Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Moderne Smartmeter ermöglichen eine passgenaue Verbauchsabstimmung (Foto: PiLensPhoto/Fotolia.com)
Nachgefragt bei Dr. Sebastian Rohrer, Till Stefan Karsten und Andreas Ewald Leonhardt

Bessere Daten sind die Voraussetzung für die erfolgreiche Digitalisierung der Energienetze

ESV-Redaktion Recht
30.07.2019
Während Teil 1 des Interviews mit RA Dr. Sebastian Rohrer, RA Till Stefan Karsten und Andreas Ewald Leonhardt überwiegend Fragen des Datenschutzes behandelt hat, geht es in diesem Teil hauptsächlich um die Vorteile intelligenter Messsysteme und die sternenförmige Verteilung der Daten.

Herr Dr. Rohrer, Herr Karsten, Herr Leonhardt, mit dem MsbG hat der Gesetzgeber den flächendeckenden Rollout der sogenannten „Smart Meter“ beschlossen. Was ist der Hintergrund dieser gesetzgeberischen Initiative und was ist darunter zu verstehen?

Rohrer/Karsten/Leonhardt: Der flächendeckenden Rollout ist letztlich auf europäische Vorgaben zurückzuführen. Diese sehen u.a. vor, dass 80 Prozent aller Letztverbraucher mit intelligenten Messsystemen – das sind die von Ihnen genannten Smart Meter – auszustatten sind.

Was hat der Verbraucher davon?

Rohrer/Karsten/Leonhardt:
 Zum einen können durch die flächendeckende Ausstattung der Verbraucher mit intelligenten Messsystemen – wie oben bereits angesprochen – viel präzisere Informationen über die Menge und die Zeit des jeweiligen Verbrauchs erhoben werden. Diese Informationen sind die Voraussetzung dafür, dass in Zukunft der Verbraucher z.B. seinen Verbrauch an das Angebot anpassen kann. Hier sprechen wir über die vielbesungene sich nachts einschaltende Waschmaschine oder eben – wohl relevanter – das Aufladen von E-Autos und anderen Akkus zu Zeiten hohen Angebots und niedrigen Verbrauchs und damit günstigen Preisen. Ob sich das aber wirklich lohnen wird, ist noch nicht ausgemacht.

Zu den Personen – Die Interviewpartner geben den Kommentar zum MsbG heraus, erschienen im Erich Schmidt Verlag
  • RA Dr. jur. Sebastian Rohrer: Partner bei BEITEN BURHARDT Rechtanwaltsgesellschaft mbH. Er berät internationale Mandanten aus der Energiewirtschaft in allen Belangen des Energie-und Gesellschaftsrechts.
  • RA Till Stefan Karsten, LL.M.: Rechtsanwalt im Bereich Datenschutz bei der infoscore Consumer Data GmbH. Zuvor war er Rechtsanwalt bei der ENTEGA AG und verantwortlich für die Umsetzung  des MsBG.
  • Andreas Ewald Leonhardt, LL.M.: Datenschutzbeauftragter der Porsche Lizenz- und Handelsgesellschaft mbH& Co. KG. Er ist spezialisiert auf Datenschutzfragen des nicht-öffentlichen Bereichs.


Bessere Daten durch intelligente Messsysteme

Und welche Vorteile haben die Energieversorger?

Rohrer/Karsten/Leonhardt: Die Energieversorgungsnetze sollen fit für die Herausforderungen der Zukunft gemacht werden. Die Netzbetreiber brauchen viel bessere Informationen über den jeweiligen Verbrauch, um auch in Zukunft die Netze sicher steuern zu können. So gibt es eben nicht mehr nur die großen Kraftwerke die jederzeit Strom liefern, sondern viele fluktuierend einspeisende (Klein-)Kraftwerke, deren Erzeugung passgenau mit dem jeweiligen Verbrauch abzustimmen ist. Dazu muss genau verstanden werden, wie sich der Verbrauch verhält und auf welche Signale er wie reagiert.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die intelligenten Messsysteme sollen mehr und bessere Daten liefern. Dies ist eine Voraussetzung der Digitalisierung der Energienetze.

Ende 2018 hat die Beschlusskammer 6 der BNetzA verkündet, wie die elektronische Marktkommunikation im Stromsektor an die Erfordernisse des MsbG (MaKo 2020) angepasst werden soll. Worum handelt es sich und wie ist hier der Stand?

Rohrer/Karsten/Leonhardt:
Das MsbG (§ 60 Abs. 2 MsbG) sieht vor, dass die beim Kunden mittels eines iMS erhobenen Messwerte ausschließlich in diesem dezentral gespeichert und aufbereitet werden. Im Anschluss sollen sie dann sternförmig an alle berechtigten Empfänger verteilt werden. Das MsbG sieht in § 60 Abs. 2 Satz 2 weiterhin vor, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) für den Zeitraum bis zum 31.12.2019 eine Festlegung erlassen darf wonach die sog. berechtigten Stellen (siehe die Liste in § 49 Abs. 2 MsbG) die Aufbereitung und Übermittlung vornehmen dürfen.

Mit Blick darauf hatte die Bundesnetzagentur bereits im Jahr 2016 das sogenannte Interimsmodell für die Marktkommunikation festgelegt, wonach die Messwerterhebung und –verteilung einstweilen weiterhin über die Marktrolle Netzbetreiber erfolgen darf. Allerdings hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass die auf dem Markt verfügbaren Geräte der ersten Genration eine sternförmige Kommunikation auch mit Beginn des Jahres 2020 nicht gewährleisten können.

Daher sah sich die BNetzA gezwungen, für die Zeit bis geeignete Geräte verfügbar sind, weiter für Rechtssicherheit zu sorgen. Vor diesem Hintergrund hat sie die MaKo 2020 erlassen. Diese führt zu einer Änderung der Prozesse und ändert auch die Grundprämissen der Kommunikation.

Der kostenlose Newsletter Recht – hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.


Aggregation von Einzelwerten für die Bilanzkreisabrechnung

Was hat es mit der sternenförmigen Verteilung der Messwerte auf sich? 

Rohrer/Karsten/Leonhardt: Die Aufgabe der Messwerterhebung, -aufbereitung und -verteilung übernimmt danach die Marktrolle „Messstellenbetreiber“ (MSB) und nicht mehr die Marktrolle Netzbetreiber. Dies gilt umfassend für jegliche Messtechnik im Strommarkt. Messwerte werden danach durch den MSB über dessen IT-System sternförmig verteilt und die Aggregation von Einzelwerten zu Bilanzkreissummen für die Bilanzkreisabrechnung erfolgt für alle mit iMS ausgestatteten Kunden künftig beim Übertragungsnetzbetreiber.

Einige Stadtwerke hielten insbesondere die Verpflichtung, die IT auf die neue sternförmige Kommunikation umstellen zu müssen, obwohl in Zukunft diese Kommunikation von den intelligenten Messsystemen erfüllt werden sollen, für übermäßig belastend und legten daher im März 2019 Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf ein. Sie argumentierten, der Bundesnetzagentur fehle die entsprechende Berechtigungsgrundlage für die Festlegung, da die Berechtigungsgrundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2 MsbG nur bis zum 31.12.2019 reiche. 

Sternenförmige Kommunikation? Beschwerden einiger Stadtwerke erfolglos

Das OLG Düsseldorf hat allerdings mit Beschluss vom 29.04.2019 im einstweiligen Rechtsschutz die von allen Beschwerdeführerinnen gestellten Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zurückgewiesen.

Im Anschluss an diese Entscheidung haben alle Beschwerdeführer ihre Beschwerden zurückgenommen, so dass die Festlegung der BNetzA (MaKo 2020) nun bestandskräftig ist und bis zum 01.12.2019 umgesetzt werden muss.



Lesen Sie in Teil 1 des Interviews:

  • warum der Energieverbrauch als „Spiegel des Lebens“ betrachtet werden kann
  • schaffen intelligente Messsysteme den „Gläsernen Kunden“?
  • welche Vorkehrungen das MsbG zum Datenschutz und zur Datensicherheit trifft
  • mehr zum Verhältnis zwischen dem MsbG und der DSGVO
  • und wie sich DSGVO und BDSG bereits auf das MsbG ausgewirkt haben.


Es werde Licht! 

MsbG

Die praktische Umsetzung dieses neuen Gesetzes an der sensiblen Schnittstelle zwischen Energie- und Datenschutzrecht wirft viele Fragen auf, die von den Adressaten nicht immer einfach zu beantworten sind. Zum Beispiel:
  • Wie werden intelligente Messsysteme und moderne Messeinrichtungen in der Praxis installiert und eingesetzt?
  • Welche Rechte und Pflichten bestehen im Zusammenhang mit dem Messstellenbetrieb und dessen Finanzierung?
  • Wie weit reichen die Befugnisse der Regulierungsbehörde?
Die Autoren beantworten Ihre Fragen aus allen relevanten Blickwinkeln, um in jedem Fall richtig agieren zu können.

Als Erwerber erhalten Sie einen passwortgeschützten Zugang zu unserer Onlinedatenbank mit energierechtlichen Vorschriften der EU, des Bundes und der Länder.
Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht

(ESV/bp)

Programmbereich: Energierecht