein Bauerrichtungsvertrag nicht oder noch nicht geschlossen, ist Erwerbsgegenstand nur das unbebaute Grundstück, selbst wenn beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags eine Bindung des Erwerbers an das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung vorgelegen haben sollte.

Bauerrichtungskosten: Nachträglich bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen

Mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags steht fest, dass das Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand ist und damit die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Vor Abschluss des Bauerrichtungsvertrags kommt eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Kauf des Grundstücks um die Baukosten nicht in Betracht. Bis dahin ist das Grundstück in seinem tatsächlichen, unbebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Erst mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags verändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich, und zwar i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.

Da das Finanzgericht von einer anderen Ansicht ausgegangen war hob der BFH die Vorentscheidung auf.

Weiterführende Literatur
Wer Immobilien des Privat- oder Betriebsvermögens verschenkt, veräußert, mit einem Nießbrauch belastet oder in eine Gesellschaft einbringt, ist mit vielschichtigen steuerlichen Fragen konfrontiert. Eine sorgfältige Steuerplanung ist dabei unverzichtbar, um das Risiko überraschender finanzieller Belastungen von Beginn an einzudämmen. Anhand von rund 150 Beispielen, Schaubildern und Übersichten stellen Ihnen Bernd Meyer und Jochen Ball in dem Werk Übertragung von Immobilien im Steuerrecht eine Fülle praxiserprobter, klassischer und raffinierter Gestaltungswege anschaulich vor – und erlauben Ihnen einen tiefen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Immobilienübertragung.

(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht