Nachhaltiges Wachstum
Der dreidimensionale Anspruch, der auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro an die Ökonomie und Gesellschaft gestellt wurde, ist Ausgangspunkt dieses volkswirtschaftlichen Buches: Wachstum ist nachhaltig, wenn es ökologisch, ökonomisch und sozial ist. Dabei soll eine intragenerationale Gerechtigkeit hergestellt werden, also ein Ausgleich zwischen Nord und Süd bzw. armen und reichen Nationen. Die Autoren weisen zu Recht darauf hin, dass neben diesem Anspruch, der schwer genug zu erfüllen ist, noch die intergenerationale Gerechtigkeit treten muss: Die heutige Generation darf nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Von den drei Dimensionen, die in Rio formuliert worden sind, bleibt in den meisten Diskussionen nur noch eine übrig: die ökologische. Dies findet seine Begründung darin, dass ökologische Schäden im Gegensatz zu den anderen Bereichen irreversibel sind.
Das Buch liefert die volkswirtschaftlich theoretischen Zusammenhänge, welche nach den Paradigmen der Wachstumstheorie gegliedert sind: Neoklassik, endogene Wachstumstheorie und ökologische Ökonomie. Abschließend beschäftigt sich der Band mit dem Zusammenspiel von Wachstum und Nachhaltigkeit und der besonderen Rolle von Innovationen für ein nachhaltiges Wachstum. Damit liefert das Buch das Rüstzeug für Diskussionen, denen sich auch Unternehmen stellen müssen. Die Diskussionen um Wachstum, Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility sind Hauptthema für Stakeholder-Dialoge. Dem Compliance-Beauftragten wird zudem in diesem Buch der Hintergrund einer Diskussion geliefert, die mit Politik und Behörden geführt wird: Anhänger der „starken Nachhaltigkeit“, die die Substituierbarkeit von natürlichen und anderen Ressourcen verneint, werden darauf drängen, eine Umweltpolitik mit Verboten und Geboten zu machen. Damit wird der Umweltbereich noch stärker und intensiver in den Fokus des Compliance-Managements rücken.
Kritisch anzumerken ist, dass an manchen Stellen umständliche Formulierungen verwendet werden und viele Verweise und Hinweise auf nachfolgende oder vorhergehende Erklärungen den Lesefluss erschweren. Sehr interessant sind die biographischen Skizzen der wichtigsten Forscher auf dem Feld des nachhaltigen Wachstums. An vielen Stellen wird deutlich, dass die Autoren eine bestimmte Auffassung haben. Sie bemühen sich, diese klar zu benennen. Das gelingt jedoch nicht immer. Hier wäre manchmal eine klar ausformulierte Position hilfreich gewesen.
Insgesamt ein gelungenes Buch, das einen guten Einblick in das komplexe Thema des nachhaltigen Wachstums gibt. Es eignet sich sehr gut, um sich an Hintergrunddebatten zu beteiligen und gibt auch dem Compliance-Manager, der im operativen Tagesgeschäft tätig ist, einen wichtigen Einblick in die aktuelle wirtschaftspolitische Diskussion, die die künftigen Regulierungen beeinflussen wird.
Prof. Dr. Stefan Behringer, EBC Hochschule Campus Hamburg
Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 4/2013