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Neuigkeiten aus den Gerichtssälen liefert die Übersicht der Woche (Foto: pressemaster und AllebaziB/Fotolia.com)
Übersicht der Woche

Rechtsprechung: Neues aus Karlsruhe, Berlin und Stuttgart

ESV-Redaktion Recht
19.08.2016
Der BGH präzisiert Anforderungen an Patientenverfügung. Um eine Beschwerde im aktienrechtlichen Spruchverfahren ging es vor dem KG Berlin. Das SG Stuttgart äußert sich zu Behandlungskosten für Hornhautvernetzung und das LG Berlin befasste sich mit dem Mietspiegel.

BGH: Patientenverfügung muss konkret sein

Patienten mit einer schweren Krankheit können eine Patientenverfügung verfassen, wenn sie lebenserhaltende Maßnahmen ablehnen. Dabei müssen sie allerdings konkret zum Ausdruck bringen, was sie wollen und was nicht. In einem Beschluss hat der Bundesgerichtshof vor kurzem die Anforderungen an eine Patientenverfügung präzisiert.

Laut Sachverhalt stritten drei erwachsene Schwestern um das Leben ihrer Mutter. Diese wird künstlich ernährt, nachdem sie Jahr 2011 einen Hirnschlag und mehrere epileptische Anfälle hatte. Das Gehirn der Mutter ist dauerhaft geschädigt. Zwei ihrer Töchter wollen daher, dass die Magensonde entfernt wird. Die dritte Tochter lehnt dies ab. Sie hatte von der Mutter unter anderem eine Generalvollmacht erhalten. Zudem lag eine Patientenverfügung der Mutter vor.

Dem BGH waren diese Dokumente zu allgemein formuliert. Nicht ausreichend sind dem zufolge allgemeine Anweisungen, wie Aufforderungen, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Dies gilt ebenso für die Ablehnung von lebenserhaltenden Maßnahmen. Sodann meinten die Richter aus Karlsruhe, dass den Patientenverfügungen kein Sterbewunsch zu entnehmen sei. Zudem fehlte ein Verweis auf bestimmte Maßnahmen oder Krankheiten. Damit sei nicht klar, ob die Mutter auch die künstliche Ernährung als lebensverlängernde Maßnahme ablehnt. Das Landgericht Mosbach muss nun herausfinden, ob die Mutter früher ihren ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen geäußert hat.

Beschluss des BGH vom 06.07.2016
 - siehe auch Pressemeldung BGH Nr. 136/2016 vom 09.08.2016

Weiterführende Literatur
Welche Vollmachtsform ist richtig? Unterscheidet sich eine Vorsorgevollmacht von der Betreuungsverfügung und der Patientenverfügung? Welche Vor- und Nachteile haben die einzelnen Vollmachten? Das Buch Vorsorgevollmacht – Betreuungsverfügung – Patientenverfügung, von Prof. Dr. Walter Zimmermann, beantwortet zahlreiche Fragen aus diesem Rechtsgebiet. Der Experte erläutert ausführlich die verschiedenen Vorsorgemodelle und Anwendungsbereiche sowie die Verfahrensabläufe und Kosten. Kommentierte Musterformulare zu den drei Vorsorgemodellen runden das Werk ab.

KG Berlin zur Beschwerde im aktienrechtlichen Spruchverfahren

Eine Beschwerde im aktienrechtlichen Spruchverfahren ist nur zulässig, wenn der Beschwerdewert 600 Euro übersteigt. Es sei denn die Beschwerde wird zugelassen. Dies hat das Kammergericht Berlin (KG) mit Beschluss vom 29.07.2016 entschieden.

In dem Ausgangsverfahren ging es um die Festsetzung einer Barabfindung nach dem Ausschluss von Minderheitsaktionären. Der beteiligte Antragsteller hatte beim Landgericht Berlin beantragt, dass die Barabfindung je Aktie einen Betrag von 2,281 Euro nicht unterschreiten dürfe. Das Landgericht hatte den Antrag als unzulässig verworfen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde sah das KG als unzulässig an. Im aktienrechtlichen Spruchverfahren gilt für die Beschwerde § 12 Abs. 1 SpruchG. Allerdings ist umstritten, ob § 61 FamFG hierauf anwendbar ist. Danach muss der Wert des Beschwerdegegenstandes größer sein als 600 Euro. Das KG wendete § 61 FamFG an und kam zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdegegenstand den Betrag von 600 Euro nicht annähernd erreicht. Einerseits, so das Gericht, habe der Antragsteller selbst nicht geltend gemacht, dass sein wirtschaftliches Interesse über 600 Euro liegt. Aber selbst dann, wenn man die Zahl seiner Aktien mit der von ihm für realistisch gehaltenen Erhöhung der Barabfindung multipliziert, würde das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers im niedrigen einstelligen Bereich liegen, meinten die Richter weiter. Der Antragsteller hatte 10 Aktien besessen und eine Erhöhung des Abfindungswertes von 1,93 Euro auf 2,281 Euro pro Aktie verlangt.

Beschluss des KG Berlin vom 28.07.2016 - 2 W 8/16 SpruchG

Auch interessant:
Weiterführende Literatur
Seit der Erstauflage des Berliner Kommentars SpruchG hat sich das Spruchverfahrensgesetz mehrfach geändert. In der 2. Auflage haben die Autoren das Gesetz grundlegend neu kommentiert. Besonders die Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung hat sich weiterentwickelt und wurde in die Kommentierung vertiefend eingearbeitet. Zudem finden Sie eine Analyse der praktischen Bedeutung des Spruchverfahrens. Weiterhin werden Ihnen Möglichkeiten gezeigt, wie das Verfahren ohne Änderungen des SpruchG noch effektiver gestaltet werden kann, ohne den erforderlichen Aktionärsschutz dadurch zu mindern.

SG Stuttgart: Kosten einer Hornhautvernetzung mit UVA-Bestrahlung und Riboflavin sind von der Krankenkasse nicht zu erstatten

Dies geht aus einem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.05.2016 (AZ: S 19 KR 5132/14) hervor. Laut Sachverhalt verlangte der Kläger die Kostenerstattung für eine  Hornhautvernetzung mit UVA-Bestrahlung und Riboflavin (Crosslinking). Eine Vorwölbung und unregelmäßige Krümmung der Hornhaut hatte bei ihm die Sehschärfe deutlich vermindert (Keratokonus). Die Krankenkasse des Klägers lehnte die Übernahme der Kosten ab.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Stuttgarter Richter verwiesen darauf, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen zwar ein entsprechendes Prüfverfahren für die Aufnahme in den Leistungskatalog eingeleitet hat. Allerdings habe zum Zeitpunkt des Gerichtsbescheids noch kein Ergebnis vorgelegen, so das Gericht weiter. Daher sei das Crosslinking eine neue Behandlungsmethode, die auch zum Behandlungszeitpunkt noch keine Leistung der GKV war. Ausnahmen von diesem Prinzip sahen die Richter nicht. Es hätten unstreitig allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung gestanden.

Quelle: Pressmitteilung des Sozialgerichts Stuttgart - Stand 05.08.2016

Auch interessant:
Weiterführende Literatur
Das Buch Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, von Katrin Just, Richterin am Landessozialgericht Rheinland-Pfalz und Dr. Egbert Schneider, Richter am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, bietet Ihnen eine systematische Darstellung des aktuellen Leistungsrechts. Es erläutert detailliert die Leistungsansprüche im SGB V sowie die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dabei orientieren sich die erfahrenen Autoren durchgängig an der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Mit der Datenbank Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch – Gesamtkommentar stehen Ihnen sämtliche Inhalte unseres herausragenden SGB-Kommentarwerks in einer komfortablen und laufend aktualisierten Online-Arbeitsumgebung zur Verfügung. Erstklassige Autoren und Inhalte gewährleisten ein Höchstmaß an Qualität. Diese Datenbank enthält den SGB-Kommentar von Hauck/Noftz inkl. EU-Sozialrecht. Buchen Sie genau die SGB-Teile, die Sie benötigen.

LG Berlin: Berliner Mietspiegel 2015 zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete geeignet

Die geht aus zwei Urteilen des Landgerichts Berlin hervor. So wolle die Vermieterin im ersten Rechtsstreit eine Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete um rund 134 € auf 1.033 € erreichen. Dabei ging es um eine 134,79 qm große Sechs-Zimmer-Wohnung in Berlin-Mitte. Das AG gab der Klage statt. Die Berufung blieb ohne Erfolg, wie dem Urteil vom 07.07.2016 (AZ: 67 S 72/16) zu entnehmen ist.

In einem weiteren Rechtsstreit ging es um die Zustimmung der Mieter zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete um rund 54 € auf 725 €. Die betreffende Wohnung ist 93,13 qm groß und liegt in Berlin-Wilmersdorf. Hier hatte das AG hatte die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren verurteilte das LG die Mieter dazu einer Erhöhung um 13,03 € monatlich zuzustimmen. Dies ist dem Urteil vom 09.08.2016 (AZ: 18 S 111/15) zu entnehmen.

Im Wesentlichen hatten beide Gerichte darauf abgestellt, dass sowohl das Land Berlin wie auch auch Interessenvertreter der Mieter und Vermieter den Berliner Mietspiegel 2015 anerkannt hatten. Danach ist unerheblich, dass nicht alle Interessenverbände der Vermieter dem Mietspiegel zugestimmt haben. Demzufolge spreche die Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation objektiv korrekt abbildet. 

In beiden Fällen haben die Gerichte die Revision zum BGH nicht zugelassen. Eine Beschwerde hiergegen scheiterte an dem Erreichen der erforderlichen Beschwerdesumme.

Quelle: Pressemitteilung auf Berlin.de vom 10.08.2016

Weiterführende Literatur
Der Berliner Kommentar Mietrecht, herausgegeben von Thomas Spielbauer und Joachim Schneider, bietet eine umfangreiche und sehr detaillierte Auswertung der Rechtsprechung und Literatur. Die komplette Einarbeitung des Mietrechtsänderungsgesetzes verschafft allen Praktikern die bestmögliche Unterstützung für Ihre Entscheidungen und Gestaltungsmöglichkeiten im Mietrecht.

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht