Rechtshandbuch Artificial Intelligence und Machine Learning
Der Band wendet sich an Rechtspraktiker und stellt zu Beginn die technischen Grundlagen der Materie dar. Das ist sehr lobenswert, denn vielfach wird dieser Teil in Werken anderer als technischer Fachrichtungen vernachlässigt, was zu schwammigen und schiefen Sachverhaltsdarstellungen führt.
In einem wichtigen Kapitel stellt Reusch Grundlagen zur Produzentenhaftung bei Künstlicher Intelligenz vor. Dabei kommt der Autor zu dem Schluss, dass die häufig angeführte Autonomie der KI und die damit sich ergebende zufällige, nicht vom Hersteller vorgesehene Entscheidung des Algorithmus irrelevant ist für die Haftung des Produzenten. So ordnet Reusch eine fehlerhafte Ausgestaltung des Algorithmus in den Bereich der Konstruktionsfehler ein. Die selbstständige Weiterentwicklung der KI durch Anwendung fällt seiner Ansicht nach in den Bereich der Verantwortung des Betreibers der KI und nicht mehr in die Verantwortung des Herstellers. Aber der Hersteller muss festlegen, inwiefern der Verwendungszweck durch den Hersteller gedeckt ist. Der Hersteller muss auch die Gefahren einer Zweckentfremdung vorsehen und entsprechende Sicherungen einbauen. Dabei kann er davon ausgehen, dass er es mit einem sachkundigen Nutzer zu tun hat. Klar ist die Aussage, dass je größer der offenstehende Verwendungszweck definiert ist, umso höher ist das Risiko für einen Fehlgebrauch. Somit kommt der Definition des Verwendungszwecks eine wichtige Rolle zu Beginn der Produktvermarktung zu, die wahrscheinlich größer ist als in den meisten anderen Bereichen. In dem Beitrag wird auch die Verwendung von sogenanntem Super-Code thematisiert. Super-Code ist eine in den lernenden Algorithmus integrierte absolute Verbotsliste, dass wie ein integriertes Gesetz, das zum Beispiel im Recruiting diskriminierende Entscheidungen untersagt. Alle diese Bereiche befassen sich damit, wie sich Hersteller von Künstlicher Intelligenz enthaften können. Der Autor schreibt aber zu Recht, dass die Nutzer demnächst häufiger als die Hersteller für Haftungszwecke herangezogen werden.
Auch in den anderen Kapiteln widmen sich die verschiedenen Autoren den neuesten Entwicklungen auf den verschiedenen Gebieten der Künstlichen Intelligenz, zu denen sie auch Entwicklungen wie Krypto-Assets zählen. Am Ende des Buches werden – entgegen den Ausführungen im einleitenden Teil – doch Ausführungen zum Einsatz von KI in der Rechtsberatung gemacht. Diese kurzen Ausführungen zu Legal Tech rundet das Buch in guter Weise ab.
Bei einer – aufgrund der rasanten technischen Entwicklung und der beginnenden Regulierungslust des Gesetzgebers – schnell zu erwartenden Neuauflage dieses Pionierwerks, würde man sich wünschen, dass die Herausgeber darauf achten, dass nicht jedes Kapitel mit Definitionsversuchen und ihrem Scheitern zu KI beginnen. Dies ist eigentlich schon hinreichend in dem Einleitungskapitel zum Buch geschehen.
Prof. Dr. Stefan Behringer, IFZ Institut für Finanzdienstleistungen, Hochschule Luzern
Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Ausgabe 2/2021
Programmbereich: Management und Wirtschaft