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Über Smart Contracts würden Stromgeschäfte ohne zentrale Zwischeninstanz abgewickelt (Foto: Brovarky/Fotolia.com)
Smart Contracts statt Regulierung?

Blockchain - die Stromtrasse zum Nachbarn

ESV-Redaktion Recht
22.11.2016
Strom direkt vom Biogas-Bauern kaufen oder beim Nachbarn? Bisher ist dies noch weitgehend Utopie. Blockchain - die Technologie hinter Bitcoin - könnte dies bald für alle Verbraucher möglich machen und damit den Strommarkt revolutionieren.
Entwickelt wurde diese Technologie ursprünglich, damit sich die digitale Währung Bitcoin über das Internet transferieren lässt. So gibt es inzwischen eine wachsende Anzahl an Diensten und Händlern auf der ganzen Welt, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren. Diese Technologie lässt sich auch im Energiemarkt anwenden. Aus Bitcoins würden dann Kilowattstunden.

Was sind Bitcoins?
  • Bitcoins sind eine virtuelle Währung, die aus berechneten und verschlüsselten Datenblöcken besteht. Die einzelnen Bitcoins landen in dem einem virtuellen Geldbeutel, dem persönlichen „Wallet” des betreffenden Nutzers. Die Summen, die sich in den Wallets befinden, werden von einem weltweiten Computernetzwerk verwaltet.
  • Übertragen lassen sich Bitcoins, ohne dass Banken oder andere Zwischeninstanzen beteiligt sind. Dies, so die Idee der Entwickler, würde die Transaktionskosten drastisch senken. 

Was Blockchain kann

Blockchain-Technologie kann vor allem Aufgaben übernehmen, die bisher zentrale Institutionen abgewickelt haben. 

Beim Strom übernehmen Netzbetreiber oder Zwischenversorger diese wesentlichen Aufgaben heute noch. Sie erfassen, wie viel Strom produziert und verbraucht wird. Dabei sind die Einspeisung in das Stromnetz und der Verbrauch zwei voneinander getrennte Prozesse in getrennten Abrechnungssystemen.

Im konventionellen Bereich funktioniert dieser dezentrale Vertrieb, weil die Vertragspartner alles voneinander wissen, was sie wissen müssen: Wer will was kaufen oder verkaufen? Was kostet zum Beispiel ein Kilo Kartoffeln? 

Blockchain hingegen funktioniert wie eine Art Register. Dieses hält die notwendigen Daten für alle bereit, die sich an solchen Geschäften beteiligen möchten.

Mit Blockchain kann der Kunde dann nicht nur bestimmen, ob er sich generell für Ökostrom entscheidet oder nur Strom von einem bestimmten Großanbieter beziehen will. Er könnte auch Strom direkt vom Nachbarn beziehen und hierbei nach Zeit und Menge differenzieren. Insoweit ist oft auch die Rede vom Peer-to-Peer-Handel.

Direkte Abwicklung des Stromgeschäfts durch Smart Contracts

Neu ist, dass der Stromproduzent und dessen Kunde auch die Abrechnung und Bezahlung direkt untereinander abwickeln, und zwar ohne Zwischenversorger. Hierbei laufen die Daten autonom zwischen den Geräten der Vertragspartner hin und her. Dabei werden die Verträge direkt über sogenannte Smart Contracts per Computer abgewickelt. Smart Contracts sind Verträge, die aktiv selber einzelne Aktionen ausführen, die dort geregelt sind. So könnte ein Smartcontract zum Beispiel automatisch die Stromlieferung einstellen, wenn der Kunde mit seinen Zahlungen in Verzug ist und die sonstigen rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. 

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Was für Blockchain spricht

Befürworter von Blockchain sehen entscheidende Vorteile gegenüber dem bisherigen konventionellen Handel. Für den Strommarkt würde dies folgendes bedeuten:   
  • Schnellerer und günstiger Datentransfer.
  • Flexible Reaktionsmöglichkeiten aller Akteure am Markt.
  • Individueller Strommix für Kunden: Der Kunde kann flexibel und sehr konkret bestimmen, welche Art von Strom er kaufen will und sich seinen persönlichen Mix zusammenstellen.
  • Größere Privatsphäre für Kunden.

Blockchain: Viele Fragen bleiben offen

Dennoch sind längst nicht alle Fragen geklärt. Hier die wichtigsten offenen Punkte:
  • Keine Standards für Datenquellen: Kritiker meinen, dass es gegenwärtig kaum Standards für zuverlässige Datenquellen gibt.  
  • Sicherheitsfragen: Zudem gibt es Vorbehalte gegen die Sicherheit von Blockchain. Danach besteht bei einer dezentralen Organisation vor allem die Gefahr, dass im Notfall keine zentrale Institution, wie zum Beispiel zwischengeschaltete Versorger oder Übertragungsnetzbetreiber, helfen können.
  • Bilanzkreis: Einbeziehung der Prosumer in den Bilanzkreis?

Blockchain als Zukunft der Energiewirtschaft?

Ob Blockchain die Energiewirtschaft allerdings tatsächlich so stark verändern wird, lässt sich kaum vorhersagen. Dazu steckt diese Technologie noch zu sehr in den Kinderschuhen.

Wie die FAZ in ihrer Online-Ausgabe vom 02.08.2016 berichtet, wurde in New York im April 2016 zum ersten Mal Strom zwischen Nachbarn mittels Blockchain gehandelt. Seitdem versorgen Anwohner einer Straßenseite der President Street Bewohner der anderen Seite mit selbsterzeugtem Strom. Damit deutet sich zumindest an, dass die Idee eines dezentralen Strommarktes funktionieren kann.

Weiterführende Literatur
  • In seinem zweiten Sondergutachten, Den Strommarkt der Zukunft gestalten, widmet sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) dem Strommarkt der Zukunft. Danach wird mehr Markt für die Koordination der vielen dezentralen Entscheidungen unerlässlich sein. Im Lichte einer Langfristvision für einen Strommarkt der erneuerbaren Energien entwickelt der SRU Vorschläge für einen Übergang, der kontinuierliches Wachstum der erneuerbaren Energien, mehr Effizienz, Versorgungssicherheit und eine bessere politische Steuerung der Energiewende gewährleistet.
  • Im Berliner Kommentar EEG, 4. Auflage, herausgegeben von Frenz/Müggenborg/Cosack/Ekardt, erläutern Ihnen versierte Experten anschaulich und praxistauglich die weitverzweigten Regeln. Gleiches gilt für den aktuell erschienenen Berliner Kommentar EEG II zu den Anlagen und Verordnungen, herausgegeben von Prof. Dr. Walter Frenz. Im Kommentarpaket empfehlen sich beide Werke als verlässliche Begleiter durch das Regelungsregime des EEG.

(ESV/bp)

Programmbereich: Energierecht