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Wir betreten den Kunstmarkt

19.10.2015
Geldwäscherei / Zollfreilager – ein zu diskretes Geschäft? / Interessenkonflikte, Manipulationen und Preisabsprachen. Von Monika Roth. Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2015, 232 Seiten, 64,00 CHF, ISBN 978-3-03751-712-3.
Geldwäscherei / Zollfreilager – ein zu diskretes Geschäft? / Interessenkonflikte, Manipulationen und Preisabsprachen. Von Monika Roth. Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2015, 232 Seiten, 64,00 CHF, ISBN 978-3-03751-712-3.

In Zeiten in denen in Deutschland gerade das geplante Kulturgüterschutzgesetz rege diskutiert wird, publiziert die Hochschulprofessorin an der Hochschule Luzern, Vizepräsidentin des Strafgerichts Baselland und aktive Rechtsanwältin Frau Prof. Monika Roth ein spannendes neues Sachbuch, dass Schlaglichter auf wirtschaftskriminelle Handlungen in Verbindung zum weltweiten Kunstmarkt und der Rolle der Schweiz im Besonderen wirft. Es richtet sich an Sammler, Kunsthändler, Auktionshäuser, Kunsthistoriker, Juristen, Behörden und kunstinteressierte Personen. In drei Kapiteln legt die Autorin anhand zahlreicher Beispiele und auf gearbeiteter Vorkommnisse dar, wie Geld wäscherei und Interessenkonflikte im Kunstmarkt durch gängige zweifelhafte Vorgehensweisen der beteiligten Akteure und eine lückenhafte schweizerische Gesetzeslage begünstigt werden – und welche Rolle die schweizerischen Zollfreilager als Institutionen hierbei spielen.

Im ersten und größten Kapitel des Buches, das sich im Schwerpunkt der Geldwäsche widmet, gibt die Autorin einen umfassenden Einblick zu den Akteuren und Verhaltensweisen auf dem Kunstmarkt. Nicht ausgespart wird hier die problematische Konstellation von Geschäften mit politisch exponierten Personen (PEP), bei denen der Erwerb von Kunstgegenständen durch den Missbrauch öffentlicher Vermögenswerte in deren Heimatländern und durch Gelder aus Korruption ermöglicht wird. Daneben beschreibt die Autorin den zunehmenden Wandel des Kunstmarktes hin zu einem Warenmarkt, der Kunst als Anlage- und Spekulationsobjekt versteht. Der zunehmende Einfluss einiger weniger sehr wohlhabender Sammler – sowohl auf den Kunstmarkt als auch auf die Ausstellungspolitik öffentlicher musealer Kunstsammlungen – wird ebenso in den Fokus genommen wie die Funktionsweise des Marktes rund um die neuen Sammler-Egiden von Hedgefondmanagern, neureichen Russen oder Asiaten. In der Folge sieht die Autorin eine Schwächung des öffentlichen Kunst- und Museumssektors – öffentliche Museen konkurrierten zunehmend mit privaten Museen und Institutionen finanzstarker, privater Sammler, um den Erhalt bedeutender Werke. Der Platzierungs- und Rationalisierungspolitik der Akteure widmet die Autorin einen ganzen Abschnitt und beschreibt sehr anschaulich wie intransparent sich die Preispolitik bei Auktionen gestaltet und dies, obwohl eine Explosion der Kaufpreise in den letzten Jahren zu beobachten sei. Sie geht damit anhand von zahlreichen anschaulichen Beispielen der Motivation der Sammler und den Hintergründen einer zunehmenden Kommerzialisierung des Kunstmarktes mit einer sich stets erneuernden Preisspirale nach. Hier liegt die Stärke des ersten Buchteils, der anhand von vielen Erläuterungen verdeutlicht, dass in einem Bereich in dem Barzahlungen üblich sind, keine gesetzliche Regulierung herrscht, Marktinformationen schwer erhältlich sind, hohe Kaufpreise kein Aufsehen erregen und über die Identität von Käufer und Verkäufer Stillschweigen vereinbart wird, ein idealer Nährboden für Geldwäsche bereitet ist. Nicht glücklich wird derjenige Leser, der eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem schweizerischen Geldwäschegesetz sucht. Hier bleiben sowohl die Ausführungen zum Tatbestand der Geldwäsche de lege lata als auch zu den Sorgfalts- und Verhaltenspflichten der Finanzintermediäre kurz und knapp. Dies ist jedoch nachvollziehbar, da der Kunsthandel als solches eben noch nicht dem schweizerischen Geldwäschegesetz unterstellt ist. Dennoch wäre am Ende dieses Kapitels neben der Forderung nach einem Mehr an Regulierung ein Ausblick de lege ferenda wünschenswert gewesen. Etwas störend für den Lesefluss wird hier wie auch im Rest des Buches der teils sprunghafte Wechsel von Originalzitaten in englischer und französischer Sprache empfunden, dem keine weitere Erläuterung folgt.

Im zweiten Kapitel wendet sich die Autorin sodann einer schweizerischen Institution – dem Zollfreilager – zu. Hier erfährt der Leser, dass diese, ursprünglich als Zwischenlager für Waren des internationalen Transithandels gedachten Orte, heute entgegen der gesetzlichen Intention zu einem „Niemandsland“ der dauerhaften zollfreien Lagerung von Kunstgegenständen missbraucht werden. Die Rolle der Zollbehörden wird hier ebenso beleuchtet, wie das schweizerische Zollgesetz als deren gesetzliche Grundlage. Auch hier gelingt der Autorin anschaulich die fehlende Awareness und das mangelhafte Enforcement des Zollgesetzes aufzuzeigen.

Das Buch endet mit einem dritten Kapitel, in dem die Interessenkonflikte der Akteure und gängige Verhaltensweisen aufgrund einer unreflektierten Vermischung von Rollen im Kunsthandel kritisch beleuchtet werden. Wo ein Kurator, gleichzeitig als Verkäufer auftritt, ein Galerist als privater Sammler agiert, der unabhängige Kunstkritiker gleichzeitig als Berater eines Auktionshauses und als Käufer oder Verkäufer tätig wird, sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Hier zeigt die Autorin immer wieder Parallelen zum stark regulierten Finanzmarkt auf, wo derartige Interessenskonflikte durch den Gesetzgeber ebenso verboten sind, wie dadurch bedingte Verhaltensweisen wie Insiderhandel und verbotene Preisabsprachen als auch andere Formen der Marktmanipulation. Das Buch schließt mit einem Anhang, ausgewählter Meldungen der schweizerischen Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), die in Zusammenhang mit dem Kunsthandel stehen und die diese in ihren Jahresberichten bis Dezember 2014 publiziert hat, ebenso wie einige bisher nicht publizierte Fälle.

Damit gewährt das Werk von Frau Roth einen anschaulichen Einblick in die Welt des Kunstmarktes mit seinen Verflechtungen und Interessenkonflikten. Anhand einer Vielzahl aufgearbeiteter Praxisbeispiele ist es der Autorin gelungen, den Bedarf nach einer Regulierung des Kunstmarktes – nicht zuletzt zum Schutz der vielen korrekt handelnden Teilnehmenden – herauszustellen. Wer dagegen eine vertiefte juristische Auseinandersetzung mit dem Thema Geldwäsche und Kunsthandel sucht, dem sei eine anderes Werk empfohlen.

Dr. Doreen Müller, Redaktion ZRFC

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 5/2015

Programmbereich: Management und Wirtschaft