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Schadensersatz wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung führt nicht zu Arbeitslohn (Foto: Stockfotos-MG/Fotolia.com)
Einkommensteuer

BFH: Schadensersatz wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung kein Arbeitslohn

ESV-Redaktion Steuern
13.08.2018
Unter welchen Voraussetzungen führen Schadensersatzzahlungen des Arbeitgebers zu Arbeitslohn? Mit dieser Rechtsfrage hat sich der Bundesfinanzhof in einer aktuellen Entscheidung auseinandergesetzt.
Die Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber, der auf einer überhöhten Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem Arbeitnehmer beruht, führt nach dem nun veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofes vom 25.04.2018 - VI R 34/16 beim Arbeitnehmer nicht zu einem Lohnzufluss, wenn dem Arbeitnehmer tatsächlich ein Schaden entstanden ist, die Einkommensteuer also ohne die Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung des Arbeitgebers niedriger festgesetzt worden wäre.

Der Steuerpflichtige trägt die objektive Feststellungslast, dass die Ersatzleistung des Arbeitgebers der Erfüllung eines tatsächlich bestehenden Schadensersatzanspruchs diente, weil die entscheidungserheblichen Umstände in seiner Sphäre liegen.

Der Kläger des Urteilsfalls war bis 2010 angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihm stand seit mindestens 2002 ein Dienstwagen nebst Fahrer zur Verfügung. Dem Kläger war die private Nutzung des Dienstwagens gestattet. Über die Fahrten mit dem Dienstwagen führten der Kläger und sein Fahrer bis mindestens Februar 2008 Aufzeichnungen in Form einer Loseblattsammlung. Die Aufzeichnungen wurden später durch eine andere Person in ein gebundenes Buch übertragen.

Das Finanzamt gelangte im Anschluss an eine bei der Arbeitgeberin des Klägers durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung zu der Auffassung, dass die über die Nutzung des Dienstwagens für die Jahre 2002 bis 2005 geführten Aufzeichnungen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch darstellten und erließ gegenüber den Klägern entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide. Die hiergegen erhobene Klage hatte nur hinsichtlich der Einkommensteuer für 2003 aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg. Im Übrigen wies das Finanzgericht die Klage mit Urteil vom 21.04.2008 - 15 K 3899/07 ab.

Der Kläger meldete diesen Vorgang bei der Haftpflichtversicherung seiner Arbeitgeberin. Er war der Auffassung, ihm sei durch die höhere Einkommensteuerfestsetzung ein Schaden entstanden, den seine Arbeitgeberin verschuldet habe. Denn die Arbeitgeberin sei ihrer Überwachungspflicht hinsichtlich der Führung der Fahrtenbücher nicht nachgekommen.

Die Arbeitgeberin holte hierzu juristische Stellungnahmen von zwei Rechtsanwaltskanzleien ein, die zu der Einschätzung gelangten, es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin zum Ersatz der dem Kläger entstandenen Steuermehrbelastung verpflichtet sei. Der Einwand eines mitwirkenden Verschuldens des Klägers sei allerdings nicht ausgeschlossen.

Die Haftpflichtversicherung der Arbeitgeberin zahlte dem Kläger daraufhin im Streitjahr (2008) im Vergleichswege pauschal 50.000 Euro.

Nach einer weiteren Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Arbeitgeberin sah das Finanzamt diese Zahlung der Haftpflichtversicherung als Arbeitslohn des Klägers an und erließ u.a. deshalb einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr.

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht war der Auffassung, es könne dahin stehen, ob tatsächlich ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen seine Arbeitgeberin bestanden habe, was zweifelhaft sei. Denn es sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Zahlung aus Sicht der Arbeitgeberin wegen eines (vermeintlichen) Schadensersatzanspruchs erfolgt sei. Es stehe deshalb nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zahlung „für“ die Arbeitsleistung des Klägers erbracht worden sei. Die verbleibenden Zweifel gingen zu Lasten des Finanzamtes, das die Feststellungslast für die steuererhöhende Tatsache trage.

Dahinstehenlassen des vermeintlichen Schadensersatzanspruchs revisionsrechtlich zu beanstanden

Der Bundesfinanzhof folgte der Vorinstanz indes nicht. Er hielt die Revision des Finanzamtes für begründet, hob die Vorentscheidung auf und wies die nicht spruchreife Rechtssache an das Finanzgericht zurück. Die Auffassung des Finanzgerichts, dass die Zahlung der Haftpflichtversicherung der Arbeitgeberin des Klägers keinen Arbeitslohn darstelle, halte einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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Zahlung der Haftpflichtversicherung durch Dienstverhältnis veranlasst?

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen - auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss.

Schadensersatz wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung kein Arbeitslohn

Arbeitslohn liege nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ersetze, den dieser infolge einer Verletzung arbeits- oder sonstiger zivilrechtlicher (Fürsorge-)Pflichten oder einer unerlaubten Handlung des Arbeitgebers erlitten habe. Denn damit würden nicht die Dienste des Arbeitnehmers vergütet, sondern ein vom Arbeitgeber verursachter Schaden ausgeglichen.

Schadensersatz, der wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung zu leisten sei, diene dem Ausgleich einer Vermögenseinbuße, die nicht in der Erwerbssphäre, sondern in der Privatsphäre eingetreten sei, so die Richter des Bundesfinanzhofes in den Entscheidungsgründen. Die Erfüllung eines dahingehenden Schadensersatzanspruchs eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber führe beim Arbeitnehmer folglich nicht zu einem Lohnzufluss, obwohl der Arbeitsvertrag als das Rechtsverhältnis, das Grundlage für den Schadensersatzanspruch ist, der Erwerbssphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sei.

Feststellungslast beim Steuerpflichtigen

Eine solche Zahlung stelle allerdings nur dann keinen Arbeitslohn, sondern eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche private Vermögensmehrung dar, wenn dem Steuerpflichtigen tatsächlich ein Schaden entstanden sei, die Einkommensteuer also ohne die arbeits- bzw. zivilrechtliche (Fürsorge-)Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung des Arbeitgebers niedriger festgesetzt worden wäre.

Dabei müsse sichergestellt sein, dass die strittige Zahlung tatsächlich dem Zweck diene, eine dem Steuerpflichtigen entstandene vermeidbare steuerliche Mehrbelastung auszugleichen. Bestünden insoweit Zweifel, müsse der Steuerpflichtige, weil die entscheidungserheblichen Umstände in seiner Sphäre liegen, nachweisen, dass dem Arbeitgeber eine von ihm zu vertretende Pflichtverletzung unterlaufen sei, die wiederum in adäquat kausaler Weise die erhöhte Einkommensteuerfestsetzung verursacht habe, und dass die Ersatzleistung dem Ausgleich dieses Schadens diene. Der Steuerpflichtige dürfe die mangelnde Steuerbarkeit von Schadensersatzleistungen zum Ausgleich einer überhöhten Einkommensteuerfestsetzung nicht dazu nutzen, Einnahmen, die diese besondere Zweckbindung nicht aufweisen, als Schadensersatzleistungen zu deklarieren, um so steuerpflichtige Einnahmen der Besteuerung zu entziehen.

Zweiter Rechtsgang: Überprüfung der Verpflichtung zum Ersatz des geltend gemachten Steuerschadens

Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst sei, obliege in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht, so die Richter des Bundesfinanzhofes.

Der Senat konnte auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht abschließend beurteilen, ob und falls ja in welcher Höhe die Arbeitgeberin dem Kläger wegen des geltend gemachten Steuerschadens zum Ersatz verpflichtet war, damit um Arbeitslohn handelt, und verwies die Rechtssache zurück. Das Finanzgericht wird im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob die Arbeitgeberin gegenüber dem Kläger dienstrechtlich zur Führung eines Fahrtenbuchs für dessen private Einkommensteuer verpflichtet war bzw. ob sie den Kläger über die Anforderungen, die einkommensteuerrechtlich an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, belehren, entsprechende Hinweise erteilen oder gar die Eintragungen in dem Fahrtenbuch auf ihre steuerliche Ordnungsmäßigkeit überprüfen musste.

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht