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Keine weitere Bedingungen: Erstattungsanspruch des Bauträgers aus rechtswidriger Besteuerung (Foto: schulzfoto/Fotolia.com)
Umsatzsteuer

BFH zur Korrektur unzutreffender Rechtsanwendung beim Bauträger

ESV-Redaktion Steuern
15.11.2018
Hängt der Erstattungsanspruch des Bauträgers aus der rechtswidrigen Besteuerung als Steuerschuldner von der nachträglichen Zahlung der Umsatzsteuer an seinen Vertragspartner (Bauhandwerker) oder der Möglichkeit der Aufrechnung durch das Finanzamt ab? Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Fall zu dieser Problematik Stellung genommen.
Hat ein Bauträger aufgrund der rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leistungsempfänger von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG versteuert, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung nach dem nun veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofes vom 27.09.2018 – V R 49/17 geltend machen, ohne dass es darauf ankommt, dass er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit für eine Aufrechnung durch das Finanzamt besteht (entgegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.07.2017, BStBl. I 2017, 1001, Rz. 15a).

Die Entscheidung des BFH betrifft nahezu die gesamte Bauträgerbranche, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft („geliefert“) hat. Die Finanzverwaltung ist hier über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen seien. Diese Verwaltungspraxis hatte der BFH mit Urteil vom 22.08.2013 – V R 37/10 verworfen. Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit eines Wohnungsbaus ohne Umsatzsteuerbelastung: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen - der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.

Der Gesetzgeber hat hierauf im Jahr 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt. Letzteres hat der BFH mit Urteil vom 23.02.2017 – V R 16, 24/16 bereits im Wesentlichen gebilligt.

Erstattung von Nachzahlung an leistende Bauunternehmer oder Aufrechnungsmöglichkeit der Finanzverwaltung abhängig?

Ungeklärt war bislang, ob die Finanzverwaltung zur Verhinderung von Steuerausfällen, die in einstelliger Milliardenhöhe befürchtet werden, berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur nachzukommen, wenn der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (so BMF-Schreiben vom 26.07.2017, BStBl I 2017, 1001, Rz 15a). Diese Einschränkungen sind nach dem Urteil des BFH rechtswidrig.

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Entfallen der rechtswidrigen Besteuerung nicht von weiteren Bedingungen abhängig

Das materielle Recht mache das Entfallen einer rechtswidrigen Besteuerung nach § 13b UStG nicht von weiteren Bedingungen abhängig, stellten die Richter des obersten Finanzgerichts in der Entscheidungsbegründung fest. Der Anspruch auf Änderung der rechtswidrigen Steuerfestsetzung hänge nicht von einer für das Finanzamt bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit ab. Auf der Grundlage des für das Umsatzsteuerrecht maßgeblichen Sollprinzips könne dem materiellen Recht kein allgemeiner Grundsatz entnommen werden, dass der Leistungsempfänger eine bei ihm rechtswidrig nach § 13b UStG vorgenommene Besteuerung erst aufgrund einer einen Steueranteil umfassenden Zahlung an den Leistenden rückgängig machen könne. Bestätigt werde dies durch § 27 Abs. 19 UStG.

Kein treuwidriges Verlangen der Rückgängigmachung der Besteuerung

Die entscheidende Frage, ob der Bauträger treuwidrig handele, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlange, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat, verneinte der Bundesfinanzhof. Dieses Verlangen sei weder treuwidrig noch eine unzulässige Rechtsausübung. Es war die Finanzverwaltung, die aufgrund einer unzutreffenden Beurteilung den Anwendungsbereich auf Leistungsempfänger ohne Recht auf Vorsteuerabzug erweitert und die Klägerin als Bauträgerin rechtswidrig besteuert habe. Das Verlangen nach Korrektur dieser rechtswidrigen Besteuerung, ohne zuvor einen Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt zu haben, sei im Verhältnis zum Finanzamt (entgegen der vom BMF im Schreiben vom 26.07.2017 vertretenen Auffassung) nicht treuwidrig.

Quelle: PM des Bundesfinanzhofs Nr. 60 vom 14.11.2018

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht