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LAG Berlin-Brandenburg: Die Befristung eines Arbeitsvertrages setzt entweder qualifizierte elektronische Signaturen oder eigenhändige Unterschriften beider Vertragsparteien voraus (Foto: Rido / stock.adobe.com)
Formwirksamkeit

LAG Berlin-Brandenburg zur Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages bei eingescannter Unterschrift

ESV-Redaktion Recht
14.04.2022
Reicht für die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages eine eingescannte Unterschrift aus? Mit dieser Frage hat sich das LAG Berlin- Brandenburg vor Kurzem beschäftigt.
Die Klägerin war bei einem Personalverleiher beschäftigt. Bei passenden Aufträgen von entleihenden Betrieben schlossen ihr Arbeitgeber und die Klägerin jeweils kurzzeitig befristete Arbeitsverträge ab. Die Verträge enthielten eine eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers ihres Arbeitgebers. Anschließend unterschrieb die Klägerin die Verträge und sendete diese per Post an ihren Arbeitgeber zurück. Diese Praxis übten die Prozessparteien etwa 20 Jahre lang aus. In dem Streitfall ging es um die Tätigkeit der Klägerin für einen Entleiher als Messehostess. Die Klägerin beanstandete die Unwirksamkeit der Befristung, weil bei dieser die Schriftform nicht einhalten wurde.
 

Arbeitgeber: Klägerin verhält sich widersprüchlich

Demgegenüber meinte ihr Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmerin vor Arbeitsaufnahme keine im Original unterschriebene Annahmeerklärung des Arbeitgebers zugehen muss. Darüber hinaus würde sich die Klägerin widersprüchlich verhalten, wenn sie eine Praxis beanstandet, die sie über eine lange Zeit mitgetragen hat.

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LAG Berlin-Brandenburg: Scan ersetzt nicht die eigenhändige Unterschrift

Das LAG folgte der Ansicht des beklagten Arbeitgebers nicht und hat der Klage stattgegeben. Demnach ist die Befristung wegen eines Verstoßes gegen die Schriftform nach § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) unwirksam. Die benannte Norm schreibt zwingend die Schriftform im Sinne von § 126 BGB vor. Erforderlich ist also entweder eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Die weiteren Überlegungen des LAG:
 
  • Scan keine eigenhändige Unterschrift: Ein Scan erfüllt diese Anforderungen nicht, denn  bei einer mechanischen Vervielfältigung einer Unterschrift liegt keine eigenhändige Unterschrift vor. Dies gilt dem LAG zufolge auch für die datenmäßige Vervielfältigung durch Einbindung eines Scans.
  • Scan auch keine elektronische Signatur: Auch den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur genügt ein Scan nicht, so das LAG weiter.
  • Keine Heilung durch spätere Unterzeichnung: Der Formmangel kann dem LAG zufolge auch nicht durch eine etwaige spätere eigenhändige Unterzeichnung des befristeten Vertrages geheilt werden. Vielmehr muss bei der Klägerin als Erklärungsempfängerin schon vor Vertragsbeginn eine eigenhändig unterzeichnete Befristungsabrede vorliegen.
  • Hinnahme der bisherigen Praxis unerheblich: Dem steht auch nicht entgegen, dass Klägerin diese Praxis bisher hingenommen hat. Will der Arbeitnehmer den Formmangel geltend machen, muss er nach § 17 TzBfG innerhalb von drei Wochen eine entsprechende Klage erheben. Zudem verhält sich Klägerin mit ihrer jetzigen Klage auch nicht treuwidrig, weil ein Vertrauen des Arbeitgebers eine rechtswidrige Praxis nicht schützenswert ist, so das Gericht hierzu. 
Im Ergebnis besteht das formlos abgeschlossene Arbeitsverhältnis daher fort. Allerdings ohne Befristungsabrede – und zwar bis zur Beendigung durch eine mittlerweile ausgesprochene Kündigung des Arbeitgebers. Das LAG hat die Revision zum BAG nicht zugelassen.
 
Quelle: PM des LAG Berlin-Brandenburg vom 13.04.2022 zum Urteil vom 16.03.2022 - 23 Sa 1133/21


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Im Wortlaut: § 14 Absatz 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz)  –  Zulässigkeit der Befristung 
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 17 TzBfG – Anrufung des Arbeitsgerichts
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.


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(ESV/bp)

Programmbereich: Arbeitsrecht