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Mehr Unterstützung im Isolvenzfall (© Fotolia, Robert Kneschke)
Insolvenz

Reform der Insolvenzanfechtung kommt voran

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern
23.04.2015
Die Reform zur Insolvenzanfechtung ist auf dem Weg. Das Justizministerium hat – nach langen Querelen – einen Referentenentwurf vorgelegt. Zustimmung kommt vom Fachverband Sanierungs- und Insolvenzberatung im BDU.
Die unter Insolvenz- und Sanierungsexperten vieldiskutierte Reformierung der Bestimmungen zur Insolvenzanfechtung kommt nun offenbar doch voran. Nicht zuletzt Zuständigkeitsgerangel hatte zwischenzeitlich für Stillstand gesorgt. Versuche, die Anfechtungsproblematik bei der Erarbeitung des Konzerninsolvenzrechtsgesetzes anzudocken, waren auf Bedenken gestoßen.

Möglichkeiten zur Anfechtung der Insolvenz sollen neu justiert werden

Der nun vorgelegte Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der InsO und nach dem Anfechtungsgesetz“ verfolgt nach Angaben des Justizministeriums (BMJV) das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen.

Zudem sollen die unter dem geltenden Recht gewährten Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert werden, um übermäßige Belastungen des Geschäftsverkehrs und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vermeiden. Im Wesentlichen enthält der Entwurf folgende Neuregelungen:

Neujustierung der Vorsatzanfechtung: Die Neuregelung (Änderung des § 133 InsO) lässt die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt. Die Neuregelung differenziert aber zwischen Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) einerseits und sonstigen Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen andererseits. Bei den Deckungsfällen soll weiter zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen unterschieden werden:
  • Für die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • Die Vorsatzanfechtung von kongruenten Deckungen soll noch weiter eingeschränkt werden. Anders als bislang, sollen diese Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner sie in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gewährte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Für die übrigen Fälle, namentlich Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen, soll es beim bisherigen Recht (so bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum) bleiben, weil hier Einschränkungen der Anfechtbarkeit nicht geboten sind.
  • Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird: So soll die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruchs gemacht werden können; das Gleiche soll im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung für das Bemühen des Gerichtsvollziehers um eine gütliche Erledigung gelten. Auch soll sich der Rechtsverkehr darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden sollen oder wenn dem Schuldner mit wertäquivalenten Bargeschäften die Fortführung seines Unternehmens oder die Sicherung seines Lebensbedarfs ermöglicht werden soll.
Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs: Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit der Zahlung von Arbeitsentgelt bestehen, soll im Rahmen der Änderung des § 142 InsO gesetzlich klargestellt werden, dass ein grundsätzlich anfechtungsausschließendes Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt.

Privilegierung der Zwangsvollstreckungsbefriedigung: Deckungen, die durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten Vollstreckungstitels erwirkt worden sind, sollen über eine Änderung des § 131 InsO) künftig nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein. Ziel ist es, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die unter Inkaufnahme von Prozess- und Kostenrisiken einen Titel erlangt haben, besser zu schützen.

Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs: Anfechtungsansprüche sollen im Wege der Änderung des § 143 InsO künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder des § 291 BGB verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

BDU: Keine Voranfechtung, wenn Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden

Auf dem 14. Expertendialog des BDU-Fachverbands Sanierungs- und Insolvenzberatung im März hatte Prof. Dr. Heribert Hirte, MdB, Mitglied des Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Berichterstatter Insolvenzrecht der CDU/CSU-Fraktion, sich hierzu noch bedeckt gehalten. Er stellte jedoch in Aussicht, dass sowohl die gesetzliche Neuregelung des Konzerninsolvenzrechts als auch der Anfechtungsbestimmungen noch in 2015 zum Abschluss gebracht werden könnten.

Der Bundesverband Deutsche Unternehmensberater (BDU) stellte in einer ersten Stellungnahme zum Referentenentwurf als besonders relevant für Sanierungsberater heraus, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden.

Literaturempfehlungen zum Thema Insolvenz

Welche Auswirkungen die Unternehmensinsolvenz auf das einzelne Arbeitsverhältnis hat, zeigt der Richter am Berliner Arbeitsgericht Thomas Lakies in dem Band "Das Arbeitsverhältnis in der Insolvenz".

Welche Fallstricke bei der Insolvenzanfechtung von Sozialversicherungsbeiträgen zu überwinden sind, beschreibt Dr. Armin Knospe in dem Band „Die Insolvenzanfechtung von Sozialversicherungsbeiträgen im Spannungsfeld zwischen öffentlichem und Privatrecht“.

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