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Fernwärme: Begründet globaler Klimaschutz Anschlusszwang? (Foto: focus finder/Fotolia.com)
Anschluss- und Benutzungszwang

BVerwG erleichtert Anschlusszwang an kommunale Fernwärmeversorgung

ESV-Redaktion Recht
08.05.2017
Wann darf eine Kommune den Anschluss- und Benutzungszwang an eine Fernwärmeversorgung zum Zwecke des globalen Klimaschutzes anordnen? Über diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.
Nach der Entscheidung müssen Gemeinde- und Stadträte vor Erlass einer entsprechenden Satzung nicht immer ein aufwändiges Gutachten über die klimatischen Auswirkungen der Maßnahme einholen. Ein Anschluss- und Benutzungszwang kann nach § 16 EEWärmeG aber auch dann angeordnet werden, wenn die kommunale Fernwärmeeinrichtung die Standards der Nummer VIII der Anlage zum EEWärmeG nicht einhält.

Der Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen der Stadt Halberstadt und einer lokalen Wohnungsbaugenossenschaft zu Grunde. Am 27.09.2012 beschloss die Stadt eine Satzung, mit der für einen Teil des Stadtgebiets zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes ein Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung angeordnet wurde.

Gegen diesen Beschluss stellte die Wohnungsbaugesellschaft beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg einen Normenkontrollantrag. Dabei bestritt sie, dass mit dem Anschluss der Grundstücke an die Fernwärmeversorgung im konkreten Fall Vorteile für den Klimaschutz verbunden seien.

OVG Magdeburg: Satzung unwirksam, da kein Klimagutachten eingeholt wurde

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg hat mit Urteil vom 10.04.2014 (AZ: 4 K 180/12) die Satzung in wesentlichen Teilen für unwirksam erklärt. Das Gericht konnte ein dringendes öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 8 Nr. 2 Gemeindeordnung (GO) des Landes Sachsen-Anhalt nicht hinreichend feststellen. Die Stadt, so das OVG weiter, habe es vor dieser Anordnung unterlassen, den erforderlichen gutachtlichen Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschlusszwang an die Fernwärmeversorgung durchzuführen. Gegen dieses Urteil legte die Stadt Revision beim BVerwG ein.

BVerwG: Landesrecht darf Anforderungen des globalen Klimaschutzes nicht verschärfen

Das BVerwG hat mit Urteil vom 08.09.2016 (AZ: 10 CN 1.15) der Revision der Stadt stattgegeben. Dabei haben die Richter aus Leipzig festgestellt, dass § 16 EEWärmeG als bundesrechtliche Erweiterung für die Ermächtigung für die Kommunen, einen Anschluss- und Benutzungszwang anzuordnen, zwar in einem bestimmten Umfang Raum lässt für eine ergänzende Anwendung von Landesrecht. Diese Vorschrift ermächtigt die Länder aber nicht dazu, die Anforderungen in Bezug auf den globalen Klimaschutz zu verschärfen. Die Regelung von § 8 Nr. 2 GO ist daher keine Grundlage für zusätzliche Erfordernisse.  

Ein gutachtlicher Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschluss- und Benutzungszwang kann nach EEWärmeG nicht generell gefordert werden. Wenn die Fernwärmeversorgungseinrichtung in einem bestimmten Mindestmaß mit erneuerbaren Energien, mit Abwärme oder Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird, das in Anlage VIII EEWärmeG definiert ist, so spricht eine generelle Vermutung dafür, dass der Anschluss- und Benutzungszwang von Wohngebieten dem Klima- und Ressourcenschutz dient.

BVerwG: Klimagutachten erst, wenn die Anforderungen aus Anlage VIII EEWärmeG nachweislich nicht erfüllt werden

Werden die Anforderungen aus Anlage VIII EEWärmeGan nicht erfüllt, muss allerdings in der Regel eine konkrete Vergleichsberechnung in Bezug auf die gesamtklimatischen Auswirkungen durchgeführt werden. Da das Oberverwaltungsgericht Magdeburg nicht geprüft hatte, ob die Fernwärmeeinrichtung der Stadt Halberstadt den benannten Anforderungen entspricht, hat das BVerwG die Sache an das OVG Magdeburg zurückverwiesen.

Urteil des BVerwG vom 8.9.2016 - AZ: 10 CN 1.15 - Umweltdigital.de

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(ESV/cw)

Programmbereich: Energierecht