BGH zur Beweislast bei Heizkostenabrechnung
Mieter: Angeblicher Verbrauch nicht plausibel
Der Abrechnung zufolge hatten die Mieter damit nahezu die Hälfte der Heizenergie des ganzen Wohnhauses verbraucht. Ihr Anteil an der Gesamtfläche des Hauses war allerdings kleiner als 13 Prozent. Die Mieter forderten den klagenden Vermieter deshalb im Vorfeld des Rechtsstreits erfolglos dazu auf, auch die Ablesewerte der anderen Mieter einzusehen. Daraufhin beanstandeten die Beklagten die Abrechnungswerte als nicht plausibel im Sinne von § 556 Absatz 3 Satz 1 BGB und bestritten den vom Vermieter vorgetragenen Verbrauch. Dieser, so die Mieter, würde in der Höhe auffällig von der Wohnflächenverteilung abweichen, so dass diese die Nachzahlung verweigerten.Der kostenlose Newsletter Recht |
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Landgericht Darmstadt: Außergewöhnliche Höhe der Heizkosten unerheblich
Die Vorinstanzen hatten die Mieter allerdings zur Nachzahlung verurteilt. Vor allem die Berufungsinstanz - das Landgericht (LG) Darmstadt - stützte sich in Wesentlichen auf folgende Argumente:- Außergewöhnliche Heizkostenhöhe unerheblich: Die Mieter hätten konkret darlegen müssen, warum die berechneten Heizkosten der Höhe nach unberechtigt seien. Daran würde auch die außergewöhnliche Höhe der Heizkosten nichts ändern.
- Verbrauch der Nachbarn nicht entscheidend: Ebenso wäre nicht nachvollziehbar, welche Vorteile die Beklagten aus der Einsichtnahme in die Belege der anderen im Haus befindlichen Mietwohnungen hätten.
Im Wortlaut: § 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten |
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. (..) (3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen (…) |
BGH: Volle Beweislast für Richtigkeit bei Vermieter
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) schloss sich der Meinung der beklagten Mieter an. Der Senat hob das Berufungsurteil auf und wies die Zahlungsklage der Vermieterin ab. Diese ist dem Richterspruch zufolge derzeit unbegründet, wobei der BGH folgende Überlegungen anstellte:- Verständliche Abrechnung: Die Abrechnung des Vermieters muss nach § 556 Absatz 3 Satz 1 BGB eine aus sich heraus verständliche geordnete Zusammenstellung der zu den umzulegenden Betriebskosten im Abrechnungsjahr getätigten Einnahmen und Ausgaben enthalten.
- Nachprüfbarkeit: Die Abrechnung muss dem Mieter ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen.
- Beweislast beim Vermieter: Hierzu haben die Karlsruher Richter nun klargestellt, dass der Vermieter die volle Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seiner Forderung hat. Insofern hielt der VIII. Zivilsenat auch die Auffassung des Berufungsgerichts für verfehlt, den Mietern die Verpflichtung aufzuerlegen, objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte vorzutragen, aus denen sich die Unrichtigkeit der streitigen Verbrauchswerte ergibt - wie zum Beispiel Leitungsverluste.
- Einsicht in sämtliche Abrechnungsunterlagen: Zudem muss der Vermieter dem Mieter auf Verlangen des Mieters Einsicht in sämtliche Abrechnungsunterlagen gewähren.
- Kein besonderes Interesse für Einsicht in Verbrauchswerte des Nachbarn erforderlich: Dem Senat zufolge gehört hierzu auch die Einsicht in Verbrauchswerte der Nachbarn, soweit dies der sachgerechten Prüfung der Nebenkostenabrechnung oder der Vorbereitung etwaiger Einwendungen dient. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist hierfür auch kein besonderes Interesse an der Belegeinsicht notwendig. Vielmehr ergibt sich dies dem BGH zufolge aus dem allgemeinen Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht