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„Stimmen-Patt“ begründet keine Betriebsaufspaltung (Foto: maranso/stock.adobe.com)
Einkommensteuer

BFH zur Betriebsaufspaltung und zur Zurechnung von Stimmanteilen minderjähriger Kinder

ESV-Redaktion Steuern
16.09.2021
Der Bundesfinanzhof hat aktuell die Frage entschieden, ob eine Betriebsaufspaltung auch dann vorliegt, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter in der Betriebskapitalgesellschaft nur über exakt 50 % der Stimmen verfügt.
Nach dem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.04.2021 – X R 5/19 liegt eine Betriebsaufspaltung nicht vor, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter in der Betriebskapitalgesellschaft nur über exakt 50 % der Stimmen verfügt. Dabei sind dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht zuzurechnen, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht.

Im Urteilsfall waren die Klägerin und ihre beiden Kinder mit dem Tod des Ehemanns und Vaters Gesellschafter der Betriebs-GmbH geworden. Dieser GmbH hatte die Klägerin bereits seit Jahren ein betrieblich genutztes Grundstück verpachtet. Nachdem die Klägerin in einer Gesellschafterversammlung, in der eine Ergänzungspflegerin ihren minderjährigen Sohn vertrat, zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden war, sah das Finanzamt die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung als gegeben an. Es meinte, die Klägerin könne die GmbH, obwohl sie nur 50 % der Stimmen innehabe, aufgrund ihrer elterlichen Vermögenssorge beherrschen, so dass neben der sachlichen auch die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung vorliege. Die Klägerin erziele daher aus der Grundstücksverpachtung gewerbliche Einkünfte. Das Finanzgericht sah das anders und gab der Klage statt.

Keine Betriebsaufspaltung mangels personeller Verflechtung

Die dagegen vom Finanzamt erhobene Revision hatte keinen Erfolg. Auch der BFH verneinte das Vorliegen einer personellen Verflechtung. Das Finanzgericht habe zutreffend erkannt, dass es trotz der vorliegenden sachlichen Verflechtung an der für das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung notwendigen personellen Verflechtung zwischen der Klägerin und der GmbH fehle, so dass der streitige Einkommensteueränderungsbescheid, der zu einer höheren Einkommensteuerbelastung der mit der Erbengemeinschaft zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Klägerin geführt hat, aufzuheben sei.

Der BFH entschied:
  • Die personelle Verflechtung verlangt – abgesehen vom Sonderfall der faktischen Beherrschung –, dass der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter auch in der Betriebskapitalgesellschaft die Stimmenmehrheit innehat und dort in der Lage ist, seinen Willen durchzusetzen; eine Beteiligung von exakt 50 % der Stimmen reicht nicht aus (Bestätigung des BFH-Urteils vom 30.11.2005 – X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl. II 2006, 415).
  • Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.

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Keine Zurechnung der Anteile des minderjährigen Kindes bei Bestellung einer Ergänzungspflegschaft

Aufgrund der Bestellung der Ergänzungspflegschaft können die Anteile des minderjährigen Kindes der Klägerin nicht zugerechnet werden. Die Ergänzungspflegschaft umfasse ausdrücklich und vollumfänglich die Gesellschafterrechte. Damit seien insbesondere auch die Stimmrechte des minderjährigen Kindes im Verhältnis zur GmbH nicht mehr Teil der Vermögenssorge der Klägerin.

Eine Vermutung, dass die Interessen der Klägerin und des minderjährigen Kindes gleichgelagert seien, bestehe deshalb im Streitfall nicht. Der Klägerin seien die Stimmanteile des minderjährigen Kindes nicht zuzurechnen, so die Richter des BFH in ihrer Entscheidungsbegründung. In einem solchen Fall lägen keine gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessen vor. Die Beteiligung der Klägerin von exakt 50 % der Stimmen reiche aufgrund der „Patt-Situation“ für eine Beherrschung nicht aus.

Quelle: Pressemitteilung des BFH Nr. 031/21 vom 09.09.2021

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht