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Eltern können für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder durch Filesharing haften (Foto: escapejaja/Fotolia.com)
Filesharing über Familienanschluss

BGH: Wann Eltern den Namen ihrer Kinder offenbaren müssen

ESV-Redaktion Recht
07.04.2017
Müssen Eltern den Namen ihrer Kinder angeben, wenn diese im Internet über Tauschbörsen Urheberrechte Dritter verletzt haben? Hierüber und über die Frage, wann die Eltern selbst haften, hat vor kurzem der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Geklagt hatte die Inhaberin Verwertungsrechte an dem Musikalbum „Loud” der Künstlerin Rihanna. Die Klägerin verlangte von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500 Euro sowie Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 Euro wegen einer Urheberrechtsverletzung. Die streitgegenständlichen Musiktitel wurden über den Internetanschluss der Beklagten im Januar 2011 durch „Filesharing” öffentlich zugänglich gemacht. Allerdings hatten die Beklagten bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben und verwiesen auf ihre bereits volljährigen drei Kinder. Diese hätten in der fraglichen bei den Beklagten gewohnt und hätten jeweils eigene Rechner besessen. Zudem hätten alle drei Kinder zu dem mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt.

Im Verfahren hatten die Beklagten erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Urheberrechtverletzung begangen habe. Allerdings verweigerten die Beklagten nähere Angaben hierzu.

Instanzgerichte verurteilen beklagte Eheleute zum Schadenersatz

Das Landgericht hat die Beklagten zu einer Schadensersatzzahlung von 2.500 Euro und den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.

BGH: Beklagte genügen „sekundärer Beweislast” nicht

Die hiergegen gerichtete Revision hat der BGH zurückgewiesen. Dabei gingen die Richter des I. Zivilsenats davon aus, dass zunächst die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsverletzung trägt. Da die beklagten Eltern aber bestritten hatten, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben und ihre volljährigen Kinder noch bei ihnen wohnten, wendete der BGH die Grundsätze der sekundären Beweislast an. 

Exkurs: Beweislast
  • Beweislast gundsätzlich beim Anspruchsteller: Grundsätzlich muss der Anspruchsteller alle Tatsachen, die seinen Anspruch begründen, darlegen und beweisen. Vorliegend hätte also die Klägerin auch die Urheberrechtsverletzung durch den Anschlussinhaber beweisen müssen. 
  • Ausnahme - Vermutung der Täterschaft beim Anschlussinhaber: Ausnahmsweise darf das Gericht vermuten, dass der Anschlussinahber die Rechtsverletzung begangen hat, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den betreffenden Internetanschluss nutzen konnten. Diese Vermutung kann der Beklagte widerlegen.  
  • Sekundäre Beweislast: Hier kamen allerdings auch Familienangehörige als Täter in Betracht. In diesen Fällen trifft den Anschlussinhaber nach BGH-Auffassung die sekundäre Beweislast für die Umstände, die in seiner Sphäre liegen. Damit muss der Anschlussinhaber im Rahmen der Zumutbarkeit Nachforschungen zur Rechtsverletung anstellen und dem Kläger mitteilen, welche Erkenntnisse er über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. 

Die beklagten Eltern wussten allerdings bereits, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hatte. Sie weigerten sich aber, den Namen ihres Kindes preiszugeben. Somit kam es darauf an, ob die Offenbarung des Namens für die Eltern zumutbar war. Um die Grenzen der Nachforschungs-und Mitteilungspflichten im Rahmen der Zumutbarkeit auszuloten, hat der BGH dann folgende Interessen gegeneinander abgewogen:  

Interessen der Klägerin 

     Interessen der Beklagten       


Recht auf geistiges Eigentum nach
 
  • Art. 17 Absatz 2 EU-Grundrechtecharta
  • Art. 14 GG
  • Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf-> Art. 47 EU-Grundrechtecharta 
 Schutz der Familie nach 
  •   Art. 7 EU-Grundrechtecharta
  •   Art. 6 Abs. 1 GG . 

Preisgabe der Namen des Täters kann zumutbar sein

Bei der Abwägung gelangten die Richter aus Karlsruhe zu folgenden Ergebnissen:
  • Keine Nachforschungspflicht gegenüber dem Ehegatten: Ein Anschlussinhaber ist nicht dazu verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren oder gar dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. 
  • Namen der Kinder sind zu benennen: Hat der Anschlussinhaber jedoch bei den ihm obliegenden sonstigen Nachforschungen den Namen eines anderen Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, hält der BGH es für zumutbar, dessen Namen zu offenbaren, wenn der Anschlussinhaber eine eigene Verurteilung wegen Tätschaft vermeiden will.
Da die Eltern den Namen aber nicht offenbart hatten, blieb das Urteil der Ausgangsinstanz bestehen.  

Quelle: PM des BGH vom 30.03.2017 zum Urteil I ZR 19/16 vom 30.03.2017

Nachtrag der Redakion vom 16.10.2017: Der BGH hat die Entscheidung am 13.10.2017 im Volltext veröffentlicht.

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Weiterführende Literatur
Mit ihrem Werk WLAN und Recht zeigen die Autoren Dr. Thomas Sassenberg und Dr. Reto Manz die je nach Betreibermodell entstehenden Rechtsfragen und daraus resultierende Handlungsoptionen. Nach einer allgemeinen und einer technischen Einführung werden die aus dem Telekommunikationsrecht für den Betreiber folgenden Anforderungen dargelegt.

Das Berliner Handbuch Urheberrecht, herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Marcel Bisges, bietet eine umfassende Darstellung des Urheberrechts. Dabei geht das Werk vor allem auf die Aspekte ein, die für die Praxis wesentlich sind. Besonders hervorzuheben sind die digitalen Verwertungsmöglichkeiten. Zudem bezieht es die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie die jüngste europäische Richtlinien-Gesetzgebung mit ein.

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht