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FinTech

19.07.2022
Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und aufsichtsrechtliche Regulierung von Finanzdienstleistungen. Von Dennis Kunschke / Michael F. Spitz / Jan Pohle (Hrsg.), Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2022, 2., völlig neu bearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, 443 Seiten, 86 Euro, ISBN 978-3-503-20688-9.
Der neu erschienene Herausgeberband sieht den Finanzsektor vor einem „unausweichlichen Wandel“. Weiter heißt es in dem Vorwort: „Die Zukunft, insbesondere die der Finanzindustrie, ist digital“. Vor diesem Hintergrund ist es verdienstvoll, dass die Herausgeber eine Plattform bieten, in der die wichtigsten ökonomischen und rechtlichen Aspekte der Fin- Tech-Industrie diskutiert werden. Verdienstvoll ist es auch, dass dabei nicht nur theoretische Ausführungen Platz gefunden haben, sondern das Buch auch zwei Case Studies aus der Finanzindustrie beinhaltet.

Das Buch fasst zunächst die Bemühungen auf EU- Ebene zur Regulierung des Bereichs FinTech zusammen. Viele der Regulierungen befinden sich noch im Konsultationsprozess, sodass nur die angedachten Entwicklungen betrachtet werden können. Die Autoren weisen in ihrer Diskussion darauf hin, dass sich innerhalb der EU Litauen zum attraktivsten Standort für FinTechs entwickelt hat. Die Regulierung ist großzügig, da auch mit einer „Banklizenz light“ die meisten Bankgeschäfte abgewickelt werden können. Des Weiteren bietet eine Sandbox-Regelung kontrollierte Experimente im Bereich FinTech. Einzigartig ist die Blockchain-Sandbox LBChain.

Praktische Relevanz für viele Unternehmen, die den gestiegenen Anforderungen an die Geldwäscheprävention in den Unternehmen unterliegen, wird die diskutierte Wiederverwendung von digitalen Identitätsnachweisen entfalten. Dies ist derzeit aufgrund von rechtlichen Bestimmungen in Deutschland nur schwierig möglich. Die Vorschläge in dem Beitrag dazu sind interessant, wobei sicherlich nachdenkenswert gewesen wäre, inwiefern die Erfahrungen mit COVID-19-Impfzertifikaten hier auch Anwendung finden könnten.

Interessant ist die Diskussion um kartellrechtswidrige Entscheidungen von Algorithmen. Handelt es sich hierbei um selbstlernende Algorithmen, so plädieren die Autoren für ein Compliance by Design. Das bedeutet, dass die Programmierer des Algorithmus in ihrem Code dafür sorgen müssen, dass ein Algorithmus im Prozess des Lernens nicht einmal zu kartellrechtswidrigen Entscheidungen kommen wird. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass Algorithmen, die bei verschiedenen im Wettbewerb zueinanderstehenden Unternehmen im Einsatz sind, zu Preisangleichungen führen können. Hier muss auch der Produzent des Algorithmus seine Verantwortung tragen, um solche ungewollten Effekte zu verhindern und seine Produkte nicht Wettbewerbern anbieten.

Im Teil drei des Buches geht es um die Regulierung der Digitalisierung im Finanzdienstleistungssektor. Hier wird beispielsweise auf die Regulierung von Kryptowährungen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung eingegangen. Als Vorschlag wird das Blacklisting von Bitcoins gemacht, die aus inkriminierten Geschäften entstanden sind. Diese sollen auf eine Schwarze Liste gesetzt werden, sodass Banken und andere Finanzinstitute diese Währungseinheiten nicht annehmen dürfen. Die Autoren verweisen selbst darauf, dass durch technische Mittel wie den Blockchain-Mixer, der verschiedene Transaktionen in der Blockchain mischt, die Nachvollziehbarkeit der Transaktionen wesentlich erschwert würden. Dies gilt dann natürlich auch für die Nachvollziehbarkeit der Verwendung von potenziell „schmutzigen“ Bitcoins. Bei der weiteren Diskussion der Regulierung von Kryptowerten wird neben der Situation in Deutschland auch die Entwicklung auf EU-Ebene (Regulation on Markets in Crypto Assets, MICA), die sich in der Vernehmlassung befindet, diskutiert. Daneben gehen die Autoren auch auf das sehr fortschrittliche Gesetz des Fürstentum Liechtensteins ein. Interessant wäre in diesem Zusammenhang noch ein Blick auf die Regulierung im EU-Staat Malta gewesen.

Insgesamt ein gelungenes Werk mit vielen wertvollen Anregungen. Der Facettenreichtum des Bereichs FinTech wird in dem Buch gut abgebildet. Angesichts der rasanten Entwicklung von FinTech wünscht man sich eine schnelle Neuauflage, damit das Tempo der Weiterentwicklung der Theorie und Praxis mitgegangen wird.

Prof. Dr. Stefan Behringer, Hochschule Luzern

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Ausgabe 3/2022

Programmbereich: Management und Wirtschaft