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Was es aus den Gerichtssälen zu berichten gab (Foto: pressmaster und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht

Neues aus Leipzig, Nürnberg, Stuttgart, Dresden und Neustadt

ESV-Redaktion Recht
16.02.2017
BVerwG: Planfststellungsbeschlüsse zur Elbverteifung sind rechtswidrig. OLG Nürnberg entscheidet über Abstandsflächen bei Einsatz von Luftwärmepumpen. Weitere wichtige Entscheidungen betreffen kosmetische Zahnbehandlungen auf Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung, das Kunstwerk „Monument” in Dresden und Nistplätze für Saatkrähen auf Friedhof.

BVerwG: Planfeststellungsbeschlüsse für Fahrrinnenausbau der Elbe rechtswidrig

Nach dem Urteil des BVerwG vom 09.02.2017 verstoßen die Planfeststellungsbeschlüsse für den Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe gegen das Habitatschutzrecht und sind daher nicht vollziehbar. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels durch einen Anstieg des Salzgehalts, der durch die Vertiefung ausgelöst wird, unterschätzt worden sind. Den entsprechenden habitatschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfungen sei ein unzureichender vorsorglicher Oberwasserabfluss zugrunde gelegt worden. Der Schierlings-Wasserfenchel wird durch die sogenannte FFH-Richtlinie besonders geschützt.

Das Gericht hat ebenso die Regelungen der Planfeststellungsbeschlüsse zur Kohärenzsicherung teilweise beanstandet. So ließe sich für die auf niedersächsischem Gebiet vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen nicht feststellen, dass diese über die Maßnahmen des Gebietsmanagements hinausgehen, die auch ohne das Vorhaben ergriffen werden müssen. Die Maßnahme „Spadenlander Busch/Kreetsand”, die durch einen gesonderten Planfestellungsbeschluss zugelassen wurde, scheidet als Kohärenzmaßnahme aus. Diese Maßnhame sei nämlich ausdrücklich als Gebietsmanagementsmaßnahme genehmigt worden. Eine Doppelverwertung als Standard- und Kohärenzmaßnahme sei aber nach Habitatschutzrecht unzulässig. Die benannten Mängel führten aber nicht zu Aufhebung der streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlüsse. Dem Richterspruch aus Leipzig zufolge können diese geheilt werden.

Mit ihren weiteren Rügen hatten die Kläger keinen Erfolg. Die Planfeststellungsbeschlüsse haben dem Urteil zufolge insbesondere weder beachtliche Verfahrensmängel noch weitere materiell-rechtlichen Fehler.

Quelle: PM des BVerwG zum Urteil vom 09.02.2017 - AZ: 7 A 2.15 

Weiterführende Literatur 
Der Bundesnaturschutzgesetz Kommentar, herausgegeben von Frenz/Müggenborg, liefert Ihnen in der 2., völlig neu bearbeiteten Auflage 2016, praxisorientierte Erläuterungen des Bundesnaturschutzgesetzes für die tägliche Rechtsanwendung. Zudem werden die landesrechtlichen Regelungen mit einbezogen und die Bedeutung des EU-Rechts im Auge behalten. Umweltpolitische Hintergründe des Naturschutzrechts sind mit in die Kommentierung eingeflossen. Auch die neuere Rechtsprechung zum Habitatschutz zieht die Kommentierung konsequent heran.

OLG Nürnberg: Nachbar mit Luftwärmepumpe muss Abstandsfläche einhalten

In dem betreffenden Fall betrieb die Beklagte auf ihrem Grundstück eine Wärmepumpe. Diese  befand sich in zwei Metern Entfernung zum Nachbargrundstück der Kläger. Diese verlangten die Beseitigung der Wärmepumpe wegen erheblicher Lärmbelästigung. Die Ausgangsinstanz gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg war erfolglos.

Nach Auffassung der Richter aus Nürnberg entfalten die Regelungen des Bauordnungsrechts ihre Schutzwirkung auch im Nachbarverhältnis und führen zu einem zivilrechtlichen Anspruch des betreffenden Nachbarn auf Beseitigung. Somit musste die Beklagte ihre Wärmepumpe entfernen, da diese die bauordnungsrechtlich vorgesehene Abstandsfläche von mindestens drei Metern unterschritt. Das Gericht sah die Wärmepumpe als „andere Anlage” im Sinne von Art. 6 Absatz 1 Satz 2 BayBO an. Von der Pumpe gehe nämlich eine Wirkung aus, wie von einem Gebäude, so das OLG. Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: OLG Nürnberg PM Nr. 5 vom 14.2.2017

Weiterführende Literatur
Das Buch Öffentliches Baurecht mit Bezügen zum Umwelt- und Raumplanungsrecht, von Prof. Dr. Wilfried Erbguth und Privatdozent Dr. Mathias Schubert, beide Universität Rostock, erläutert kompakt und systematisch das gesamte Öffentliche Baurecht. Dazu zählen das Bauplanungsrecht mit Bezügen zum Raumplanungsrecht sowie zum Umweltrecht oder das Bauordnungsrecht der Länder. Unter umfassender Berücksichtigung von Literatur und Rechtsprechung behandeln die Autoren alle praktisch und wissenschaftlich bedeutsamen Fragestellungen. Das Werk ist auch als eBook lieferbar.

LSG Baden-Württemberg: Keine kosmetische Zahnbehandlung auf Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung

Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg muss die gesetzliche Unfallversicherung nicht für farbliche Angleichungen von verfärbten und kariösen Altzähnen an neu eingesetzte Implantatkronen aufkommen.

Der Kläger wurde während seiner Arbeit von einem Hubwagen, auch „Ameise” genannt, angefahren. Dabei verlor er die beiden oberen Schneidezähne. Die zuständige Berufsgenossenschaft übernahm die zahnärztlichen Behandlungskosten einschließlich der beiden neuen Implantatkronen. Allerdings ließ der Kläger zusätzliche zahnärztliche Behandlungen an Zähnen durchführen, die bei dem Arbeitsunfall nicht geschädigt wurden. Diese hatten Verfärbungen und waren von Karies befallen. Die Beklagte lehnte die Erstattung der Kosten für die weitergehende Behandlung allerdings ab.

Zu Recht, wie das LSG Baden-Württemberg befand. Die Stuttgarter Richter meinten, ebenso wie die Ausgangsinstanz, dass die gesetzliche Unfallversicherung nur für solche Unfallfolgen einstehen muss, die die wesentliche Ursache des Arbeitsunfalls waren. Hierzu gehöre zwar auch die Versorgung mit Zahnersatz. Die weitere vom Kläger veranlasste weitergehende kosmetische Anpassung der Zähne an die neuen Implantate wäre aber keine Unfallfolge. Die gesundheitlichen und kosmetischen Mängel wären bereits zum Unfallzeitpunkt an den anderen Zähnen vorhanden gewesen. Im Übrigen habe der Kläger insoweit eigenverantwortlich eine hellere und gesünder aussehende Zahnfarbe als gewählt. Die Kosten hierfür müsse der Kläger somit selber tragen.

Auch interessant: 
Weiterführende Literatur
  • Berufskrankheiten erkennen, Arbeitsunfälle bewerten: Das Buch Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, gibt Antworten bei der Bearbeitung und Beurteilung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Es berücksichtigt die komplizierte Verzahnung juristischer, medizinischer und verwaltungsmäßiger Fragen. Schon seit vielen Jahren wird das Standardwerk deshalb als fundierte Arbeitsgrundlage bei allen hochgeschätzt, die sich mit den Folgen und der Begutachtung von Versicherungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung befassen. 

VG Dresden: Kunstinstallation „Monument” auf Dresdner Neumarkt muss nicht entfernt werden

Die Landeshauptstadt Dresden kann nicht per gerichtlichem Eilverfahren zur Entfernung des Kunstwerks „Monument” gezwungen werden. Dies hat das das Verwaltungsgericht (VG) Dresden mit Beschluss vom 15.02.2017 entschieden. Das Kunstwerk besteht aus drei hochkant aufgestellten Bussen und soll während eines Kulturfestivals an drei Linienbusse erinnern, die in Aleppo zum Schutz vor Scharfschützen aufgestellt worden waren. Hierzu erteilte die Landeshauptstadt am 02.02.2017 eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis für eine Teilfläche des Dresdner Neumarktes vor der Frauenkirche.

Mit seinem Eilantrag vom 08.02.2017 zum VG wollte ein Dresdner Bürger die Stadt Dresden zur Beseitigung des Kunstwerkes verpflichten. Nach Meinung des Antragstellers ist es im Gedenken an die Opfer vom 13.02.1945 unangemessen und respektlos, diese Kunstart vor der Dresdner Frauenkirche aufzustellen. Angesichts der allgemeinen Stimmungslage hält er dies für eine Provokation, denn damit werde das Gedenken an die Opfer des 2. Weltkriegs mit der aktuellen Situation in Aleppo vermischt.

Nach Auffassung der Dresdener Richter war Antrag bereits unzulässig. Der Antragsteller könne nicht geltend machen, durch die Sondernutzungserlaubnis in seinen eigenen Rechten verletzt worden zu sein. Das Gericht sah jedenfalls keine Rechtsnorm, die den einzelnen Betrachter eines Kunstwerks davor schützt, dass das Werk bei ihm anstößige Wertungen auslöst. Auch in der Sache sah das Gericht die Sondernutzung als rechtmäßig an. Bei der Erteilung einer Erlaubnis nach den Regelungen des Straßenrechts sei jedenfalls keine Bewertung eines Kunstwerks vorzunehmen, das durch die Kunstfreiheit nach Art. 5 Absatz 3 GG geschützt ist.

Quelle: PM des VG Dresden zum Beschluss vom 15.02.2017 - AZ: 12 L 190/17
 
Weiterführende Literatur
Das Buch Straßenrecht, Rechtshandbuch für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Straßen, von Dipl.-Ing. Manfred Wiesinger, Regierungsbaumeister und Sven Markuske, Rechtsanwalt, vermittelt die rechtlichen Grundlagen für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Straßen. Gleichzeitig informieren die Autoren über aktuelle Entwicklungen des Straßenrechts und verwandter Gebiete.

VG Neustadt an der Weinstraße: Saatkrähen dürfen weiter auf dem Friedhof nisten

Die Ortsgemeinde Lambsheim muss vier Platanen auf ihrem Freihof vorerst unangetastet lassen. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der Weinstraße in einem Eilverfahren am 09.02.2017 entschieden.

Die Platanen beherbergen schon seit 2009 eine Saatkrähenkolonie mit 20 bis 25 Brutpaaren und Nistplätzen. Dies führte mittlerweile zu vielen Beschwerden von Gemeindebürgern über Verunreinigungen durch Vogelkot. Ebenso hatten die Vögel Gräber und Abfalltonnen verschmutzt. Darüber hinaus würden die Tiere durch ihre Rufe auch Trauerfeiern stören. 

Am 24.10.2016 beantragte die Gemeinde die Durchführung eines Kronenschnitts der Platanen um mindestens 20 Prozent. Dies lehnte die SGD Süd mit Bescheid vom 17.01.2017 ab. Hiergegen legte die Gemeinde Widerspruch ein und beantragte am 01.02.2017 vorläufigen Rechtsschutz. Diesen Eilantrag hat die 3. Kammer des VG abgelehnt. Danach verbietet § 44 Absatz 1 Nr. 3 BNatSchG das Beschädigen oder Zerstören von Fortpflanzungsstätten von wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten. Hierzu gehöre auch die Saatkrähe, so die Kammer. Die Antragstellerin habe bisher nicht ausreichend dargetan, dass eine Ausnahme vom Verbot des § 44 Absatz 1 Nr. 3 BNatSchG vorliegt.

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Störung der Ausübung des Totengedenkens oder die öffentliche Sicherheit betroffen wäre, habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass ausschließlich das Kürzen der vier Platanen die einzige richtige Behördenentscheidung wäre. Es sei sogar überwiegend wahrscheinlich, dass die Krähen in diesem Fall auf die benachbarten Bäume ausweichen würden. Außerdem müssen dem Gericht zufolge alle zumutbare Alternativen geprüft werden. So komme zum Beispiel die Anbringung von Krähenklappen oder der zeitweilige Einsatz von Planen oder Sonnensegeln unterhalb der Horstbäume in Betracht.

Quelle: VG Neustadt, PM vom 10.02.2017 zum Beschluss vom 09.02.2017 - AZ: 3 L 121/17

Weiterführende Literatur
Das Buch Natur- und Landschaftsschutzrecht, von Dr. jur. Erich Gassner, Ministerialrat a.D., stellt Ihnen systematisch, mit Praxisbeispielen und Abbildungen die vielfältigen rechtlichen Instrumente des Natur- und Landschaftsschutzes vor. Dabei geht es auch auf die grundlegenden verfassungsrechtlichen Perspektiven zu bereichsspezifischen Fachgesetzen ein und berücksichtigt übergreifend das Planungsrecht. Die Neuauflage 2016 trägt insbesondere dem Thema Artenschutzrechts Rechnung. Auch dieses Werk ist als eBook erhältlich.

(ESV/bp)
 

Programmbereich: Wirtschaftsrecht