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Verspätete Abrechnung gefährdet Anspruch auf Nachzahlung (Foto: Thomas Madel/Fotolia.com)
Mietrecht

BGH entscheidet über verspätete Nebenkostenabrechnungen bei Mietwohnraum

ESV-Redaktion Recht
06.02.2017
Vermieter von Wohnraum müssen die Nebenkosten innerhalb eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums abrechnen. Doch gilt das auch, wenn die Hausverwaltung eine WEG-Abrechnung verspätet erstellt? Hierüber hat der BGH in einem aktuellen Urteil entschieden.
Für die Abrechnung der Mietnebenkosten gilt die Jahresfrist von § 556 Absatz 3 Satz 2 BGB. Das gilt auch dann, wenn das vermietete Objekt eine Eigentumswohnung ist. In dem betreffenden Fall hatte die Beklagte eine Wohnung angemietet, die sich in einer Wohnungseigentumsanlage befand. Der Mietvertrag enthielt eine handschriftliche Ergänzung. Danach sollten die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung durch die Eigentümerversammlung abgerechnet werden.

Der Kläger rechnete die Betriebskosten für die Jahre 2010 und 2011 gegenüber der Beklagten aber erst mit Schreiben vom 07.12.2013 ab. Kurz zuvor hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Abrechnung nach § 28 Absatz 5 WEG beschlossen.

Da die Mieterin die Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen verweigerte, hat der Kläger die Forderungen gerichtlich geltend gemacht. Seine Klage blieb zwar vor den Instanzgerichten ohne Erfolg. Allerdings hatte das Berufungsgericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen.

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BGH: Vermieter muss grundsätzlich innerhalb der Jahresfirst abrechnen

Nach Auffassung des VIII. Zivilsenats des BGH muss der Vermieter einer Eigentumswohnung grundsätzlich innerhalb der Jahresfrist des § 556 Absatz 3 Satz 2 BGB über die Betriebskosten abrechnen. 

Beschluss der Wohnungseigentümer keine Voraussetzung für Abrechnungsfpflicht

  • Die Abrechnungspflicht des Vermieters hängt dem BGH zufolge nicht davon ab, ob dem Vermieter einer Eigentumswohnung bereits der Beschluss über die Jahresabrechnung der Wohnungseigentumsgemeinschaft vorliegt, die in der Regel die Grundlage für die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter ist. 
  • Auch eine entsprechende ungeschriebene Voraussetzung sei weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik zu entnehmen. Darüber hinaus wäre eine solche Voraussetzung auch nicht dem Zweck der Vorschrift, Abrechnungssicherheit für den Mieter und rasche Klarheit über die gegenseitigen Forderungen der Mietvertragsparteien zu schaffen, zu vereinbaren. 
  • Auch würde der Mieter einer Eigentumswohnung in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise gegenüber den Mietern sonstiger Wohnungen benachteiligt. Durch das zusätzliche Erfordernis eines Beschlusses der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG wäre er dem erhöhten Risiko ausgesetzt, die Betriebskostenabrechnung nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Jahresfrist zu erhalten. Der Beschluss nach § 28 Absatz 5 WEG würde lediglich die Miteigentümer untereinander im Innenverhältnis binden, nicht aber Dritte. 
Im Wortlaut: § 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten - Absätze 3 und 4

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; […]. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. […].

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Im Wortlaut: § 28 WEG Wirtschaftsplan, Rechnungslegung - Absätze 2 und 3
(3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen. […]

(5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit.


Verspätete Abrechnung nicht entschuldigt

Forderungen aus verspäteten Abrechnungen kann der Vermieter einer Eigentumswohnung nur noch dann geltend machen, wenn er die verspätete Abrechnung über die Vorauszahlungen nicht zu vertreten hat, so der BGH weiter. Dies müsse der Vermieter aber konkret darlegen.

Der Kläger hatte aber lediglich vorgetragen, dass die bis zum 31.12.2012 tätige Hausverwaltung die Wohngeldabrechnung der Hauseigentümer für die Jahre 2010 und 2011 nicht ordnungsgemäß erstellt hätte. Deswegen sei sie von der Wohnungseigentümergemeinschaft zum 31.12.2012 abberufen worden.

Die neue Hausverwaltung, die ab dem 01.01.2013 tätig wurde, sei durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 20.08.2013 mit den Betriebsabrechnungen für 2010 und 2011 beauftragt worden. Im November wären diese 2013 fertiggestellt worden.

Dies reichte den Richtern aus Karlsruhe nicht aus. Nach Auffassung des VIII. Senats hat der Kläger nicht vorgetragen, was er selbst unternommen hat, als für ihn erkennbar wurde, dass die bisherige Hausverwaltung keine ordnungsgemäße und rechtzeitige Abrechnung vorlegen würde.


Abweichende Vereinbarungen mit Mieter unwirksam

Auch auf die handschriftliche Ergänzung, nach der die Betriebskosten nach Genehmigung durch die Eigentümerversammlung abgerechnet werden sollten, konnte sich der Kläger nicht berufen. Vereinbarungen, die von § 556 Absatz 3 BGH abweichen, sind nämlich unwirksam.

Quelle: PM des BGH zum Urteil vom 25. 01.2017 – VIII ZR 249/15


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(ESV/bp)

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