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Wem Justitia gewogen war: Unser Überblick zu interessanten Entscheidungen im Sozialrecht (Foto: Helmut Vogler und AllebaziB/Fotolia.com)
Sozialrecht

In aller Kürze: Wichtige Entscheidungen zum Sozialrecht

ESV-Redaktion Recht
29.03.2019
Kein Online-Chat statt mündlicher Sozial-Gerichtsverhandlung sagt das BVerfG, das sich auch mit Hartz IV-Sanktionen befasste. Mit sozialwidrigem Verhalten beschäftigte sich das LSG Niedersachsen-Bremen. Für weitere Schlagzeilen sorgten unter anderem das Thema Organspenden und ein Missgeschick unter der Dusche.

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Die obersten Verfassungshüter aus Karlsruhe haben sich erneut mit dem Existenzminimum befasst. Anlass war eine Richtervorlage des Sozialgerichts (SG) Gotha, verbunden mit der Frage, ob und wann der Staat dieses aufgrund von Hartz-IV-Sanktionen beschneiden darf. Ebenso mussten sich die Karlsruher Richter damit auseinandersetzen, ob und inwieweit ein Online-Chat-Verfahren die mündliche Verhandlung vor den Sozialgerichten ersetzen kann: 

Bundesverfassungsgericht

17.01.2019
Bundesverfassungsgericht befasst sich mit Rechtmäßigkeit von Hartz-IV-Sanktionen
Darf der Staat das Existenzminimum kürzen und wenn ja, in welchem Umfang? Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) muss sich mit einer entsprechenden Richtervorlage des Sozialgerichts (SG) Gotha auseinandersetzen. Die Antworten werden das Hartz IV-Sanktionssytem wohl nicht unerheblich verändern. mehr …
Kein Anspruch auf Online-Chat-Verfahren anstelle mündlicher Gerichtsverhandlung
Dies hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden. Der Beschwerdeführer leidet unter Autismus in Form des Asperger-Syndroms. Wegen seiner Krankheit wollte er über längere Zeit in einem Online-Chat-Verfahren von seinem heimischen Computer kommunizieren anstatt im Gerichtssaal dabei zu sein. Dies lehnte das Sächsische Landessozialgericht ab. Es bot dem Beschwerdeführer allerdings an, die mündliche Verhandlung vorab durch Übersendung des schriftlichen Sachberichts und durch Kommunikation über einen Computer im Gerichtssaal an seine Bedürfnisse anzupassen. Hierin sah der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Absatz 3 Satz 2 GG. Da er auch mit seiner Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) scheiterte, zog er mit einer Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe. 

Ohne Erfolg, wie die 1. Kammer des Ersten Senats befand: Zwar müssen die Gerichte auf gesundheitliche Belange der Verfahrensbeteiligten Rücksicht nehmen. Allerdings gilt diese Verpflichtung nicht uneingeschränkt. Dem Karlsruher Richterspruch zufolge ist die Transparenz einer mündlichen Verhandlung – die durch Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes geschaffen wird – rechtsstaatlich unerlässlich. Demgegenüber würden durch die mögliche Bestellung eines Bevollmächtigten gleichermaßen die Interessen des Beschwerdeführers und die rechtsstaatlichen Grundsätze gewahrt. Aufgrund des hierdurch erzielten Ausgleichs sah die Kammer keine Ungleichbehandlung.

Quelle: PM des BVerfG vom 03.01.2019 zum Beschluss vom 27.11.2018 – 1 BvR 957/18
Auch interessant 23.01.2019
LSG Niedersachsen-Bremen zu sozialwidrigem Verhalten
Wer die Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherung nach Hartz IV ohne wichtigen Grund selbst herbeiführt, muss erhaltene Geld- und Sachleistungen zurückgewähren. Über einige Fälle sozialwidrigen Verhaltens hat kürzlich das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden. Wir erläutern die Fallgruppen. mehr …

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Kurz berichtet

BSG: Krankenkasse darf Lichtbild eines Versicherten nicht dauerhaft speichern

Eine Krankenkasse darf Lichtbilder, die ihr Versicherte zur Erstellung der elektronischen Gesundheitskarte überlassen haben, nur so lange speichern, bis die elektronische Gesundheitskarte fertiggestellt ist und dem Versicherten übermittelt wurde. Eine Speicherung bis Ende des Versicherungsverhältnisses ist einer Entscheidung des 1. Senat des Bundessozialgerichts zufolge datenschutzrechtlich unzulässig. 

Die beklagte Krankenkasse (KK) hatte einen Antrag des Klägers, ihm einen aktuellen Versicherungsnachweis ohne Lichtbild auszustellen, abgelehnt. Zudem meinte die KK, sie wäre berechtigt, alle relevanten Sozialdaten zu erheben und bis zum Ende des Versicherungsverhältnisses zu speichern. Dies gelte auch für das Lichtbild auf der elektronischen Gesundheitskarte. Eine Klage auf Löschung des Fotos beim Sozialgericht Konstanz und Landessozialgericht Baden-Württemberg blieb ohne Erfolg, im Gegensatz zur Revision zum BSG. Nach Auffassung des 1. Senats des BSG ist die Speicherung eines Bildes nach § 284 Absatz Nr. 2 SGB V nur so lange zulässig, bis die elektronische Gesundheitskarte fertiggestellt und in den Herrschaftsbereich des Klägers gelangt ist. Für eine Speicherung darüber hinaus fehle eine Ermächtigungsgrundlage, so die höchsten Sozialrichter aus Kassel.

Quelle: PM des BSG vom 19.12.2018 zum Urteil vom 18.12.2018 – AZ: B 1 KR 31/17 R

LSG Erfurt: Kein Unfallversicherungsschutz für Missgeschick unter der Dusche

Das hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) aktuell entschieden. In dem Streitfall befand sich der Kläger auf einer Dienstreise, um an der Eröffnung eines von ihm betreuten Projekts teilzunehmen. Im Hotel rutschte er beim Herausgehen aus der Dusche auf dem Fußboden aus und brach sich das linke Knie. Nach Auffassung der Berufsgenossenschaft lag kein Arbeitsunfall vor. 

Auch eine Klage vor dem Sozialgericht (SG) sowie die Berufung vor dem Thüringer (LSG) in Erfurt blieben erfolglos. Zwar muss dem Erfurter Richterspruch zufolge auch bei Dienstreisen geprüft werden, ob die betreffende Verrichtung im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Dies verneinte das Thüringer LSG jedoch. Danach wurde der Unfall nicht durch eine Gefahr der versicherten Tätigkeit hervorgerufen. Üblicherweise wären höchstpersönliche Verrichtungen – wie das Duschen – unversichert, so das LSG abschließend. 

Quelle: PM des Thüringer LSG vom 17.01.2019 zur Entscheidung vom 20.12.2018 – AZ: L 1 U 491/18

Organspenden

Das Thema Organspenden sorgt auch gegenwärig für Diskussionen. So besteht kein Zweifel daran, dass es zu wenig Organspender gibt. Als Lösungen sind die Widerspruchslösung und sogenannte Bonus-Systeme im Gespräch. Vor allem mit der Verfassungsmäßigkeit der zweiten Variante hat sich Annabel Joschkoin der Fachzeitschrift WzS Wege zur Sozialversicherung auseinandergesetzt. Zudem hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Aufklärung bei Lebendorganspenden präzisiert:  

Verfassungsmäßigkeit von Alternativen zum Widerspruchsystem bei Organspenden 06.02.2019
Organmangel: Bonus-System als Lösung?
Der Jahresbericht der Deutschen Stiftung Organspende 2017 hat nicht nur die Widerspruchslösung beflügelt. Wachsenden Zulauf erfährt auch ein Bonus-System, das zur Organspende bereite Personen bevorzugen soll. Ein Anlass für Annabel Joschko, in der Fachzeitschrift WzS die Alternativen zur gegenwärtigen Entscheidungslösung rechtlich zu bewerten. mehr …
WzS Wege zur Sozialversicherung

Redaktion: Dr. Ursula Schweitzer, Dr. Linda Nehring-Köhler, Bernd Preiß

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(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung