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Unternehmenskriminalität in der Bundesrepublik Deutschland

ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 4/2015
30.07.2015
Umfang, Merkmale und warum sie sich lohnt. Von Stefanie Werner. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2014, 216 Seiten, 39,00 EUR, ISBN 978-3-7995-5572-2.
Umfang, Merkmale und warum sie sich lohnt. Von Stefanie Werner. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2014, 216 Seiten, 39,00 EUR, ISBN 978-3-7995-5572-2.

Der Dissertation von Stefanie Werner werden zwei Erkenntnisse vorangestellt, die die besondere Relevanz der Wirtschafts- und Unternehmenskriminalität aufzeigen sollen. Zum einen hat diese Form der Kriminalität nicht nur finanzielle Schäden zur Folge, sondern auch körperliche Schäden. Als Beispiel wird der Holzschutzmittelskandal aus den 1980er-Jahren und der Bundesrepublik Deutschland und die Affäre um den fehlerhaft designten Ford Pinto aus den 1970er-Jahren und den USA angeführt. Die zweite Erkenntnis ist, dass der Schaden enorm hoch sein kann. Im zweiten Kapitel wird der Untersuchungsgegenstand auf eine besondere Form der Wirtschaftskriminalität, von der Autorin als Unternehmenskriminalität bezeichnet, gelegt, bei der ein Mitarbeiter kriminelle Handlungen im Interesse seines Unternehmens begeht. Beispiel wäre die korrupte Handlung, um einen Auftrag zu erhalten.

In den folgenden Kapiteln schließt sich eine Darstellung auf verschiedenen Ebenen an. Zunächst wird ein historischer Abriss gegeben, wie sich das Wirtschaftsstrafrecht entwickelt hat. Dabei stellt die Autorin fest, dass in den 1950er-Jahren durch die Einführung der Ordnungswidrigkeit eine Entkriminalisierung stattgefunden hat. Seit den 1970er-Jahren weitet sich der Rahmen des Strafrechts allerdings immer weiter aus, immer mehr Straftatbestände mit höheren Strafen. Es folgen eigene empirische Studien mit zwei Datensätzen: einer Medienanalyse aus den Wochenzeitschriften Die Zeit und Der Spiegel sowie Strafakten der Staatsanwalt Stuttgart. Damit hat die Autorin einen Schatz an Daten und Beispielen, an denen man ihre Thesen gut belegen könnte. Ausflüge in die ökonomische Theorie der Kriminalität, soziologische und psychologische Erklärungen finden sich ebenfalls in der Arbeit.

Die Ausgangsthese des Werks leitet sich aus der ökonomischen Theorie der Kriminalität ab wie sie von Gary S. Becker entwickelt wurde. Sie besagt, dass jemand dann kriminell handelt, wenn er einen Nutzen hat. Die These der „lohnenden Kriminalität“ durchzieht das ganze Buch. In den empirischen Datensätzen, die die Autorin verwendet, hat sich die Kriminalität nicht gelohnt. Die Täter sind entdeckt worden, sie sind gar verurteilt worden – ansonsten gebe es keine Strafakten oder keine Pressberichte. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit von kriminellen Handlungen ex post als gering einzustufen, und sie damit im ökonomischen Kalkül als lohnend einzustufen, obwohl sie de facto entdeckt worden sind, überzeugt nicht. In diesem Buch widerlegt sich die aufgestellte These von selbst.

Trotz dieser Kritik ist die Lektüre des Bandes ein Gewinn. Die historischen Einblicke und die teilweise sehr gelungenen knappen Einführungen in theoretische Aspekte sind sehr aufschlussreich. Der Forschungsansatz ist sehr wichtig, leider überzeugt die Umsetzung im vorliegenden Band nicht vollständig.

Prof. Dr. Stefan Behringer, NORDAKADEMIE Elmshorn

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 4/2015

Programmbereich: Management und Wirtschaft