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"Auf seine innere Stimme zu hören", rät Siliva Puhani (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Silvia Puhani

Interne Revision: If you can make it here, you can make it anywhere

ESV-Redaktion INTERNE REVISIONdigital
14.09.2015
Was macht einen Internen Revisor erfolgreich? Support vom Vorstand und die richtigen Soft Skills, so die Revisionsleiterin und Prüferin Silvia Puhani im Interview mit der ESV-Redaktion.
Interne Revisoren haben im Unternehmen nicht immer den besten Ruf. Woran liegt das?

Silvia Puhani: „Auditing is not a glamorous subject, either for its practitioners or indeed for its theorists“, sagt Michael Power von der London School of Economics dazu. Es ist sehr schwierig in der Internen Revision Erfolg zu haben, da dieser sehr stark vom „Tone-at-the-Top“ des Vorstands abhängt. Jeder Vorstand hat mindestens mittelfristig die Revision die er möchte. Schließlich trifft er die wichtigsten Personalentscheidungen und verleiht der Revision einen Teil seiner Macht – oder eben nicht.

Auch hat eine Revision nicht die Möglichkeit, ihre Erfolge vor sich her zu tragen und zu feiern. Schließlich besteht ein Großteil unseres Erfolgs darin, dass sich Dinge im Unternehmen zum Besseren verändern. Und diese Veränderung passiert am leichtesten, wenn diejenigen, welche die Änderungen vornehmen, davon überzeugt sind, dass es ihre eigene Idee war, das zu tun. Aus diesem Grund tut eine Revision gut daran, bei wichtigen Veränderungen ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und später keineswegs zu kommunizieren, sie wäre der Grund dafür gewesen.
Viele gute Leute wollen sich das nicht antun und suchen Gebiete, auf denen sie von sich heraus in geringerer Abhängigkeit ihre Erfolge feiern können. Zusätzlich ist Revisionsarbeit eine sensible Gratwanderung zwischen Kooperation und Eskalation. Wir können und dürfen es nicht jedem rechtmachen, und das unterstützt Personen, die negative Stimmung verbreiten möchten. Außerdem: Wer von uns kann schon mit Fug und Recht behaupten, in jeder Situation optimal zieldienlich reagiert zu haben?

Wo liegen die größten Fallstricke im Prüfungsprozess für Revisoren?

Silvia Puhani: Ich denke letztendlich liegen die größten Fallstricke in einem selbst: Mit welcher inneren Haltung man in schwierigsten Kontexten arbeitet und überlebt – oder dabei untergeht.

Auch wenn die Rahmenbedingungen gegen eine erfolgreiche Revision sprechen, liegt es an einem selbst, das zu erkennen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Das war eine meiner wichtigsten Erkenntnisse aus den Lernunterlagen für den CIA. Im Zweifel muss man sich einen neuen Job suchen.

Im Prüfungsprozess bedeutet dies, auf seine innere Stimme zu hören und die eigenen somatischen Marker richtig zu interpretieren. Was man sich darunter vorzustellen hat, wird in meinem Buch ausführlich erläutert. Ziel ist, nicht mehr über seine eigene Bequemlichkeit zu stolpern, die einen den vermeintlich einfachsten Weg gehen und dabei zum Spielball der wirkenden Kräfte werden lässt, sondern für sich selbst einzustehen und das zu tun, was getan werden muss, und zwar gleichermaßen im Umgang mit sich selbst, Revisionskollegen, Chefs und geprüften Fachbereichen.

Aus Ihrer persönlichen Berufspraxis: Was waren die prägendsten Erfahrungen als Revisor?

Silvia Puhani: Einige meiner prägendsten Erfahrungen erlebte ich, bevor ich in die Interne Revision wechselte. Mein erstes Zusammentreffen mit der Revision war wie folgt: Wir entwickelten gerade eine neue IT-Applikation als die Revision sich ankündigte. Die Reaktion meines Chefs war „Schütten Sie die einfach mit Papier zu. Drucken Sie alles aus was sie haben – egal wie relevant.“ Als der Revisor kam, übergaben wir ihm ca. einen Meter unsortierte Unterlagen und sagten, wir hätten jetzt gerade keine Zeit, würden ihm aber, nachdem er alles gelesen habe, seine Fragen gerne beantworten. Er nahm wortlos die Unterlagen mit und wir hörten nichts mehr von ihm.

Schockierender war jedoch ein anderes Erlebnis: Meine Aufgabe war u.a. Zahlen an den Vorstand zu reporten. Eines Tages erschien mein Bereichsleiter und stellte mich zur Rede, wie ich solche Zahlen denn an den Vorstand schicken könne. Meine ersten Gedanken gingen in die Richtung, ich hätte in den Excel-Tabellen eine fehlerhafte Verknüpfung, mich beim Copy-Paste vertan, oder Ähnliches. Ich fragte nach, was denn das genaue Problem gewesen sei, und es stellte sich heraus, dass die Zahlen zu schlecht waren. Ich wurde angewiesen, den Report zukünftig direkt an meinen Bereichsleiter zu senden – er würde ihn dann an den Vorstand weiterleiten.... Spätestens da wurde mir die dringende Notwendigkeit einer Internen Revision so richtig bewusst.

Liefert die Interne Revision mehr solcher Geschichten?

Silvia Puhani: Sicher, nach einigen Jahren in der Internen Revision hatte ich einen Fachbereich zu prüfen, dessen Leiter ein langjähriger Revisor und ehemaliger Revisionsleiter war. In dieser Prüfung lernte ich fast jeden der üblichen „Tricks“ kennen, um sich die Prüfer vom Hals zu halten: Er erklärte sich für nicht zuständig, es wurden zwischenzeitlich Projekte aufgesetzt, er versuchte, uns zu manipulieren, und log uns in der Schlussbesprechung sogar offen ins Gesicht. In dieser Zeit hörte ich auch die Anekdote von den Creeping Devils, die Sie auch in meinem Buch Erfolgreiche Prüfungsprozesse in der Internen Revision finden, und ich entschloss mich, meine Haltung zu verändern und auch in diesem schwierigen Kontext flexibel zu reagieren und das Beste aus der Situation zu machen.

Heute bin ich diesem ehemaligen Revisionsleiter für diese Lernchance sehr dankbar. Das Erlebnis hat mich für alle folgenden Prüfungen sehr gut vorbereitet und war auch die Initialzündung, Beispiele zu sammeln und Lösungen zu entwickeln, um daraus später ein Buch zu machen.

Revisoren hören oft von Fachabteilungsleitern den Satz: „Das haben wir schon immer so gemacht“. Was ist nicht richtig an der Antwort? Heißt es doch so schön: „Never change a winning team?

Silvia Puhani: Ein „winning team“ sollte meiner Meinung auch nicht verändert werden, solange der zugehörige Kontext stabil geblieben ist. So lange sich die Umwelt nicht verändert, und bisher keine Probleme entstanden sind, soll es bitte weiterhin so gemacht und noch höchstens perfektioniert werden. Dann sollte die Revision die gute Leistung anerkennen und eventuell vorhandene Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Hat sich jedoch die Umwelt verändert, etwa veränderte Regularien, andere IT, veränderte Aufbau- und/oder Ablauforganisation, etc., dann muss darüber nachgedacht werden, ob das Bisherige wirklich noch optimal ist. Hier sollte die Revision die Aufmerksamkeit des Gesprächspartners auf die veränderten Umweltbedingungen lenken und sich erklären lassen, aus welchen Gründen die alte Vorgehensweise unter den neuen Bedingungen immer noch optimal sein soll. So kann die Notwendigkeit, gute Begründungen liefern zu müssen, von der Revision auf den geprüften Fachbereich verlagert werden.

Ludwig Erhard hat einmal gesagt: "50 Prozent der Wirtschaft ist Psychologie." Wie hoch ist der Anteil in der Internen Revision?

Silvia Puhani: Dazu kann ich Ihnen weder den Anteil sagen, noch bin ich sicher, dass Psychologie die richtige Bezeichnung hierfür ist. Lassen Sie mich der Einfachheit halber von Soft Skills sprechen und wie in der Mathematik bei der Kurvendiskussion von den Extrempunkten ausgehen. Jemand, der über keinerlei Soft Skills verfügt, weil er z.B. unter dem Asperger Syndrom leidet, wird meiner Meinung nach in keinem Fall als Prüfungsleiter oder Führungskraft in der Revision erfolgreich sein. Umgekehrt wird jemand, der über sehr ausgeprägte Soft Skills verfügt ebenfalls erfolglos bleiben, wenn diese Soft Skills nicht mit Fachwissen einhergehen. Es gehört beides dazu, aber ohne Soft Skills funktioniert es nicht.

Das Thema Soft Skills wird für Revisoren immer wichtiger. Welche muss ein junger Revisor mitbringen, damit er im Unternehmen effizient und erfolgreich seiner Aufgabe nachgehen kann?

Silvia Puhani: Zunächst sollte ein Revisionsneuling erkennen, dass Menschen keine Maschinen sind und nicht vorhersagbar handeln. Menschen agieren in Bezug auf ihre gemachten Erfahrungen und werden von Interessen und Bedürfnissen geleitet, die ein Gesprächspartner niemals vollständig wissen kann. Hinzu kommt, dass letztendlich niemand dazu in der Lage ist, jemand anderen zu etwas zu bewegen. Selbstverständlich gibt es Sanktionen – aber je nach Situation können Menschen diese auch in Kauf nehmen. Denken Sie an „Und sie bewegt sich doch!“ Ein Revisor kann nur Wahrscheinlichkeiten für etwas erhöhen. Wenn auf dieser Grundlage des Nicht-Wissens und der Erkenntnis, dass lediglich Wahrscheinlichkeiten verändert werden können, noch Konfliktfähigkeit, emotionale Intelligenz und Fertigkeiten der Gesprächsführung hinzu kommen, ist ein Revisionsneuling schon sehr gut aufgestellt, um seiner Aufgabe erfolgreich nachgehen zu können.

Sind die heutigen Absolventen besser auf den Beruf als Revisor vorbereitet?

Silvia Puhani: Daran arbeite ich. Um das zu gewährleisten, stehe ich in Kontakt mit verschiedenen Hochschulen. Denn in meinem Berufsleben bin ich bisher ausschließlich Quereinsteigern begegnet und kenne niemanden, der sich bereits an der Universität auf Interne Revision spezialisiert hat. Für Quereinsteiger gibt es, um sich revisionsspezifisch aus- und weiterzubilden, von verschiedenen Anbietern Programme und Möglichkeiten. Diese Weiterbildungen sollten insbesondere im Bereich Soft Skills von Revisionspraktikern gehalten werden, da viele Konzepte nicht unverändert in den Revisionskontext übernommen werden können. Meine Teilnehmer bestätigen mir in ihren Rückmeldungen regelmäßig, dass sich die von mir konzipierten und geleiteten Seminare in der Praxis als sehr hilfreich erweisen.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Interne Revision in den nächsten Jahren?

Silvia Puhani: Die größte Herausforderung ist und bleibt meiner Meinung nach, Vorstände dafür zu gewinnen, eine gute Interne Revision haben zu wollen und diese optimal einzusetzen. Ich vergleiche die Rolle der Internen Revision gerne mit der des Hofnarren an einem Königshof. Der Hofnarr ist der einzige im Hofstaat, der das Bisherige in Frage stellen, blinde Flecke oder Fehlentwicklungen aufzeigen und außerhalb der üblichen Hofberichterstattung ansprechen kann und soll. Es obliegt dem Herrscher zu entscheiden, ob er einen Spaßmacher und Unterhalter oder intelligenten Ideengeber mit Perspektivenvielfalt um sich haben möchte. Eine Entscheidung für eine gute Interne Revision erfordert die persönliche Reife und den Wunsch sich selbst zu hinterfragen. (ESV/ms)

Hintergrundinformationen

Silvia Puhani, Diplomkauffrau, CIA, blickt auf eine langjährige Tätigkeit als Prüferin, Prüfungsleiterin und Führungskraft in der Internen Revision zurück. Ihre Erfahrungen und Weiterbildungen, die von der Suche nach grundlegend und nachhaltig besseren Lösungen für das Unternehmen geprägt sind, bilden eine schlagkräftige Kombination für einen effektiveren und effizienteren Ablauf von Revisionsprüfungen.

Literaturempfehlung

In dem Band Erfolgreiche Prüfungsprozesse in der Internen Revision: Konzepte - Kommunikation – Konfliktmanagement zeigt Silvia Puhani praxiserprobte Möglichkeiten auf, wie Interne Revisoren mit souveränem Vorgehen und gelingender Kommunikation den typischen Konflikten im Prüfungsprozess begegnen. Auf anregende und kurzweilige Weise beschreibt die Autorin mögliche „Horrorszenarien“ der Revisionsprüfung. Nach diesem mentalen Training werden Sie das Gefühl haben, alles schon einmal erlebt und erfolgreich überstanden zu haben. Diese neu gewonnene Souveränität wird Sie befähigen, negative Entwicklungen früher zu erkennen und Schritt für Schritt zu unterbinden.

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