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Bräutigam: „Die CFOs haben an Lösungen von der Stange ein großes Interesse” (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Prof. Dr. Peter Bräutigam

Bräutigam: „Die Lösung kommt quasi aus der Steckdose“

ESV-Redaktion Recht
11.03.2019
Auch Unternehmen müssen nicht alles selber machen. Outsourcing ist hier das Zauberwort. Über die rechtlichen, technischen und praktischen Schwierigkeiten beim Outsourcing und Cloud-Computing hat sich die ESV-Redaktion mit RA Prof. Dr. Peter Bräutigam in einem dreiteiligen Interview unterhalten.
Während in Teil 1 einige Begrifflichkeiten beim Outsourcing und die Vertragsgestaltung im Vordergrund stehen, geht es in Teil 2 vor allem um Cloudcomputing. Die Interview-Reihe schließt im dritten Teil mit Fragen der Künstlichen Intelligenz.

Herr Prof. Dr. Bräutigam, alles redet vom Outsourcing. Was ist das eigentlich?

Dr. Peter Bräutigam: „Konzentriere Dich aufs Kerngeschäft und lagere alles andere aus“, so lautet schon längst die Maxime vieler Unternehmen. Dies geschieht hauptsächlich im Sektor der Informationstechnologie, dort vor allem im Bereich Hardware aber längst auch schon im Softwarebereich. Darüber hinaus sind aber auch ganze Businessprozesse vom Outsourcing betroffen. Mit dem Cloud-Computing hat sich dieser Trend verstärkt. Dort werden viele Software-Applikationen als Commodity angeboten, die keine Unique Selling Points, also herausragende Leistungsmerkmale des jeweils auslagernden Unternehmens sind.

Commodity lässt sich umschreiben als Standardisierung. Welche Unternehmensbereiche sind denn hautsächlich davon betroffen?

Dr. Peter Bräutigam: Hierzu gehören Hosting, Computerwartung, Callcenter, Softwarebereitstellung, Internettelekommunikation, Voice over IP, Netzwerkdienste und viele weitere Services.
 
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Liegt darin nicht auch die Gefahr, dass Unternehmen Betriebsgeheimnisse preisgeben?

Dr. Peter Bräutigam: Ganz klar – dort wo das Unternehmen einen seiner Business-Prozesse – wozu z.B. auch die Rechnungsstellung oder das E-Mail-System mit der gesamten internen Kommunikation gehören – auslagert, gibt es natürlich auch Risiken. Denn die interne E-Mailkommunikation eines Unternehmens beinhaltet oft auch dessen Geschäftsgeheimnisse. Dann ist sicherzustellen, dass etwaiges Know-how nicht an die Öffentlichkeit gerät.

Wie stellt die Praxis dies sicher?

Dr. Peter Bräutigam: Dies geschieht auf drei Ebenen. Erstens mit dem Aufbau, der Konsolidierung und Optimierung einer IT-Infrastruktur, durch die die Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter oder systembedingten Ausfällen geschützt werden. Zweitens muss auch der störungsfreie Austausch der Daten zwischen Kunden und Anbieter sichergestellt werden. Drittens auf Ebene der vertraglichen Regelungen, etwa durch Vertraulichkeitsvereinbarungen, Auftragsverarbeitungsvereinbarungen im Hinblick auf personenbezogene Daten oder Verpflichtungen zur Einhaltung IT-sicherheitsrechtlicher Vorgaben.

Da sind wir beim Thema Vertragsgestaltung. Wo liegen beim Outsourcing die Besonderheiten?

Dr. Peter Bräutigam: Vor allem ist sehr viel zu dokumentieren, etwa durch Rahmenverträge und einzelne Leistungsscheine, die man zu-oder wegbuchen kann. Hinzu kommen sog. Service-Level-Agreements (SLA), die das Niveau der Leistungserbringung des Anbieters vorgeben. Die SLAs enthalten Einzelheiten, wichtige Vorgaben und Parameter, wie etwa die Verfügbarkeit und tolerierten Ausfallzeiten der Services, Antwortzeiten des Callcenters bei Störungen und natürlich auch Sanktionen für das Nichterreichen des vereinbarten Leistungsniveaus oder der weiteren Zielvorgaben.

Service-Level-Agreements können den Vertragstyp bestimmen

Welche Rolle spielen dabei die Vertragstypen des BGB?

Dr. Peter Bräutigam: Jeder Vertrag orientiert sich zunächst natürlich an den Grundtypen, die das BGB zur Verfügung stellt. Beispielsweise lassen sich Callcenterleistungen als Dienstvertrag, die Softwareentwicklung als Werkvertrag oder das Hosting als Mietvertrag qualifizieren. In diesem Zusammenhang sind auch die SLAs interessant. Die SLAs definieren das Niveau der zu erbringenden Leistung. Welche Art an Leistung geschuldet wird – etwa ein bloßes Tätigwerden bei einem Dienstvertrag oder ein abgrenzbarer Erfolg bei einem Werkvertrag – ergibt sich daraus zunächst nicht. Allerdings können die Service-Level-Agreements Einfluss auf die vertragstypologische Einordnung von Rahmenvertrag und Leistungsschein haben, wenn die vertraglich festgelegten Leistungsstandards ein Niveau fordern, das ein Umschlagen in eine neue rechtliche Vertragskategorie (etwa vom Dienst- zum Werkvertrag) nach sich zieht.

IT-Outsourcing und Cloud-Computing

Beim Anblick einer Wolke fühlen wir eher mit denen, die mit dem Wetter weitaus weniger Probleme haben als mit den Unwägbarkeiten, die Cloud-Computing und IT-Outsourcing mit sich bringen. Mit dem Standardwerk sind Sie auf alle Eventualitäten bestens vorbereitet.

Dieses Buch, herausgegeben von Dr. Peter Bräutigam, ist ist nach wie vor die einzige umfassende Darstellung der juristischen Zusammenhänge in den Bereichen IT-Outsourcing und Cloud-Computing. Neben technischen und wirtschaftlichen Aspekten werden alle rechtlichen Problemfelder praxisnah und präzise behandelt: im Arbeits-, Urheber, Steuer-, Straf-, Bank- und Datenschutzrecht. 

Die meisten Autoren sind versierte Praktiker. Daher wissen sie, welche Arbeitshilfen notwendig sind, um Ihnen die Umsetzung in der Praxis zu erleichtern, etwa:

  • zahlreiche Grafiken und Checklisten
  • viele Tipps zur Verhandlung und Vertragsgestaltung
Zur Person
Prof. Dr. Peter Bräutigam ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht. Als  Partner der Kanzlei Noerr LLP berät er in allen Fragen des IT-Rechts und der Digitalisierung/Industrie 4.0. Zudem ist er Honorarprofessor für Medien- und Internetrecht an der Universität Passau sowie Dozent für IT-Recht.

Macht das SLA einen Vertrag in diesem Fall also zu einem Werkvertrag?

Dr. Peter Bräutigam: Das wäre im Extremfall möglich, im Allgemeinen ist das aber nicht so. Der Vertragstyp bemisst sich nach der Hauptleistungspflicht und der SLA qualifiziert diese, etwa durch den Grad einer festgelegten Verfügbarkeit eines Hostings oder durch sogenannte Package-Loss-Rates. Es kommt letztlich immer darauf an, ob der Schuldner zur Herbeiführung eines bestimmten Arbeitserfolgs verpflichtet wird. Dieser Erfolg muss sich von der Verpflichtung zu einem bloßen Tätigwerden abgrenzen lassen.

Kurze Zwischenfrage: Was sind Package-Lost-Rates?

Dr. Peter Bräutigam: Hierunter versteht man die Festlegung des anteiligen Datenverlustes, der beim Transport von Datenpaketen innerhalb eines Netzwerkes gerade noch vertraglich zulässig ist. Die Vorgaben variieren von Netzwerk zu Netzwerk.

fahren wir fort mit den Vertragstypen und den SLAs.

Dr. Peter Bräutigam: Der Charakter der Vereinbarungen richtet sich wie gesagt in erster Linie nach den Leistungen in dem jeweiligen Leistungsschein, wie beispielsweise, Miete für Hosting-Vereinbarungen, Werkvertrag für Softwareentwicklung oder Dienstvertrag für Hotline, Rechenzentrum usw. Die vertragstypische Einordnung wird also auf der Leistungsscheinebene vorgenommen. Nur ausnahmsweise können die SLA den Typus der Leistung umqualifizieren.

„Standardisierung hat Standardverträge zur Folge“

Warum sind denn Outsourcing und vor allem das Cloud-Computing so beliebt?

Dr. Peter Bräutigam: Früher war Outsourcing ein sehr individuelles Geschäft. Vor allem Großkonzerne, die sich das leisten konnten, lagerten ihre gesamte IT aus. Der Trend geht nun allerdings stark in Richtung Commodity und Standardisierung. Vor allem beim Cloud-Computing sieht man heute kaum noch individuelle Services. Die großen Cloud Anbieter beispielsweise bieten für die Bedürfnisse ihrer Kunden ein breites Spektrum standardisierter Module an, die man so erwerben kann oder nicht. Individualisierung findet kaum noch statt – die Lösung kommt quasi aus der Steckdose.

Die CFOs haben an diesen Lösungen von der Stange ein großes Interesse, weil sie wesentlich günstiger sind als eine individuell zugeschnittene IT. Die verbreitete Folge der Standardisierung ist, dass die Verträge nicht mehr bis ins letzte Detail individuell ausgehandelt werden, sondern auf Standardverträge zurückgegriffen wird.

Lesen Sie 

in Teil 2 des Interviews: „Cloud-Computing ist die Demokratisierung der Digitalisierung“
  • mehr über die Gefahr einer Monopolisierung durch Outsourcing und die Cloud,
  • warum der Markt für Cloud-Computing weiter wachsen wird,
  • wie es um die Datensicherheit und das Risikomanagement der Unternehmen bestellt ist.
In Teil 3:„Die Stärke der KI ist der Mustervergleich“
  • mehr über den Einsatz von KI und die damit verbundenen Konsequenzen
  • was bei der Beratung wichtig ist
  • was Berufsanfänger beachten sollten

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht