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VG Berlin: Das Homeschooling ist kein gleichwertiger Ersatz für einen Präsenzunterricht (Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)
Corona und Schule

Aufregung um Ansprüche auf Präsenzunterricht in den Schulen

ESV-Redaktion Recht
12.03.2021
Nach monatelangem Unterricht am heimischen Computer aufgrund von Corona sollen nun wieder mehr Schüler/innen in die Klassenräume zurückkehren. Allerdings geht das nur stufenweise und nicht alle Jahrgangsstufen werden gleichzeitig berücksichtigt. Kann dies zu Verletzungen des Gleichheitsgrundsatzes führen? Hierüber haben das OVG Münster und das VG Berlin aktuell entschieden.

OVG Münster: Kein sofortiger Präsenzunterricht an weiterführenden Schulen in NRW

In der Primarstufe, in den Abschlussklassen an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und in der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe findet seit dem 22.2.2021 wieder ein eingeschränkter Präsenzunterricht statt. Demgegenüber sollen alle anderen Schüler/innen an weiterführenden Schulen noch bis zum 14.3.2021 ausschließlich im Homeschooling unterrichtet werden. Ein Fünftklässler und eine Siebtklässlerin meinten, dass die Bevorzugung von Schüler/innen der Primarstufe und der Abschlussjahrgänge gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

Dem folgte das OVG Münster nicht. Demnach darf der Verordnungsgeber für kurze Zeit an dem Verbot des Präsenzunterrichts für weiterführende Schulen mit Ausnahme der Abschlussklassen festhalten, um die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht für alle Schüler/innen möglich zu machen. Dieses Vorgehen entspricht der Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI), das seine Erkenntnisse  aus einer aktuellen Auswertung der vorhandenen Daten- und Studienlage ableitet, so das OVG weiter. Das RKI hatte die Wiederöffnung von Schulen im Kontext der Inzidenz in der Gesamtbevölkerung gesehen und empfohlen, bei den unteren Klassenstufen zu beginnen, weil dort die geringsten Auswirkungen auf die Entwicklung der Pandemie zu erwarten seien.

Die Privilegierung der Primarstufenschüler/innen stützte das Gericht auf die nachvollziehbare Erwägung des Verordnungsgebers, dass gerade diese Gruppe im Umgang mit digitalem Lernen erhebliche Unterstützung braucht, die viele Eltern nicht leisten könnten.

Quelle: PM des OVG Münster vom 11.3.2021 zum Beschluss vom selben Tag – 13 B 250/21.NE

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VG Berlin: Vollständiger Ausschluss einzelner Klassenstufen von Präsenzbeschulung im Wechselmodell ist rechtswidrig

Auch an den Berliner Schulen darf aufgrund von Corona grundsätzlich kein Präsenzunterricht stattfinden. Dies ergibt sich aus § 13 Absatz 4 Satz 1 der Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmeverordnung. Ausnahmen hiervon regelt die Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung je nach Entwicklung der Pandemie. Demnach soll das folgende Beschulungsmodell gelten:

  • Jahrgangsstufen 1 bis 3 (Primarstufe): In diesen Jahrgangsstufen wird seit dem 22.2.2021 ein Wechselunterricht in halbierter Klassenstärke angeboten.
  • Jahrgangsstufen 4 bis 6: Gleiches gilt für die Jahrgangsstufen 4-6, allerdings erst seit dem 7.3.2021.
  • Jahrgangsstufen 10, 12, 13: Hier kann ein  Präsenzwechselunterricht nach Einzelfallentscheidung der betreffenden Schule im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde stattfinden.
  • Alle Schüler/-innen ab Jahrgangsstufe 10: Für alle Schüler/inen  dieser Jahrgangsstufen wird ab dem 17.3.2021 wieder ein Präsenzunterricht in festen Lerngruppen in halbierter Größe angeboten.
Nach Anlage 2 der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung ist bei „Stufe rot“ unter anderem in geschlossenen Räumen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Schüler/innen der Jahrgangsstufen 7 bis 9 bleiben von diesem Beschulungsmodell ausgeschlossen.

Antragsteller: Beschulungsmodell verstößt gegen Grundrechte

Gegen dieses Beschulungsmodell zogen insgesamt sieben Schüler/-innen aus der Primarstufe und aus den Jahrgangsstufen 7 und 9 mit Eilanträgen vor das VG Berlin. Nach ihrer Auffassung verletzt dieses Beschulungsmodell ihre Grundrechte. Das Ziel der Antragsteller/innen ist die Vollbeschulung. Sechs der sieben Antragsteller/innen wollten die Vollbeschulung erreichen, ohne die Verpflichtung zum Tragen  einer Mund-Nasen-Bedeckung.


Antragsgegner: Ausschluss der betroffenen Jahrgangsstufen gerechtfertigt

Der Antragsgegner verteidigt den Ausschluss der Mittelstufe vor allem anderem damit, dass dort keine Abschlussprüfungen anstehen. Zudem wären Schüler/innen im Alter zwischen sechs und zehn Jahren – also Kinder unterhalb der Mittelstufe – weniger infektionsgefährdet. Darüber hinaus könnten die Antragsteller/innen von zu Hause aus am schulisch angeleiteten Lernen teilnehmen.

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Eilanträge teilweise erfolgreich

Die 3. Kammer des VG Berlin hat den Eilanträgen teilweise stattgegeben. Nach Auffassung der Kammer können die Antragsteller/innen aber weder eine Vollbeschulung noch eine Beschulung ohne Mund-Nasen-Bedeckung verlangen. Die angegriffenen Regelungen sieht die Kammer aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens und der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts insoweit nach wie vor als noch verhältnismäßig an.
 
Allerdings, so die Berliner Richter weiter, verstößt der vollständige Ausschluss der Jahrgangsstufen vom Wechselmodell mit Präsenzbeschulung oberhalb der Primarstufe und unterhalb der Abschlussklassen gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die wesentlichen Erwägungen des VG:
 
  • Verweis auf fehlende Abschlussprüfungen: Dieses Argument greift der Kammer zufolge nicht, weil der Präsenzwechselunterricht auch den Jahrgangsstufen 5, 6 und 11 offensteht. In diesen Stufen finden keine Abschlussprüfungen statt.  
  • Geringere Ansteckungsgefahr in den unteren Jahrgangsstufen: Der Ausschluss der Jahrgangsstufen 7 bis 9 vom abwechselnden Präsenzunterricht kann auch nicht mit der möglicherweise geringeren Ansteckungsgefahr der Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren begründet werden. Schüler/-innen der Jahrgangsstufen 5, 6 und 11 sind nämlich in aller Regel älter als zehn Jahre.

  • Homeschooling kein gleichwertiger Ersatz: Das schulisch angeleitete Lernen zu Hause ist der Kammer zufolge kein gleichwertiger Ersatz für Präsenzunterricht.
Der Antragsgegner muss nun zur Sicherung der Rechte der Antragsteller bis zur anstehenden Anpassung der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung die vergleichbaren Regelungen dieser Verordnung auf die betreffenden Antragsteller/innen entsprechend anwenden.

Quelle: PM des VG Berlin vom 10.03.2021 zu den Beschlüssen vom selben Tag – VG 3 L 51/21, VG 3 L 57/21, VG 3 L 58/21, VG 3 L 59/21, VG 3 L 60/21, VG 3 L 61/21 und VG 3 L 62/21



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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht