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BAG: Materielle Kostenerstattung aus Verzug fällt unter § 12a ArbGG (Foto: Oliver Hlavaty/Fotolia.com)
Arbeitsrecht

BAG zum Anspruch auf Kostenpauschale bei Verzug des Arbeitgebers

ESV-Redaktion Recht
01.10.2018
Der Gläubiger einer Entgeltforderung kann beim Verzug des Schuldners nach § 288 Absatz 5 BGB eine Pauschale von 40 Euro als Verzugsschaden geltend machen – vorausgesetzt, der Schuldner ist kein Verbraucher. Ob § 12a ArbGG dem entgegensteht, hat kürzlich das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Der Kläger ist langjähriger Beschäftigter bei der Beklagten. Neben rückständigen Besitzstandszulagen für Mai bis September 2016 hat er gegenüber seinem Arbeitgeber auch drei Verzugs-Pauschalen zu je 40 Euro für Juli, August und September 2016 geltend gemacht. Als Anspruchsgrundlage für die Pauschalen benannte er § 288 Absatz 5 BGB. Insoweit vertritt er die Auffassung, dass die benannte Norm auch gegenüber Arbeitgebern anzuwenden ist.

Beklagte: Vom Kläger genannte Norm gilt nicht für Kostenpauschalen im Arbeitsrecht

Demgegenüber hat die Beklagte im Wesentlichen eingewendet, dass § 288 Absatz 5 BGB für das Arbeitsrecht nach § 12a ArbGG ausgeschlossen sei. Im Übrigen würden die Voraussetzungen von § 288 Absatz 5 BGB nicht vorliegen, denn die Beklagte wäre nicht schuldhaft in Verzug geraten.

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Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Pauschale gerechtfertigt

Die Vorinstanzen verurteilten die Beklagte antragsgemäß. Danach waren die Verzugspauschalen von 40 Euro für jeden der Verzugsmonate – Juli, August und September 2016 – erneut zu zahlen. Dies gelte gerade bei fehlerhaften oder unterlassenen Abrechnungen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf sollen die Pauschalen zudem den Druck auf potentiell säumige Zahler erhöhen, damit diese ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich und vollständig nachzukommen. Das LAG hatte die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt allerdungs zugelassen. Von diesem Rechtsmittel machte die Beklagte Gebrauch.

Im Wortlaut: 288 Absatz V BGB – Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

BAG: Kostenerstattungsanspruch ausgeschlossen

Die Beklagte hatte damit Erfolg: Nach Auffassung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat der Kläger keinen Anspruch auf die Pauschalen. Der Senat begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:  
  • § 288 Absatz 5 BGB grundsätzlich anwendbar: Zwar ist die vom Kläger angeführte Norm des BGB grundsätzlich dann anwendbar, wenn sich der Arbeitgeber im Zahlungsverzug befindet.
  • Aber – § 12 a Absatz 1 ArbGG als Anspruchshindernis: Allerdings schließt § 12 a Absatz 1 ArbGG dem Richterspruch aus Erfurt zufolge den Anspruch des Klägers aus. Diese arbeitsrechtliche Spezialregelung erfasst demnach nicht nur prozessuale Kostenerstattungsansprüche wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten. Vielmehr erfasst diese Norm auch entsprechende materielle Erstattungsansprüche. Hierzu gehört nach Auffassung des Senats auch die Pauschale nach § 288 Absatz 5 BGB.
Im Wortlaut: § 12a Absatz 1 ArbGG Kostentragungspflicht
(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. (...)

Quelle: PM des BAG vom 25.09.2018 zum Urteil vom selben Tag – 8 AZR 26/18

Standpunkt: Bernd Preiß, Assessor jur., ESV-Redaktion Recht
Die Entscheidung des BAG überrascht: 
  • Die Norm, die den materiellen Anspruch des Klägers abwehren soll, findet sich im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Dieses Regelwerk bezieht sich daher schon rechtssystematisch auf prozessuale Kostenerstattungsansprüche. 

  • Selbst innerhalb des Awendungsbereichs des ArbGG beschränkt sich § 12 a Absatz 1 wiederum auf das „Urteilsverfahren des ersten Rechtzuges“. Dies ist ein ganz klar definierter Bereich, der zum Beispiel Beschlussverfahren oder spätere Rechtszüge ausschließt.
       
  • Dass der Gesetzgeber mit dieser Norm auch materiell-rechtliche Ansprüche ausschließen wollte, die bereits vor Eröffnung des ersten Rechtszuges entstanden sind, und die auch nicht zum definierten Rechtszug gehören, ist kaum nachvollziehbar.

ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz

Autoren: Dr. Friedrich H. Heither und Dr. Martin Heither – Begründet von: Prof. Dr. jur. Fritz Auffarth und Dr. jur. Rudolf Schönherr

Der Ablauf des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gehört zum täglichen Handwerk des Arbeitsrechtlers. Auch die Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unerlässlich, um Verfahrensfehlern vorzubeugen. Die Vorzüge dieses Werks:
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(ESV/bp)

Programmbereich: Arbeitsrecht