
BAG zu den Ausnahmen vom „equal pay“ für Leiharbeitnehmer
Nach ihrem Vortrag erhielten vergleichbare Stammarbeitnehmer einen Brutto-Stundenlohn von 13,64 EUR. Mit ihrer Klage verlangte sie von der Beklagten für den benannten Zeitraum eine Differenzvergütung von 1.296,72 EUR brutto. Grundlage hierfür ist nach ihrer Meinung der Gleichstellungsgrundsatz nach § 8 Absatz 1 AÜG bzw. § 10 Absatz 4 Satz 1 AÜG a.F. Demnach ist das Tarifwerk von „iGZ“ und „ver.di“ – das auf ihr Leiharbeitsverhältnis anzuwenden ist – nicht mit Art. 5 Absatz 3 der Leiharbeits-RL und dem daraus abzuleitenden Schutz der Leiharbeitnehmer vereinbar.
Demgegenüber meint die Beklagte, dass das benannte Tarifwerk nicht gegen EU-Recht verstößt. Darüber hinaus hat sie die Höhe der Vergütung von vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers mit Nichtwissen bestritten. Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, zog die Klägerin mit einer Revision vor das BAG.
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BAG: Kein Anspruch auf Differenzlohn
- Nur tarifliche Vergütung geschuldet: Das Tarifwerk von „iGZ“ und „ver.di“ verpflichtete die Beklagte nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AÜG mit § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. nur dazu, die tarifliche Vergütung zu zahlen.
- Schlechterstellung zulässig: Hierzu meinte der Senat weiter, dass die Klägerin zwar einen Nachteil hätte, wenn ihr Vortrag zur Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer zutrifft. Eine derartige Schlechterstellung lässt aber Art. 5 Abs. 3 der Leiharbeits-RL ausdrücklich zu, wenn hierbei der „Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer“ beachtet wird.
- Neutralisierung der Ungleichbehandlung durch Ausgleichsvorteile: Sodann berief sich der Senat auf den EuGH. Demzufolge können bestimmte Vorteile die Ungleichbehandlung ausgleichen.
- Entgelt in verleihfreien Zeiten als Ausgleichsvorteil: Zu solchen Ausgleichsvorteilen kann – wiederum dem EuGH zufolge – auch die Fortzahlung des Entgelts in verleihfreien Zeiten gehören. Nach deutschem Recht sind auch bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen verleihfreie Zeiten möglich, wenn der Leiharbeitnehmer nicht ausschließlich für einen bestimmten Einsatz eingestellt wird. Gleiches gilt, wenn der Entleiher sich vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Leiharbeitnehmer vorbehält. Auch das Tarifwerk von „iGZ“ und „ver.di“ gewährleistet die Fortzahlung der Vergütung in verleihfreien Zeiten, führte der Senat hierzu weiter aus. So kann etwa der Anspruch auf Vergütung im Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB im Leiharbeitsverhältnis nicht abbedungen werden – im Gegensatz zu anderen Arbeitsverhältnissen.
- Keine Unterschreitung von gesetzlichen Lohnvorgaben: Weiterhin hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn oder andere staatlich festgesetzte Lohnuntergrenzen nicht unterschreiten darf.
- Abweichung von „equal pay“ befristet: Schließlich ist eine Abweichung vom Grundsatz des „equal pay“ nach § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG seit dem 01.04.2017 grundsätzlich nur in den ersten neun Monaten des Leiharbeitsverhältnisses möglich.
Quelle: PM des BAG vom 31.05.2023 zum Urteil vom selben Tag – 5 AZR 143/19
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(ESV/bp)
Programmbereich: Arbeitsrecht