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BSG: Die Approbation begründet die Vermutung, dass eine Person, die an einer Behandlung mitwirkt, die notwendige medizinische Mindestqualifikation hat (Foto: Kzenon / stock.adobe.com)
Leistungen eines falschen Arztes

BSG: Keine Vergütung für Behandlung durch vermeintlichen Arzt, der seine Approbation erschlichen hat

ESV-Redaktion Recht
02.05.2022
Kann ein Krankenhaus für eine Behandlung, an der ein Nicht-Arzt als vermeintlicher Arzt mitgewirkt hat, von der Krankenkasse eine Vergütung verlangen? Grundsätzlich nicht, sagt das BSG. Es ist aber zu prüfen, ob es selbstständige Behandlungsabschnitte gibt, an denen der vermeintliche Arzt nicht mitgewirkt hat und die ggf. zu vergüten sind.     
In dem Streitfall wirkte eine Person, die keine ärztliche Prüfung abgelegt hatte, an der Behandlung eines Patienten mit. Seine ärztliche Approbation erschlich sich der vermeintliche Mediziner durch die Vorlage von gefälschten Zeugnissen. Das Krankenhaus hatte ihn im Vertrauen auf eine echte behördliche Approbationsurkunde als Arzt beschäftigt. Nachdem die Täuschung aufgeflogen war, nahm die zuständige Behörde die erschlichene Approbation zurück. Außerdem wurde der falsche Mediziner wegen Körperverletzung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
 
Als auch die Krankenkasse davon erfuhr, verlangte diese von dem Krankenhaus die von ihr gezahlte Vergütung für die Behandlungen, an denen der vermeintliche Arzt mitgewirkt hatte, zurück. Eine spätere Klage der Krankenkasse hatte die Ausgangsinstanz, das SG Aachen, abgewiesen. Demgegenüber verurteilte das LSG Nordrhein-Westfalen das Krankenhaus zur Erstattung der gesamten Vergütung für die Behandlungsfälle ab 2012. Hiergegen wendete sich das beklagte Krankenhaus mit einer Revision zum BSG.

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BSG: Vergütung für abgrenzbare Behandlungen, an denen der vermeintliche Arzt nicht beteiligt war, ist möglich

Der 1. Senat des BSG ist der Auffassung, dass das Krankenhaus die rechtsgrundlos gezahlte Vergütung erstatten muss. Allerdings ist der Umfang des Erstattungsanspruchs nicht geklärt. Möglicherweise gibt es abgrenzbare Teile der Behandlung, an denen der falsche Arzt nicht mitgewirkt hat. Insoweit hat der Senat das Verfahren an das LSG zurückverwiesen. Die weiteren Erwägungen des Senats:
 
  • Arztvorbehalt steht Vergütungsanspruch entgegen: Für ärztliche Behandlungen, an denen ein Nicht-Arzt mitgewirkt hat, kann das Krankenhaus keinen Vergütungsanspruch geltend machen. Voraussetzung für eine Vergütung ist dem Senat zufolge unter anderem die Approbation. Diese spricht belegt dass die jeweilige Person die medizinische Mindestqualifikation hat. Ohne Approbation liegt neben einem Verstoß gegen das Qualitätsgebot zudem eine Verletzung des Arztvorbehalts vor.  
  • Mangelfreie Leistung unerheblich: Ob die von einem Nicht-Arzt erbrachten Leistungen mangelfrei waren, ist nach Senatsauffassung unerheblich. Gleiches gilt für die Frage, ob an den jeweiligen Behandlungen noch weitere Personen beteiligt waren. Krankenhausbehandlungen, so der Senat weiter, sind nämlich stets komplexe Gesamtleistungen, die mit Fallpauschalen vergütet werden.
  • Aber – kein Vergütungsausschluss für abgrenzbare Behandlungsteile: Etwas anderes gilt für selbstständige Behandlungsabschnitte, an denen der Nicht-Arzt nicht beteiligt war, denn insoweit liegt kein Rechtsverstoß vor.
Die Berufungsinstanz muss nun feststellen, ob es bei den betreffenden Behandlungen eigenständige und abgrenzbare Behandlungsabschnitte gegeben hat, an denen der vermeintliche Arzt nicht mitgewirkt hat.
 
Einen Schadenersatzanspruch wegen einer eigenen schuldhaften Pflichtverletzung des Krankenhauses schloss der Senat allerdings aus. Demnach durfte das Krankenhaus auf die Richtigkeit der Approbation vertrauen und musste die Qualifikation des vermeintlichen Arztes bei der Einstellung nicht prüfen. Ob das Krankenhaus sich das Verschulden des Nicht-Arztes zurechnen lassen muss, ließen die Richter aus Kassel offen.

Quelle: PM des BSG vom 26.04.2022 zur Entscheidung vom selben Tag – B 1 KR 26/21 R


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