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Wann dürfen heimliche Aufnahmen von Prominenten veröffentlicht werden? (Foto: Andrey Popov/Fotolia.com)
Allgemeines Persönlichkeitsrecht gegen öffentliches Interesse

BGH: Fotos von Klaus Wowereit sind nicht rein privat

ESV-Redaktion Recht
27.09.2016
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Veröffentlichung von drei Fotos des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, in der Bild-Zeitung rechtmäßig war.

Die Bilder, die heimlich aufgenommen wurden, zeigen den Kläger Klaus Wowereit beim Besuch eines bekannten Prominenten-Treffs in Berlin. Die „Bild” hatte die Fotos in ihrer Berlin-Ausgabe veröffentlicht. Der Bericht trug die Überschrift: „Vor der Misstrauensabstimmung ging´s in die Paris-Bar”. Die Bilder zeigen auch einen Freund Wowereits, den „Bread&Butter-Chef” und dessen Frau am Abend vor der Misstrauensabstimmung. In zugehörigen Bilduntzerschrift heißt es unter anderem: „Der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt ... und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar”.

Unter der Überschrift: „Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten” setzt sich dieselbe Seite dann mit dem politischen Leben des Klägers auseinander. Dort berichtet das Boulevardblatt ausführlich über die Amtsjahre des Klägers und seinen „Absturz”. Der Ex-Bürgermeister war wegen des Managements beim Bau des neuen Berliner Flughafens (BER) in die öffentliche Kritik geraten.

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Unterlassungsklage zunächst erfolgreich

Gegen die Veröffentlichung der Bilder erhob Wowereit erfolgreich Unterlassungsklage zum Landgericht Berlin (LG). Die Ausgangsinstanz meinte, es gehe der Zeitung nur um die Befriedigung von Neugier. Die Beklagte „Bild” hatte gemeint, dass die Fotos in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Misstrauensabstimmung über Wowereit am nächsten Tag standen. Die Fotos hätten einen politischen Hintergrund, weil sie den Unernst zeigen, mit dem Wowereit sein politisches Geschäft betrieben habe. Das Kammergericht Berlin schloss sich der Meinung des LG an und wies die Berufung Wowereits zurück. Der sechste Zivilsenat des BGH hatte die Revision der beklagten Bild-Zeitung zugelassen. 

BGH: Fotos zeigen, wie Wowereit mit drohendem Karriereende umgeht

Maßgebend für die Entscheidung sind in den Augen der Richter aus Karlsruhe die §§ 22 Satz 1 mit § 23 Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 KUG.

Zwar sei das Abendessen für sich genommen privat, so der BGH. Das Essen habe aber am Vorabend eines hochpolitischen Ereignisses stattgefunden. In diesem Kontext wäre die Veröffentlichung der Fotos auch ohne Einwilligung zulässig. Sie zeigten nämlich, wie Wowereit mit der hohen Belastung umgehe, nämlich ganz entspannt bei einem Drink.

Die beanstandete Berichterstattung verletzt dem Urteil zu Folge auch keine berechtigten Interessen des Klägers im Sinne von § 23 Absatz 2 KUG. Der Kläger werde in einer unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten Prominentenlokal abgebildet. Gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung durfte er nicht annehmen, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein, so das Gericht weiter.

Im Wortlaut:
§ 22 Satz 1 KUG 
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
§ 23 Absatz 1 Nr. 1 KUG
Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte.
§ 23 Absatz 2 KUG
Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten (...) verletzt wird.

Quelle: Pressemitteilung 167/2016 des BGH zum Urteil vom 27.09.2016 - AZ: VI ZR 310/14

Weiterführende Literatur
Der Berliner Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von  Prof. Dr. Karl Heinrich Friauf, LL.M., und Prof. Dr. Wolfram Höfling, M.A., arbeitet für Sie heraus, wie sich die einzelnen verfassungsrechtlichen Bestimmungen auf das einfache Recht und die praktische Rechtsarbeit auswirken. Das Werk folgt bei den einzelnen Erläuterungen einem einheitlichen Gliederungsraster und bietet dem Leser die Entwicklungslinien der Verfassungsbestimmungen einschließlich der dogmatischen und entstehungsgeschichtlichen Aspekte.

Das Buch Fotorecht, herausgegeben von Prof. Dr. Oliver Castendyk, bietet Ihnen konkrete Hilfestellung für praktische und rechtliche Herausforderungen bei Fotografie und Fotonutzung: Urheberrecht des Fotografen, Persönlichkeitsschutz, Besonderheiten der digitalen Fotografie, Vermarktung und Lizenzierung. Zudem beantwortet es viele Fragen, z.B.: Welche Rechte erhält der Fotograf? Wer darf ohne Einwilligung abgebildet werden? Darf die Fotografie veröffentlicht werden? Welche Besonderheiten sind im Internet zu beachten?

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht