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Der Compliance Officer

18.04.2016
Ein Handbuch in eigener Sache. Von Jürgen Bürkle und Christoph E. Hauschka. C.H. Beck Verlag, München 2015, 389 Seiten, 89,00 Euro, ISBN 978-3-406-66298-0.
Ein Handbuch in eigener Sache. Von Jürgen Bürkle und Christoph E. Hauschka. C.H. Beck Verlag, München 2015, 389 Seiten, 89,00 Euro, ISBN 978-3-406-66298-0.

Aus der Fülle aktueller Compliance-Literatur will sich dieses Werk durch einen etwas anderen Ansatz abgrenzen: Statt aus Sicht der Geschäftsleitungsorgane wird die Stellung und die Aufgaben von Compliance im Unternehmen diesmal durch die Brille des Compliance-Officer selbst betrachtet. Es geht also wie die Überschrift bereits andeutet um ein Compliance-Handbuch „in eigener Sache“.

Als Zielgruppe werden neben Compliance-Beauftragten, auch Rechtsanwälte, Justitiare, Berater und die Unternehmensführung selbst benannt.

Der Fokus des Werkes liegt auf Beiträgen rund um das Berufsbild des Compliance-Officer und gliedert sich in 15 Kapitel zum Anforderungsprofil, zur Stellung und zu den Aufgaben eines Compliance-Officer, sowie zu weiteren spezielleren Fragen wie u. a. dem Versicherungsschutz und der strafrechtlichen Haftung.

Nach einer kurzen Einleitung folgt ein Kapitel zum Anforderungsprofil des Compliance-Officer, in dem kurz und prägnant die Kernkompetenzen aufgezeigt werden, die ein Compliance-Mitarbeiter haben sollte. Hier wird zwischen den fachlichen Anforderungen und Managementfähigkeiten und dem erforderlichen Persönlichkeitsprofil einer solchen Position differenziert. Das darauffolgende Kapitel, befasst sich mit der Fragestellung wie eine wirksame Bestellung und Pflichtendelegation durch die Geschäftsleitungsorgane erfolgen kann, um Verantwortung und Haftung auf die Compliance-Funktion zu übertragen. Hier ist es sehr erfreulich, dass die Autorin dieses Kapitels zwischen der Pflichtendelegation auf einen Chief-Compliance-Officer und ihm nachgeordneter Mitarbeiter differenziert, da jeweils Aufgabenkreis und Stellung derselben im Unternehmen divergieren.

Im vierten Kapitel werden die Aufgaben der Compliance-Funktion im Unternehmen dargestellt. Leider kommt es hier zu vermeidbaren Doppelungen zu den vorangegangenen und folgenden Kapiteln. Auch wird nochmals die Bedeutung von Compliance und dessen Management ganz allgemein vorgestellt, was an dieser (fortgeschrittenen) Stelle im Buch redundant erscheint. Abschließend folgt in diesem Kapitel die Abgrenzung zu anderen Funktionen und Aufgabenbereichen im Unternehmen wie dem Risikomanagement, der Rechtsabteilung und der Internen Revision u. a. – wie die hier entstehenden Konflikte aufgelöst werden, wird leider nicht behandelt.

Die beiden folgenden Kapitel lesen sich wieder erfreulicher. Kapitel fünf widmet sich der Stellung des CO im Unternehmen und behandelt dessen Aufgabenwahrnehmung, Rechte und Ressourcen unter organisatorischen, disziplinarischen und finanziellen Aspekten, während Kapitel sechs dabei unterstützt, die geeignete Organisationsform für die Ausgestaltung der Compliance-Funktion im Unternehmen zu finden. Hier ist die sehr praxistaugliche Dreiteilung in die Projektorganisation beim Aufbau eines CMS, der Compliance im Regelbetrieb und abschließend verschiedenen integrierten Organisationsmodellen für Compliance gut gelungen. Begleitet wird der Leser von vielen brauchbaren Praxishinweisen.

Sodann folgt ein arbeitsrechtlicher Schwerpunkt durch die Kapitel sieben und acht. Ersteres Kapitel behandelt die arbeitsrechtliche Stellung und Haftung des CO, die sich jedoch nicht grundsätzlich von anderen Mitarbeitern in Leitungsfunktionen unterscheidet. Verschiedene arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten werden jedoch aufgezeigt. Kapitel acht beleuchtet kurz die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des CO und seine Zusammenarbeit mit den innerbetrieblichen Organen.

In Kapitel neun werden Tatbestände, die typischerweise strafrechtlich relevantes Handeln von Unternehmensangehörigen kennzeichnen vorgestellt, sowie grundsätzliche Erwägungen zur Garantenstellung des CO und der Umgang mit strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen erläutert. Ergänzt wird dies durch präventive Handlungsempfehlungen, mit denen sich der CO selbst abzusichern vermag, ansonsten sind die Ausführungen hier kurz und auf das Notwendige beschränkt.

Der Zusammenarbeit zwischen CO und der vom Unternehmen beauftragten Ombudsperson widmet sich Kapitel zehn. Es werden ausführlich und verständlich Aufgaben, Rechte und Pflichten externer Ombudspersonen vorgestellt. Als besonderer Bonus, wird das Anforderungsprofil einer Ombudsperson, sowie wesentliche Inhalte zur Gestaltung eines Ombudsvertrages mitgeliefert.

Mit den Anforderungen an die Gestaltung von Compliance im Konzern befasst sich das nächste Kapitel. Hier wäre es wünschenswert gewesen, die Praxisempfehlungen zur Ausgestaltung von Compliance in dezentralen Konzernstrukturen noch ausführlicher zu beschreiben.

Welche Erwägungen bei der Beteiligung eines CO im Rahmen einer internen Untersuchung zu beachten sind, erfährt der Leser im Kapitel zwölf. Neben dem rechtlichem Rahmen und möglichen Beteiligten einer solchen Untersuchung, wird auch die Organisation einer Internal Investigation ausführlich behandelt.

Kapitel 13 hat sodann die Organisation eines CMS in den regulierten Finanzsektoren Banken, Versicherungen, sowie im Wertpapier und Investmentsektor zum Inhalt, während sich Kapitel 14 dem erforderlichen oder vielmehr dem wünschenswerten Versicherungsschutz für CO widmet, um aufkommende Risiken seiner Tätigkeit aufzufangen. In letzterem Kapitel liegt tatsächlich ein Mehrwert gegenüber der vorhandenen Compliance-Literatur, da dieses spezifische Thema Versicherungsschutz bisher nicht derart komprimiert in einem Sammelband dargestellt wurde. Die Rolle des Geschäftsleitungsmitgliedes als CO wird im letzten Kapitel des Buches unter Chancen- und Risikogesichtspunkten erläutert. Da die Ausführungen hier recht knapp gehalten sind, wäre eine Integration in eines der vorangegangenen Kapitel überdenkenswert.

Die Herausgeber sind beides erfahrene Compliance-Praktiker, daneben zählt der Autorenkreis überwiegend Rechtsanwälte und Unternehmensberater, die in Compliance-Fragen beratend tätig sind. Mit Blick auf den Anspruch ein Handbuch in eigener Sache zu schreiben, wäre es sicher wünschenswert gewesen, mehr als einen Compliance-Beauftragten zu Wort kommen zu lassen. Der in der Einleitung des Sammelbandes formulierte Anspruch, dem Compliance-Officer eine „Orientierung in seiner schwierigen Alltagsarbeit zu vermitteln und ihm zugleich über das Tagesgeschäft hinaus für die eigenen Belange zu sensibilisieren“ ist nur zum Teil geglückt. Es ist in jedem Fall ein vollständiges und gut lesbares Werk entstanden, das sich aber vom Bestand und der Fülle an existenter Compliance-Literatur auch durch den veränderten Blickwinkel kaum abzuheben vermag. Der besondere Mehrwert gegenüber den gängigen Werken ist auf wenige Kapitel beschränkt. Dazu zählen sicher die Ausführungen zu den Organisationsformen der Compliance-Funktion (Kapitel sechs), zur Zusammenarbeit mit Ombudsleuten (Kapitel zehn) und zum Versicherungsschutz des Compliance-Officer (Kapitel 14). Wenn es in einer zweiten Auflage gelingt, den praxisnahen Ansatz dieser Kapitel auch auf die übrigen Teile zu übertragen, stellt das Buch ein wertvolles Nachschlagewerk für das tägliche Arbeiten eines CO dar.

Dr. Doreen Müller, Redaktion ZRFC

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 2/2016

Programmbereich: Management und Wirtschaft