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Martin Schmitt (Foto: Schmitt)
Nachgefragt bei: Martin Schmitt (Autor „Praxisbuch Reisesicherheit“)

Schmitt: „Neben den klassischen Reiseerkrankungen müssen zahlreiche weitere Gefahren berücksichtigt werden“

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
08.07.2019
Immer mehr Unternehmen sind international tätig und deren Mitarbeiter damit in den unterschiedlichsten Ländern der Welt unterwegs. Welche Gefährdungen abseits der typischen Reiseerkrankungen müssen dienstlich Reisende denn bedenken? Im Gespräch mit der ESV-Redaktion Arbeitsschutz berichtet Martin Schmitt zu den häufigsten Gefahren und deren Verhütung.

Was sind die häufigsten bzw. relevantesten Probleme, die auftreten können?

Schmitt: Es ist völlig richtig, dass die deutschen Unternehmen bereits seit Jahren einen kontinuierlichen Anstieg an Geschäftsreisen zu verzeichnen haben. Mit diesem erhöhten Reiseaufkommen sind natürlich auch potenzielle Gefahren verbunden, mit denen die Beschäftigten während ihren Reisen und Auslandsaufenthalten konfrontiert sein können.

Neben den allgemein bekannten „klassischen“ Reiseerkrankungen müssen zahlreiche weitere Gefahren berücksichtigt werden. Zu diesen Gefahren zählen in erster Linie kriminelle Gefährdungen, wie beispielsweise Diebstahl und Raub, bis hin zu Entführungen und Vergewaltigungen.

Aber auch Naturkatastrophen, wie Stürme, Erdbeben oder Flutkatastrophen, müssen unbedingt beachtet werden und entsprechende präventive Schutzmaßnahmen geplant und implementiert werden.

Auf die meisten Gefahren können wir natürlich auch in Deutschland oder anderen westeuropäischen Ländern treffen, das steht außer Frage. Jedoch tritt im Ausland zusätzlich noch sehr häufig die Problematik auf, dass ein ausreichender staatlich organisierter Schutz und eine zuverlässige (Erste-)Hilfeleistung in Notsituationen nicht vorhanden sind. Eine mangelhafte medizinische oder ärztliche Versorgung kann deshalb im Notfall ein nicht zu unterschätzendes Problem für die Reisenden darstellen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich in den vergangenen Jahren die Sicherheitsstrukturen in einigen Regionen der Welt immer schneller verändert haben, und damit die Einschätzung der Sicherheitslage oder die Risikoeinschätzung immer komplexer und zum Teil unberechenbarer geworden ist. Dies stellt für das Reisesicherheitsmanagement eine ernstzunehmende Herausforderung dar.

Wie können im Vorfeld Gefährdungen eruiert und ausgeschlossen werden?

Schmitt: Jede Geschäftsreise ist eine individuelle Angelegenheit und muss deshalb immer als Einzelfall genau betrachtet und analysiert werden.

Um potenzielle Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und möglichst auszuschließen, muss durch das unternehmerische Reisesicherheitsmanagement eine zuverlässige länderspezifische Informationsbeschaffung mit einer anschließenden Analyse erfolgen. Vor Beginn einer Informationsbeschaffung muss verbindlich festgelegt werden, welche Informationen zu welchen Länder- und Gebietsregionen benötigt werden.

Nachdem von den Verantwortlichen festgelegt wurde, welche Informationen sie benötigen, müssen sie die dazu erforderlichen Informationsquellen auswählen. Dabei sollten sie sich nicht auf eine einzelne Informationsquelle verlassen, sondern auf mehrere zuverlässige Informationsquellen zugreifen.

Bei der Informationsbeschaffung zu den jeweiligen Ländern und Regionen müssen verschiedene Punkte, wie z.B. klimatische Verhältnisse, politische Lage, Hinweise des Auswärtigen Amtes, die aktuelle Sicherheitslage oder Kriminalitätsstatistiken berücksichtigt werden. Auch Gesetze und rechtliche Besonderheiten, strafrechtliche Bestimmungen, Zoll- und Einreisebestimmungen müssen in die Informationsbeschaffung einfließen.

Auf den Ergebnissen der Informationsbeschaffung und der Analyse bauen anschließend alle weiteren Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen des Reisesicherheitsmanagement auf. Ohne eine zuverlässige Informationsbeschaffung ist es deshalb unmöglich sich ein aussagekräftiges Bild von der Sicherheitslage der jeweiligen Reiseländer zu verschaffen und daraus die erforderlichen Schutzmaßnahmen abzuleiten.

Besonders bei Reiseaktivitäten in Risiko- oder Krisenregionen empfiehlt es sich für die Verantwortlichen ein entsprechendes „Länder-Monitoring“ aufzubauen und dauerhaft zu betreiben. Das Ziel eines solchen Monitoring ist es, aktuelle Ereignisse und Veränderungen der Sicherheitslage in den jeweiligen Ländern frühzeitig zu registrieren und unverzüglich auszuwerten.

Ein Aspekt, der selten bedacht wird, ist die Informationssicherheit. Welche länderspezifischen Besonderheiten existieren hier?


Schmitt: Das Thema „Informationssicherheit“ zum Schutz sensibler Informationen und Daten findet mittlerweile in den meisten Unternehmen die erforderliche Beachtung.

Neben dem Verlust von wichtigen Daten und dem Ausspähen durch Konkurrenzunternehmen besteht in zahlreichen Ländern auch die Gefahr, dass staatliche Stellen gezielte Abhör- und Ausspähversuche auf ausländische Personen unternehmen. Teilweise geht es den durchführenden Stellen dabei darum, gezielte Informationen gegen die bespitzelten Personen selbst zu sammeln, um anschließend die Personen oder ihr Unternehmen mit dem „belastenden“ Material dann unter Druck zu setzen bzw. zu erpressen.

Neben dem direkten Zugriff auf Laptop oder Mobiltelefon ist es leider auch keine Seltenheit mehr, dass sogar Hotelzimmer, Unterkünfte oder Arbeitsplätze abgehört werden, um an entsprechende Informationen zu gelangen. Vor Reiseantritt sollte grundsätzlich sichergestellt sein, dass die länderspezifischen Besonderheiten abgeklärt und berücksichtigt wurden. Hierzu zählt z.B. das Verbot von Verschlüsselungssoftware auf Datenträgern, wie es etwa in China besteht. Über das BSI und das BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz) können wichtige Informationen zu dem Thema „Informationssicherheit“ und „Wirtschaftsspionage“ bezogen werden.

Vielen Dank!

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Praxisbuch Reisesicherheit

Autor: Martin Schmitt

Wenn Mitarbeiter eine Reise tun ...

Auslandsreisen gehören in einer global ausgerichteten Wirtschaftswelt zur Tagesordnung in vielen Unternehmen. Doch bergen sie auch vielseitige reisespezifische Risiken und Gefährdungen für Mitarbeiter: von möglichen Diebstählen oder Bränden bis hin zu drohenden Terroranschlägen, Entführungen oder Naturkatastrophen.

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Programmbereich: Arbeitsschutz