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BGH: Für Einnahmeausfälle aufgrund von Lockdowns haftet der Staat nicht über die Corona-Hilfen hinaus. (Foto: anzeigen / stock.adobe.com)
Entschädigung für Einnahmeausfälle aufgrund von Corona

BGH: Keine Entschädigungsansprüche aus dem IfSG gegen den Staat aufgrund des Lockdowns wegen Corona

ESV-Redaktion Recht
21.03.2022
Inwieweit muss der Staat für Einnahmeausfälle einstehen, die durch vorübergehende Betriebsschließungen aufgrund von Corona entstanden sind? Diese reichlich umstrittene Frage hat nun der BGH aktuell entschieden.
In dem Streitfall hatte der Inhaber eines Hotel- und Gastronomiebetriebs das Land Brandenburg auf eine Entschädigung verklagt. Das Land hatte am 22.03.2020 eine Corona-Eindämmungsverordnung erlassen, nach der Gaststätten für den Publikumsverkehr schließen mussten. Zudem wurde den Betreibern von Beherbergungsstätten untersagt, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen.

Demzufolge war der Betrieb des Klägers vom 23.03.2020 bis zum 07.04.2020 für den Publikumsverkehr geschlossen. Corona war vorher dort nicht aufgetreten und der Kläger erkrankte auch nicht. Im Zeitraum der Schließung bot er Speisen und Getränke im Außerhausverkauf an. Die Investitionsbank Brandenburg zahlte ihm auf der Grundlage eines staatlichen Soforthilfeprogramms 60.000 Euro als Corona-Soforthilfe aus.
 

Kläger: Entschädigungen für Gewinneinbußen sind verfassungsrechtlich geboten

Der Kläger leitet Entschädigungsansprüche für Umsatz- und Gewinneinbußen, die er durch Corona-Maßnahmen erlitten hat, aus dem Grundgesetz her.
 
Die Ausgangsinstanz, das LG Potsdam, hat eine entsprechende Klage gegen das Land Brandenburg auf Zahlung von 27.017,28 Euro abgewiesen. Der geltend gemachte Betrag setzte sich im Wesentlichen aus dem Verdienstausfall, nicht gedeckten Betriebskosten des Klägers sowie Arbeitgeberbeiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung zusammen. Auch seine Berufung gegen das Urteil der Ausgangsinstanz vor dem OLG Brandenburg hatte keinen Erfolg. Hiergegen zog der Kläger dann mit einer Revision vor den BGH.

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BGH: Keine weiteren staatlichen Entschädigungen für Einnahmeausfälle, die über die Corona-Hilfen hinausgehen

Der III. Zivilsenat des BGH hat die Revision zurückgewiesen. Nach Auffassung des Senats sehen die Entschädigungsvorschriften des IfSG für Gewerbetreibende, die wirtschaftliche Einbußen im Rahmen von Betriebsschließungen haben, keine Entschädigungsansprüche neben den staatlichen Sonder-Hilfsprogrammen vor. Die tragenden Gründe des Senats hierzu:
 
  • Kein Anspruch aus § 56 Ansatz 1 IfSG: Eine direkte Anwendung der benannten Norm scheidet aus, weil die Verbote, die im Verordnungsweg angeordnet wurden, sich an eine unbestimmte Zahl von Personen richten. Der Kläger wurde also nicht gezielt personenbezogen als infektionsschutzrechtlicher Störer in Anspruch angesprochen.
  • Kein Anspruch aus § 65 Abs. 1 IfSG: Ebenso wenig ergibt sich ein Entschädigungsanspruch aus § 65 Abs. 1 IfSG. Diese Norm ist nur bei Maßnahmen zur Verhütung von übertragbaren Krankheiten anwendbar, was sich laut Senat aus dem eindeutigen Wortlaut ergibt. Ein Fall der Verhütung liegt aber nicht vor, weil Corona sich zum Zeitpunkt des Erlasses der einschlägigen Verordnungen schon längst in Deutschland ausgebreitet hatte. Damit dienten die streitgegenständlichen Verbote also der Bekämpfung und nicht der Verhütung.
  • Keine analoge Anwendung der Normen der benannten Normen des IfSG mangels planwidriger Regelungslücke: Darüber hinaus meint der Senat, dass Hilfeleistungen für betroffene Wirtschaftsbereiche nicht von der Staatshaftung umfasst sind. Zwar lässt sich aus dem Sozialstaatsprinzip eine Pflicht zu Ausgleichsmaßnahmen herleiten. Deren nähere Ausgestaltung obliegt aber dem Gesetzgeber. Dieser Verpflichtung ist der Staat dem Senat zufolge mit seinen Hilfsprogrammen nachgekommen. Darüber hinaus entnimmt der Senat der Regelungssystematik zwischen den Hilfsprogrammen und den Entschädigungsnomen des IfSG, dass Unternehmer, die vom Lockdown betroffen sind, keine weiteren staatlichen Entschädigungen für Einnahmeausfälle verlangen können, die über die Corona-Hilfen hinausgehen. Damit, so so die Karlsruher Richter abschließend, liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor.
 
Quelle: PM des BGH vom 17.03.2022 zum Urteil vom selben Tag – III ZR 79/21


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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht