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Das verbotene Abbrennen von Pyrotechnik in Fußballstadien führt immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen DFB, DFL, den Fan-Szenen und den Vereinen (Foto: Aleksandar/stock.adobe.com)
Sanktionen für Vereine durch den DFB im Profifußball

BGH: „Geldstrafen“ für Fußballvereine wegen Ausschreitungen von Fans sind rechtmäßig

ESV-Redaktion Recht
04.11.2021
Immer wieder fallen Fußballfans – oder solche die sich dafür halten – in den Stadien durch den Einsatz von Pyrotechnik auf. Oft „bestraft“ der DFB dann hierfür die Vereine. Doch ist dies überhaupt eine Strafe und ist diese Praxis rechtmäßig? Hierüber hat nun der BGH aktuell entschieden.
In dem Streitfall schloss die ausgegliederte Fußballprofiabteilung des FC Carl Zeiss Jena Anfang 2018 mit dem DFB einen Schiedsgerichtsvertrag ab. Die Kicker aus Jena spielten in der als Profiliga ausgerichteten dritten Bundesliga. Neben Sanktionen für das Fehlverhalten der Zuschauer des Klubs legte der Vertrag auch die Zuständigkeit des „Ständigen Schiedsgerichts für die dritte Liga beim Deutschen Fußballbund“ fest. Das Ständige Schiedsgericht kann unter anderem erst dann angerufen werden, wenn das DFB-Sportgericht oder das DFB-Bundesgericht endgültig entschieden haben. 
 
Später brannten Zuschauer des FC Carl Zeiss Jena bei zwei Heimspielen und einem Auswärtsspiel pyrotechnische Gegenstände ab und warfen Gegenstände in Richtung Spielfeld. Daraufhin verhängte das Sportgericht des DFB gegen den Klub eine Geldstrafe von 24.900 € und berief sich auf § 9a Nr. 1 und 2 der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung (DFB-RuVO).
 
Auch die Berufung des Klubs zum Bundesgericht des DFB blieb ohne Erfolg. Das Bundesgericht stütze sich dabei neben der verschuldensunabhängigen Haftung für die Vorfälle im heimischen Stadion auch auf eine eigene Verschuldenshaftung der Antragstellerin. Eine hiergegen gerichtete Klage des FC Carl Zeiss Jena wies das „Ständige Schiedsgericht“ dann im November 2019 ab.
 

OLG Frankfurt: „Ständiges Schiedsgericht“ des DFB ist ein echtes Schiedsgericht im Sinne der ZPO

Anschließend beantragte der Klub vor dem OLG Frankfurt am Main erfolglos, den obigen Schiedsspruch aufzuheben. Nach Auffassung der Frankfurter Richter ist das „Ständige Schiedsgericht“ ein echtes Schiedsgericht im Sinne der Regelungen über das schiedsrichterliche Verfahren nach den §§ 1025 ff. ZPO. Zudem verstoßen die Regeln der Verbandshaftung für ein Fehlverhalten Dritter nach § 9a DFB-RuVO nicht nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO gegen die öffentliche Ordnung. Hiergegen wiederum zog der Klub mit einer Rechtsbeschwerde vor den BGH.

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BGH: „Geldstrafe“ soll Anreiz für Präventionsmaßnahmen schaffen

Der I. Zivilsenat des BGH hat die Rechtsbeschwerde des Klubs gegen den Beschluss des OLG Frankfurt am Main zurückgewiesen. Nach Auffassung des Senats verstößt der Schiedsspruch des „Ständigen Schiedsgerichts für die dritte Liga beim Deutschen Fußballbund“ nicht gegen die öffentliche Ordnung. Die weiteren Erwägungen des Senats:
 
  • Geldstrafe ist keine Ahnung: Die „Geldstrafe“ gegen den Klub ist keine strafähnliche Sanktion. Sie soll nämlich nicht das Fehlverhalten des Clubs ahnden, sondern den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sicherstellen. Die Maßnahmen des Fußballklubs hätten nicht ausgereicht, um Ausschreitungen seiner Fans zu verhindern.
  • Geldstrafe als Anreiz für Präventionsmaßnahmen: Daher soll die „Geldstrafe“ den Klub dazu bewegen, in Zukunft alle Mittel einzusetzen, um beruhigend auf seine Anhänger einzuwirken, damit künftige Zuschauerausschreitungen verhindert werden können. Dies kann etwa durch ständige Kommunikation mit Fans geschehen. Zudem könnten dann situationsabhängig geeignete präventive Maßnahmen ergriffen werden, um die von den Fans ausgehenden Gefahren auf bestmögliche Weise zu verhindern.
  • Rechtsprechung des CAS: Die Einordnung der „Geldstrafe“ als präventive Maßnahme entspricht dem Senat zufolge auch der Auffassung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS). Auch danach soll das Ziel einer verschuldensunabhängigen Haftung keine Bestrafung des Vereins, sondern der Förderung von Prävention und Abschreckung dienen. 
  • Schiedsspruch verhältnismäßig: Nach den weiteren Ausführungen des Senats liegt auch keine eklatante Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor.  
Quelle: PM des BGH vom 04.11.2021 zum Beschluss vom selben Tag – I ZB 54/20


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Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht


Im Wortlaut: § 9a DFB-RuVO
Verantwortung der Vereine

1. Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich.

2. Der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.

§ 1059 Abs. 1, Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b ZPO - Aufhebungsantrag

(2) Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden, wenn das Gericht feststellt, dass
b) die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.


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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht