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Doppelte Buchführung in der Kommunalverwaltung

27.06.2023
Basiswissen für das „Neue Kommunale Finanzmanagement“ (NKF). Von Prof. Dr. Mark Fudalla und Christian Wöste. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2021, 5., neu bearbeitete Aufl., XV, 324 Seiten, Preis (D) Euro 26,95, ISBN 978-3-503-19577-0.
Das Lehrbuch von Fudalla / Wöste, im Jahr 2004 erstmals erschienen, liegt in der fünften Auflage vor. Es versteht sich „als Einstiegshilfe für (kommende) Doppik-Anwender in Kommunen“ (S . V). Gegenüber der vierten Auflage wurde es gründlich überarbeitet, insbesondere wurden die Rechtsvorschriften aktualisiert. Der Text des Lehrbuches umfasst 180 Seiten. Weitere 57 Seiten entfallen auf Aufgaben mit Lösungen. Auf 90 Seiten Anlagen sind die wichtigsten Rechtsvorschriften abgedruckt. Auf erläuternde Fußnoten wird verzichtet.

Im Textteil werden einleitend (sehr knapp) die Ziele der Reform und die Aufgaben und Anforderungen des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens behandelt (Abschnitte 1 und 3). Die weiteren Ausführungen haben zwei Schwerpunkte. Den ersten Schwerpunkt bildet die Systematik und Technik der doppelten Buchführung (Abschnitte 5/6). Hierzu gehören auch die Grundbegriffe Einzahlungen / Auszahlungen, Einnahmen / Ausgaben, Erträge / Aufwendungen, Leistungen / Kosten (Abschnitt 2) und die Inventurarten (einschließlich der Inventurerleichterungen), mit deren Hilfe das Inventar erstellt wird, das dann zur Bilanz als Gegenüberstellung von Vermögen und Eigenkapital / Schulden zusammengefasst wird (Abschnitt 4). Unerwähnt bleibt hier eine wichtige Funktion des Inventars, nämlich die Kontrolle der in der Buchführung ermittelten Bestände und der Sorgfalt der Verwaltungsführung. Weiterhin ist das Beispiel für das Inventar einer Kommune (S. 30) unvollständig. Es fehlen die Inventare für Rückstellungen und Sonderposten, denn auch diese Bilanzposten sind inventarpflichtig. Die Darstellung der doppelten Buchführung geht von den Geschäftsvorfällen und ihren bilanziellen Auswirkungen aus sowie der Aufgliederung der Bilanz in Konten, auf denen die Geschäftsvorfälle im Einzelnen erfasst (gebucht) werden. Die Buchungstechnik wird anhand von wichtigen Geschäftsvorfällen anschaulich dargestellt. Allerdings wird die Schließung von Konten nicht gesondert behandelt (im Gegensatz zur Kontoeröffnung, Abschnitt 5.3.5). Als Besonderheit der kommunalen Doppik werden in einem gesonderten Abschnitt 5.4 die Buchungen in der Finanzrechnung (als Unterkonto des Bilanzpostens liquide Mittel) dargestellt. Diese zusätzlichen Buchungen werden von den Gemeindehaushaltsverordnungen zwar verlangt, sie sind meines Erachtens aber völlig unnötig (und in der kaufmännischen Buchführung unbekannt). Einerseits ist ihr Nutzen für die Steuerung sehr gering, und andererseits wird die Buchungstechnik komplizierter; bei steigendem Buchungsaufwand leidet zudem die Kontenklarheit. Ein kritischer Hinweis fehlt. Dies gilt auch für andere unter Steuerungsaspekten beziehungsweise Wirtschaftlichkeit fragwürdigen Rechtsvorschriften wie die körperliche Bestandsaufnahme von beweglichem Anlagevermögen nach fünf Jahren (S. 24).

Der zweite Schwerpunkt des Textteils befasst sich mit der Aufstellung des Jahresabschlusses (Abschnitt 6). Hier wird zwischen formellen und materiellen Abschlussbuchungen unterschieden. Im Einzelnen werden dann die Abschreibungen und Zuschreibungen, die zeitlichen Abgrenzungen sowie die Rückstellungen behandelt. Eingegangen wird auch auf die Hauptabschlussübersicht (Abschnitt 7.3). Es wird allerdings nicht angemerkt, dass diese nur noch ein didaktisches Instrument ist. In den üblichen DV-Buchführungen ist sie in dieser Form nicht mehr sichtbar. Der Textteil endet mit einer kurzen Darstellung der Bestandteile des Jahresabschlusses einschließlich der verpflichtenden Anlagen, des Lageberichts (Rechenschaftsberichts) und der Prüfung des Jahresabschlusses (Abschnitt 8).

Jeder Abschnitt im Textteil schließt mit einer kurzen Zusammenfassung (Wesentliche Lerninhalte) und Verständnisfragen. Zusätzlich unterstützt ein umfangreicher Aufgabenteil das Erlernen der Materie. Hilfreich sind auch die diversen Anlagen, die das Nachlesen der rechtlichen Grundlagen erleichtern, insbesondere für Leser, die nicht aus NRW stammen. Auch für diese ist das Lehrbuch geeignet. Sie müssen allerdings sorgfältig darauf achten, ob ihre Rechtsvorschriften von NRW abweichen. Ein (knappes) Literaturverzeichnis und ein Stichwortverzeichnis runden das Werk ab. Allerdings ist das Stichwortverzeichnis ausbaufähig. In ihm fehlen zum Beispiel die Begriffe Periodisierung(sprinzip), Leistung, Wirtschaftlichkeit des Rechnungswesens, Rechenschaft und Ressourcenverbrauchskonzept.

Insgesamt liegt mit dem Werk von Fudalla / Wöste ein empfehlenswertes Lehrbuch vor, das seinen Zielsetzungen, nämlich Basiswissen für den Einstieg in die kommunale Doppik zu bieten, gerecht wird. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Ausführungen sehr technisch orientiert sind und die Beschränkung auf das Basiswissen ihren Preis hat. In der kommunalen Praxis wird zu Recht beklagt, dass die Reform des Haushalts- und Rechnungswesens mit der Umstellung auf Doppik zwar technisch vollzogen worden ist. Die Informationen der Doppik werden aber erst ansatzweise für die Steuerung genutzt. Politik und Verwaltung denken immer noch sehr stark kameral. Sie planen und entscheiden noch nicht im Sinne des Ressourcenverbrauchskonzeptes und der Output- beziehungsweise Wirkungssteuerung. Diese Aspekte werden in der Einführungsliteratur zur Doppik viel zu wenig thematisiert – eine Feststellung, die auch für das Werk von Fudalla / Wöste gilt. Wünschenswert wäre auch, wenn der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Rechnungswesen (Wesentlichkeit) stärker berücksichtigt würde, zum Beispiel durch Hinweise auf Pauschalierungen, Wertgrenzen und Ähnliches und entsprechende Buchungsbeispiele. Wenn Zinserträge von 50 Euro zeitlich abgegrenzt werden, bestehen Zweifel, ob der Buchungsaufwand durch einen entsprechenden Informationsnutzen gerechtfertigt ist (S. 153; weitere Beispiele S. 145 ff.).

In diesem Sinne ist dem Werk eine baldige – überarbeitete – Neuauflage zu wünschen. Dabei könnten auch inhaltliche Ungenauigkeiten bereinigt werden. Beispiele: Die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dient, wie jede Rückstellung, auch der Periodenabgrenzung (S. 161); im Lagebericht muss nicht nur auf die Risiken der künftigen Entwicklung eingegangen werden, sondern auch auf die Chancen (S. 178).

Prof. Dr. Martin Richter

Quelle: ZIR Zeitschrift Interne Revision Ausgabe 2/2023

Programmbereich: Management und Wirtschaft