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Wohnfläche: Für die Kappungsgrenze sind die Flächenangaben im Mietvertrag nicht mehr entscheidend (Foto: Friedberg/Fotolia.com)
Aktuelles BGH-Urteil

Mietrecht: Auf die tatsächliche Wohnfläche kommt es an

ESV-Redaktion Recht
24.11.2015
Auch wenn im Mietvertrag eine andere Wohnfläche angegeben ist: Entscheidend ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs die tatsächliche Wohnfläche für die Berechnung eines Mieterhöhungsverlangens .
Mit dieser Entscheidung weicht der Bundesgerichtshof (BGH) von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, wonach die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag als Berechnungsgrundlage entscheidungserheblich war. Die bisherige BGH-Rechtsprechung besagte, dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss. Dies galt, wenn die Abweichung nicht mehr als zehn Prozent betrug.

Daran hält der achte BGH-Senat nun nicht mehr fest. Und auch im umgekehrten Fall, wenn also die Wohnfläche im Mietvertrag zu groß angegeben ist, so ist für die Berechnung einer Mieterhöhung nur die tatsächliche Wohnfläche zu berücksichtigen.

Dem Urteil (Az.: VIII ZR 266/14) zugrunde liegt ein Fall aus Berlin. Für eine laut Mietvertrag rund 157 Quadratmeter große Wohnung zahlte der Mieter ursprünglich rund 415 Euro Monatsmiete. Da die tatsächliche Wohnfläche jedoch 210 Quadratmeter betrug, verlangte die Vermieterin die Zustimmung zur Erhöhung der inzwischen auf 629,75 Euro angewachsenen Bruttokaltmiete auf dann insgesamt 937,52 Euro.

Die Anhebung um über 300 Euro begründete sie – neben der „regulären“ Mieterhöhung um 15 Prozent - mit der deutlich größeren Wohnfläche. Sie sei um knapp 34 Prozent größer als im Vertrag angegeben. Daher habe der Mieter auch der Erhöhung um 213,31 Euro zuzustimmen. Der regülären Erhöhung um knapp 95 Euro hatte er bereits zugestimmt.

Angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete

Die Vermieterin blieb mit ihrer Klage jedoch in allen Instanzen ohne Erfolg. Der auch für das Wohnraummietrecht zuständige achte Zivilsenat kam zu der Entscheidung, dass im Mieterhöhungsverfahren nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße abzustellen ist. Der hier anzuwendende § 558 BGB solle es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen.

Um zu verhindern, dass vertraglich fingierte Angaben zur Ermittlung der angemessenen Miethöhe herangezogen werden, sei auf den objektiven Wohnwert einer Wohnung unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Größe abzustellen. Die Grenze für ein Mieterhöhungsverlangen stellt die Kappungsgrenze dar. Wenn diese beachtet wird, stehe dem Vermieter, so der BGH, keine weitere Möglichkeit einer einseitigen Mietanpassung zu. Die große Abweichung von tatsächlicher und vertraglicher Wohnungsgröße stelle auch keinen Anwendungsfall eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB dar.

„Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann aber nur der erste Schritt sein. Auch bei der Festsetzung der Miethöhe oder bei Betriebskostenabrechnungen gilt bisher die 10-Prozent-Wohnflächentoleranz. Hier besteht unveränderter Handlungsbedarf“, meint Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes, der das Urteil insgesamt aber begrüßte. „Wir befürchten, dass es zukünftig bereits bei geringsten vermuteten Abweichungen zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt“, kommentierte Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus und Grund hingegen die Entscheidung.

(ESV/map)

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Im Wortlaut:

§ 558 BGB Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete


(1) 1Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. 2Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. 3Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.

(2) 1Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. 2Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.

(3) 1Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). 2Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. 3Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

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§ 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

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Literaturhinweis

Fundierte Informationen zum Mietrecht liefert der Berliner Kommentar Mietrecht. Wer per Internet auf mietrechtliche Fachinformationen zugreifen möchte, der findet sie im Juris Partnermodul Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht