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Der BGH verweist den Streit um das Design des aktuellen Porsche 911 zur weiteren Sachaufklärung an die Berufungsinstanz zurück (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)
Urheberrecht

BGH: Design-Streit um Porsche 911 geht weiter

ESV-Redaktion Recht
07.04.2022
Haben die Erben des ehemaligen Chefingenieurs von Porsche, Erwin Komenda, einen Anspruch auf angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Baureihe 991 des Porsche 911? Komenda hatte das Vorgängermodell, den Porsche 356, entworfen und damit die Grundlage für die Porsche-DNA gelegt, so die Erben. Nachdem diese mit ihrer Klage gegen Porsche in den Vorinstanzen gescheitert waren, hat sich nun der BGH damit befasst.
Beklagte in dem Streitfall ist die Porsche AG. Klägerin ist die Tochter von Erwin Komenda, dem früheren Leiter der Abteilung Karosserie-Konstruktion der Beklagten, der im Jahr 1966 verstarb. Komenda war mit der Entwicklung des Fahrzeugmodells Porsche 356 und mit dessen Nachfolgemodell Porsche 911 befasst. Während das Modell 356 ab 1950 produziert wurde, ging die Baureihe 991 des Modells 911 im Jahr 2011 in Serie. 

Klägerin: Beklagte hat wesentliche Gestaltungselemente des Porsche 356 und der Ursprungsmodelle des Porsche 911 übernommen

Die Klägerin verlangt von der Porsche AG eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der Baureihe 991 des Porsche 911. Sie stützt ihren Anspruch hauptsächlich auf § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG. Zu ihrem Anspruch trägt sie weiter vor, dass bei den Fahrzeugen der Baureihe 991 wesentliche Gestaltungselemente des Ursprungsmodells des Porsche 356 übernommen wurden. Zudem sei ihr Vater auch Urheber der Baureihe 991 des Porsche 911. 

OLG Stuttgart: Entwicklung der Baureihe 991 erfolgte in freier Benutzung

Die Klage blieb sowohl vor der Ausgangsinstanz – dem LG Stuttgart – als auch vor dem OLG Stuttgart als Berufungsgericht erfolglos. Die Berufungsinstanz ging davon aus, dass die aktuelle Baureihe 991 ein Werk der angewandten Kunst nach § 2 Absatz 1 Nr. 4 und Absatz 2 UrhG ist. Zwar habe die Klägerin bewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 in seiner Urform geschaffen hat und er somit nach § 7 UrhG deren Urheber ist.

Allerdings wurde die Baureihe 991 des Porsche 911 nach § 24 Absatz 1 UrhG in freier Benutzung der Gestaltung des Porsche 356 entwickelt, so das OLG Stuttgart weiter. Die Karosserieform des Porsche 356 war demnach lediglich eine Anregung für die neue Gestaltung. Aus einer derartigen Nutzung lässt sich dem OLG zufolge kein Anspruch auf eine angemessene Beteiligung herleiten. Zudem habe die Klägerin in Bezug auf die ursprüngliche Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 nicht bewiesen, dass ihr Vater deren (Mit)-Urheber sei. Das Berufungsgericht hatte die Revision allerdings zugelassen. Gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart zog die Klägerin anschließend vor den BGH.

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BGH: Endgültige Entscheidung noch nicht möglich

Der I. Zivilsenat des BGH hat das Urteil der Berufungsinstanz aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das OLG Stuttgart zurückverwiesen. Die wesentlichen Erwägungen des Senats: 

  • Gestaltungselemente von Porsche 356 und Baureihe des Porsche 911 zu verschieden: Ansprüche der Klägerin auf eine weitere angemessene Beteiligung bestehen nicht, soweit die Klägerin ihre Ansprüche aus Ähnlichkeiten des Porsche 356 mit der Baureihe 991 des Porsche 911 herleitet. Insoweit hatte das OLG festgestellt, dass die Merkmale, die den Urheberrechtsschutz beim Porsche 356 begründen, beim Porsche 911 nicht mehr wiederzuerkennen sind. Auf eine freie Benutzung im Sinne von § 24 UrhG a.F. bzw. 23 Absatz 1 Satz 2 UrhG n.F. kam es daher nicht an. 
  • Beweisangebot in Bezug auf Urheberschaft des Porsche 911 zu Unrecht abgelehnt: Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass ihr Vater Urheber der Gestaltung des Porsche 911 ist, hat der Senat das Urteil der Berufungsinstanz aufgehoben. Zu diesem Thema benannte die Klägerin ihren Ehemann als Zeugen. So soll ihr Vater gegenüber ihrem Ehemann – bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz – geäußert haben, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie sein Auto bzw. sein Entwurf wäre. Zwar kam ein entsprechender Beweisantrag erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist. Das OLG habe aber nicht geprüft, ob der Vortrag der Klägerin damit verfristet ist, so der Senat weiter. Diese Frage muss das Berufungsgericht nun selbst klären.
Quelle: PM des BGH vom 07.04.2022 zur Entscheidung vom selben Tag – I ZR 222/20  

Wichtige Rechtsgrundlagen 
§ 2 UrhG

§ 24 UrhG (weggefallen mit Wirkung zum 07.06.2021 aufgrund von Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes (UrhBiMaG)

Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

§ 32 a UrhG



Handbuch Urheberrecht

Das Berliner Handbuch Urheberrecht berücksichtigt besonders die für die Praxis wesentlichen Aspekte. Hervorzuheben sind dabei die digitalen Verwertungsmöglichkeiten. Die Autoren legten besondere Schwerpunkte auf folgende Themen:

  • Werkbegriff und seine Entwicklung,
  • Kleine-Münze und ihre ökonomische Komponente,
  • Schaffen eines Werks in Teamarbeit,
  • Fragen der Erschöpfung bei der elektronischen Verwertung,
  • Schrankenregelungen bei neuen medialen Entwicklungen,
  • Auswirkungen der Digitalisierung im Bereich der Leistungsschutzrechte,
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