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Sollte der VerfGH Berlin die Wahlen von 2021 für ungültig erklären, müssen diese innerhalb von 90 Tagen wiederholt werden (Foto: PX Media / stock.adobe.com)
Wahlrecht

Berliner Wahlen vom September 2021: VerfGH erwägt Wahlwiederholung

ESV-Redaktion Recht
29.09.2022
Wie die Pressestelle des Verfassungsgerichtshofs (VerfGH) Berlin mitteilt, hat das Gericht am 28.09.2022 öffentlich über Teile der Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) vom 26.09.2021 verhandelt. Am 16.11.2022 will der VerfGH hierüber eine Entscheidung verkünden. 
Gegenstand der Verhandlung waren Beschwerden der Landeswahlleitung, der Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport sowie der AfD und der PARTEI. Gegenwärtig neigt der VerfGH Berlin dazu, die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den BVVen insgesamt für ungültig zu erklären. Die Folge: Beide Wahlen müssten in ganz Berlin wiederholt werden.
 
Diese Einschätzung, die die Präsidentin des VerfGH Berlin zum Auftakt der mündlichen Verhandlung gab, ist allerdings nur vorläufig. Sie fußt auf den bislang schriftlich ausgetauschten Argumenten sowie auf den Unterlagen, die der VerfGH beigezogen hat. Hierbei handelt es sich um alle 2.256 Protokolle aus den Wahllokalen, die das Gericht im März angefordert und inzwischen ausgewertet hat. Die erste Einschätzung des Berliner VerfGH begründete seine Präsidentin im Wesentlichen wie folgt:
 

Wahlvorbereitung mangelhaft

Schon die Vorbereitung der Wahl hat nicht den rechtlichen Vorgaben entsprochen. Insoweit betonte die Präsidentin, dass die Landeswahlleitung eine Wahl so organisieren muss, dass alle wahlberechtigten Personen am Wahltag ihre vollständigen und gültigen Stimmen unter zumutbaren Bedingungen in Präsenz abgeben können. Dies war nach bisheriger Auffassung des Gerichts nicht der Fall. Vielmehr wäre es zu
 
  • unzumutbar langen Wartezeiten vor den Wahllokalen und
  • gar zur zeitweisen Schließung von Wahllokalen gekommen,
  • weil zu wenig oder falsche Stimmzettel ausgegeben wurden.
Daher hätten zum Teil chaotische Zustände geherrscht und zahlreiche Wahllokale waren völlig überlastet.
 
Stimmenabgabe noch während der Bekanntgabe erster Hochrechnungen
 
Darüber hinaus hätte ein Teil der Wähler noch abgestimmt, während die Medien schon erste Hochrechnungen veröffentlichten.
 
Lückenhafte Dokumentation
 
Zudem stellte der VerfGH eine nur lückenhaft Dokumentationen am Wahltag fest. Demnach sind die dokumentierten Wahlfehler nur „die Spitze des Eisbergs“.

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Wahlfehler mandatsrelevant

Die benannten Wahlfehler hält der VerfGH Berlin nach aktueller Auffassung auch für mandatsrelevant. Dies schließt das Gericht schon aus der hohen Zahl der Stimmen, die von Wahlfehlern betroffen sind. 


Verfassungskonforme Wahlergebnisse nur über vollständige Ungültigkeitserklärung erreichbar

Aktuell spricht dem Gericht zufolge viel dafür, dass verfassungskonforme Wahlergebnisse nur durch die vollständige Ungültigerklärung der Wahlen vom 26.09.2022 erreicht werden können, so die Berliner Verfassungsrichter. Demnach ist die Integrität des Wahlergebnisses durch die hohe Zahl und die Schwere der Wahlfehler erheblich beschädigt.
 

Wie es weitergeht

 
  • Stellungnahme der Beteiligten: Die Beteiligten können nun zu dieser vorläufigen Einschätzung des Gericht Stellung nehmen.
  • Entscheidung des Gerichts: Anschließend wird der VerfGH Berlin seine endgültige Entscheidung beraten. Nach § 29 Abs. 1 Satz  5 VerfGHG sollen zwischen dem Abschluss der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung höchstens drei Monate liegen.
  • Wiederholung der Wahl moglich: Erklärt der VerfGH Berlin die gesamten Wahlen für ungültig, müssen diese innerhalb von 90 Tagen nach der Entscheidungsverkündung wiederholt werden. Allerdings bleiben alle Rechtsakte des Abgeordnetenhauses bis zur Verkündung der Ungültigkeit wirksam, so die Präsidentin des VerfGH. 
Abschließend weist die Präsidentin des VerfGH Berlin darauf hin, dass dieses gerichtliche Prüfungsverfahren ausschließlich die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen betrifft. Über die Bundestagswahlen in Berlin und deren Gültigkeit müsse der Deutsche Bundestag in einem eigenen Verfahren entscheiden.


Update

Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den BVVen 16.11.2022
VerfGH Berlin: Wahlen von 2021 müssen vollständig wiederholt werden

Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Berlin hat die Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen (BVVen), die im September 2021 stattfanden, mit Urteil vom 16.11.2022 für ungültig erklärt. Nach der Entscheidung müssen die Wahlen aufgrund zahlreicher Pannen komplett wiederholt werden. mehr …



Quellen: PM des VerfGH Berlin vom 28.09.2022 sowie vom 06.10.2022


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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht