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Zuordnung zum Unternehmen durch Abschluss eines Strom-Einspeisevertrags (Photo: bluedesign/Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

BFH zu Photovoltaik-Anlagen und der Zuordnung zum Unternehmen

ESV-Redaktion Steuern
01.07.2022
Der BFH beschäftigte sich mit der Frage, wie die Zuordnung eines gemischt-nutzbaren Gegenstandes zum Unternehmen erfolgen muss

In der vorliegenden Grundsatzentscheidung des BFH ging es um den Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer Photovoltaikanlage.

Verfristete Abgabe von Steuererklärungen

Der Kläger hatte 2014 eine Photovoltaikanlage erworben, den produzierten Strom teilweise selbst verbraucht, teilweise in das Stromnetz des Netzbetreibers eingespeist. Nachdem der Kläger zunächst keine Umsatzsteuervoranmeldung oder sonstige Erklärungen gegenüber dem Finanzamt abgegeben hatte, reichte er nach Ablauf der Einreichungsfrist für Steuererklärungen eine Umsatzsteuererklärung ein, in der er auch den Vorsteuerabzug für die PV-Anlage geltend machte. Diesen versagte das Finanzamt mit dem Argument, die Zuordnungserklärung sei verfristet, da nach dem 31. Mai des Folgejahres abgegeben.

Der Einspruch hiergegen war erfolglos, die Klage vor dem FG Baden-Württemberg wurde abgewiesen. Hier trug der Kläger vor, die Zuordnungsentscheidung habe er bereits mit Abschluss des Einspeisevertrages dokumentiert. Das FG hingegen forderte, die Zuordnung hätte gegenüber dem Finanzamt erfolgen müssen.

Aussetzung der Revision und Vorabentscheidungsverfahren EuGH

Im Rahmen des Revisionsverfahren hat der BFH den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Auslegung des Art. 168a i.V.m 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehr­wertsteuersystem angerufen.

Der EuGH hat sich dahingehend geäußert, dass „die zuständige nationale Steuerverwaltung den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand unter der Annahme, dass dieser dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zugewiesen wurde, verweigern darf, wenn ein Steu­erpflichtiger ein Wahlrecht hat, ob er einen Gegenstand dem Vermö­gen seines Unternehmens zuordnet, und diese Steuerverwaltung nicht spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung in die Lage versetzt wurde, aufgrund einer ausdrücklichen Entscheidung oder hinreichender Anhaltspunkte eine solche Zuordnung des Gegenstands festzustellen, es sei denn, die besonderen rechtlichen Modalitäten für die Ausübung dieser Befugnis lassen erkennen, dass sie nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismä­ßigkeit vereinbar ist."

Mitteilung der Zuordnungsentscheidung

Im Revisionsverfahren gelangte der BFH daher zu der Auffassung, dass das FG zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass dem Kläger der Vorsteuerabzug nicht zustehe, weil er die Zuordnungsentscheidung nicht gegenüber dem FA innerhalb der Zuordnungsfrist mitgeteilt habe.

Ein Zuordnungswahlrecht besteht, wie vom FG zutreffend angenommen. Sofern anhand objektiver Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden sind, feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, ist es entgegen dem Urteil des FG nicht zusätzlich erforderlich, dass er die erfolgte Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mitteilt. Die Zuordnung zum Unternehmen kommt dadurch zum Ausdruck, dass der Steuerpflichtige beim Erwerb des Ge­gen­stands ganz oder teilweise als Unternehmer handelt.

Hier hat der Kläger in dem bereits im Streitjahr abgeschlossenen Einspeisevertrag verein­bart, dass seine Stromlieferungen umsatzsteuerpflichtig erfolgen sollen, so dass bereits bei Erwerb der Photovoltaikanlage objektiv erkennbar die Absicht bestand, diese als Unternehmer für eine wirtschaftliche Tätigkeit verwenden zu wollen. Die Bedingungen des Einspeisevertrags entsprachen auch denen, die Unter­nehmern und nicht Privatpersonen angeboten werden. Daraus ergibt sich, dass der Kläger bereits bei Erwerb der Photovoltaikanlage als Steuerpflichtiger handeln wollte und gehandelt hat. Damit hat er die notwendige Zuordnungsentscheidung getroffen.

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat die PV-Anlage voll seinem Unternehmen zugeordnet, so dass ihm der volle Vorsteuerabzug zusteht.

Quelle: Urteil des BFH vom 4. Mai 2022, XI R 29/21 (veröffentlicht am 30. Juni 2022)

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Programmbereich: Steuerrecht