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Piltz: „BDSG geht teilweise über die DS-GVO-Vorgaben hinaus” (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Rechtsanwalt Dr. Carlo Piltz

Piltz: „Es gibt erweiterte Dokumentationspflichten für Unternehmen”

ESV-Redaktion Recht
15.05.2017
Am 12. Mai hat der Bundesrat dem neuen Bundesdatenschutzgesetz zugestimmt. Warum es den von der DS-GVO gegebenen Spielraum überschreitet und was es für Verbraucher und für Beschäftigte bedeutet, erläutert PinG-Schriftleiter Dr. Carlo Piltz im Interview mit der ESV-Redaktion.
Das neue Datenschutzrecht hat am 12. Mai den Bundesrat passiert. Aus Verbrauchersicht gibt es auch Neuerungen: Scoring gab es bislang schon. Nun wird Profiling, Art. 4 Nr. 4 DS-GVO, möglich. Eine gute, letztlich zeitgemäße und damit notwendige Entwicklung?

Carlo Piltz: Das in der DS-GVO definierte Profiling ist tatsächlich auch keine Neuerung für die Praxis. Neu ist, dass der Begriff nun europaweit einheitlich definiert wird. Wichtig ist jedoch, dass diese Definition selbst noch nichts darüber sagt, auf welcher Rechtsgrundlage eine mit dem Profiling einhergehende Datenverarbeitung zulässig ist. Dies kann eine Einwilligung des Betroffenen sein oder auch eine Interessenabwägung durch den Verantwortlichen, bei der die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen. Ich denke es ist richtig, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die Zulässigkeit des Profilings fest an einen bestimmten Erlaubnistatbestand zu binden.

Für Beschäftige bringt das BDSG ebenfalls Neues: Welche Änderungen gegenüber dem bisherigen Recht zeichnen sich beim Beschäftigtendatenschutz ab – und was ist davon zu halten?

Carlo Piltz: Neu ist etwa, dass für den Bereich des Beschäftigtendatenschutzes nun ausdrücklich die Schriftform als Erfordernis der Wirksamkeit einer Einwilligung festgelegt wird. Bisher galt das Schriftformerfordernis zwar in § 4a BDSG grundsätzlich für jede Einwilligung. Nun wird es aber speziell für Einwilligungen von Beschäftigten vorgeschrieben. Dies kann in der Praxis zu erweiterten Dokumentationspflichten bei den Unternehmen führen.

„Datenschutzbehörden werden im Zweifel der DS-GVO den Vorzug geben”

Datenschützer meinen, das neue BDSG überschreite den von der DS-GVO vorgegebenen Spielraum. Träfe dies zu, könnte das neue Gesetz sogar von Gerichten und Behörden nicht angewendet werden. Teilen Sie diese Einschätzung?

Carlo Piltz: Ja. Tatsächlich haben sich die deutschen Datenschutzbehörden bereits dahin gehend geäußert, dass sie im Zweifel der DS-GVO den Vorzug geben werden. Vor dem Hintergrund entsprechender Rechtsprechung des EuGH ist diese Auffassung gut vertretbar. Denn der EuGH hat bereits in der Vergangenheit festgestellt, dass gerade auch nationale Behörden verpflichtet sind, gegen Europarecht verstoßende nationale Regelungen unangewendet zu lassen. In der Praxis kann diese Situation natürlich zu Rechtsunsicherheiten und auch einem Risiko für deutsche Behörden führen. Denn vielleicht stellt sich eine nationale Regelung am Ende, wenn der EuGH dazu entscheidet, doch als europarechtskonform dar und die Behörde hat diese Norm in der Zwischenzeit aber nicht angewendet.

Hat es Sie überrascht, dass der Bundesrat das zustimmungspflichtige neue Gesetz so akzeptiert hat?

Carlo Piltz: Nein, es war nicht davon auszugehen, dass es noch zu größeren Änderungen im Bundesrat kommen würde. Dafür ist die ganze Angelegenheit - auch politisch - zu wichtig.

Teil 1 des Interviews lesen Sie auf ESV.info

Zur Person
Dr. Carlo Piltz ist Rechtsanwalt der Kanzlei Reusch Rechtsanwälte in Berlin und Schriftleiter der Fachzeitschrift PinG (Privacy in Germany). Nach dem Jura-Studium in Göttingen war Piltz wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gerald Spindler. Thema seiner Promotion: „Soziale Netzwerke im Internet – Eine Gefahr für das Persönlichkeitsrecht?“ Nach einem Jahr in der Rechtsabteilung der VZ-Netzwerke ist er seit 2014 als Rechtsanwalt zugelassen. Im Rahmen der BDSG-Novelle wurde er als Sachverständiger vom Innenausschuss des Bundestages angehört.

(ESV/mp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht