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Erhöhen übernommene Darlehen die AfA-Bemessungsgrundlage? (Foto: pattilabelle / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

BFH zur AfA-Berechtigung nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

ESV-Redaktion Steuern
29.09.2022
Der BFH setzt sich im Urteil vom 3. Mai 2022 damit auseinander, wie bei anteiligem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die AfA zu ermitteln ist.

Erhöhen übernommene Darlehen die Anschaffungskosten?

Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) waren zwei Brüder zu gleichen Teilen beteiligt; die GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nachdem einer der beiden Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden war, indem er seinen Anteil teilweise an seinen Bruder und teilweise an seine Schwägerin veräußerte, war insbesondere streitig, ob die von der GbR für den Erwerb von Grundstücken aufgenommenen und noch nicht getilgten Darlehen (Verbindlichkeiten der GbR) die Anschaffungskosten der Erwerber und dementsprechend die AfA auf die anteilig miterworbenen Gebäude erhöhte.

Sowohl das Finanzamt und wie auch das Finanzgericht hatten dies abgelehnt. Die Revision der GbR als Klägerin hingegen war erfolgreich. 


Auch übernommene Darlehen erhöhen die Anschaffungskosten und damit die AfA-Bemessungsgrundlage

Bei einer GbR werden die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte auf Gesellschaftsebene ermittelt, so die ständige Rechtsprechung des BFH. Dabei werden einerseits die auf Gesellschaftsebene vorgenommene AfA auf die vermieteten Gebäude nach den historischen Anschaffungskosten berücksichtigt. Die so ermittelten Einkünfte werden den Gesellschaftern nach ihren Beteiligungsverhältnissen unmittelbar zugerechnet. Eine entgeltliche Anteilsveräußerung ändert daran zunächst nichts.

Andererseits können Gesellschafter, die ihre Beteiligung nachträglich entgeltlich erworben haben, die in ihrem Ergebnisanteil berücksichtigte AfA aber nicht beanspruchen. Viemehr bemisst sich ihre AfA-Berechtigung nach ihren individuellen Anschaffungskosten unter Maßgabe der voraussichtlichen Restnutzungsdauer des anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs. Vor diesem Hintergrund muss der ihnen zugerechnete Ergebnisanteil angepasst werden, soweit die ihn nunmehr zustehende AfA von der AfA abweicht, die auf Gesellschaftsebene bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt worden ist.


Wie ist dieser Korrekturbetrag für die AfA zu errechnen?

Der BFH stellt in seinem Urteil grundlegend und ausführlich die Ermittlung des Korrekturbetrags dar. In diesem Zusammenhang wird auch klargestellt, dass der Korrekturbetrag Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist, auch wenn er nur die persönlichen Verhältnisse einzelner Gesellschafter betrifft (Ergänzungsbereich). Dies hat auch verfahrensrechtliche Folgen, so ist bspw. der betreffende Gesellschafter zur Klage der Gesellschaft gegen den Gewinnfeststellungsbescheid notwendig beizuladen. Dies war im Streitfall unterblieben.

Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen also die Anschaffungskosten des jeweiligen Erwerbers. Den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern können sie jedoch nur dann zugeordnet werden, wenn und soweit eine solche Zuordnung auch auf Gesellschaftsebene bereits besteht. Im Streitfall hatte die Gesellschaft die Darlehen aufgenommen, um bestimmte Vermietungsobjekte zu erwerben; insofern konnte der Zusammenhang leicht belegt werden, so dass die Darlehen auf Gesellschaftsebene einzelnen Wirtschaftsgütern eindeutig zugeordnet werden konnten.

Übersteigen die Anschaffungskosten des jeweiligen Anteilserwerbers die Summe der Buchwerte der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter, erfolgt die Zuordnung der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter insoweit einzeln nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven. Für die Aufteilung der sog. Mehranschaffungskosten ist eine Einzelbewertung jedes in Betracht kommenden Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs erforderlich.

Sofern ein bebautes Grundstück zum anteilig miterworbenen Gesellschaftsvermögen gehört, ist eine neuerliche Aufteilung auch der anteiligen Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits vorzunehmen, um eventuell im nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut Grund und Boden entstandene stille Reserven zutreffend zu erfassen.

Wegen der hier nicht ausreichenden Tatsachengrundlage hatte der BFH die Sache an das FG zurückverwiesen, damit es die erneute Aufteilung nachholt. 


Fazit

Hat der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen. Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen anteilig die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zuzuordnen sind. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.5.2022 – IX R 22/19 entschieden.

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Steuerverfahrensrecht


von Prof. Dr. Peter Zaumseil

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(ESV/cmx)



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