BSG: Pflegefachkräfte sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig
Betroffen waren vor allem Tätigkeiten von staatlich anerkannten Altenpflegern bei zugelassenen Pflegeheimen in der stationären Pflege – und zwar sowohl im Tag-, als auch im Nacht- oder Wochenenddienst.
Deutsche Rentenversicherung Bund: Betroffene sind sozialversicherungspflichtig
Auslöser der Rechtstreitigkeiten waren Statusfeststellungsverfahren der Deutsche Rentenversicherung Bund. Diese nahm bei den betroffenen Pflegekräften eine Sozialversicherungspflicht an, weil diese Pflegekräfte in den Betrieb der jeweiligen Pflegeheime eingegliedert und weisungsgebunden waren. Danach lagen unternehmerische Risiken, die die Tätigkeiten prägen würden, nicht vor. Die hiergegen gerichteten Klagen vor den Instanzgerichten blieben ohne Erfolg, so dass die jeweiligen Träger der Pflegeheime Revisionen zum BSG einlegten.Kläger: Einsatz von Honorarkräften ist Folge des Fachkräftemangels
In den Verfahren hat die Klägerseite vorgetragen, dass der Einsatz von Honorarkräften unter anderem Folge eines Fachkräftemangels im Gesundheitswesen wäre.Im Wortlaut: § 7 Absatz 1 SGB IV |
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. |
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BSG: Pflegekräfte unterliegen im Regelfall der Sozialversicherungspflicht
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf den Vortrag der Klägerseite Stellungnahmen von Verbänden und Kostenträgern eingeholt. Unter anderem vom Bundesverband der Honorarärzte, dem Marburger Bund, von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Deutschen Pflegerat sowie vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen.Im Ergebnis folgte der Senat im Wesentlichen den Argumenten der Deutschen Rentenversicherung. Danach sind Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen regelmäßig nicht selbstständig. Vielmehr unterliegen sie als Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht.
Die tragenden Gründe des Senats
- Regelfall – Einbindung in Organisations- und Weisungsstruktur: Bei der Gewichtung der Indizien zur Bewertung der Versicherungspflicht sind regulatorische Vorgaben zu berücksichtigen. Diese führen regelmäßig dazu, von einer Eingliederung der Pflegefachkräfte in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung auszugehen.
- Keine unternehmerischen Freiheiten: Bei der konkreten Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung sind unternehmerische Freiheiten kaum denkbar.
- Selbstständigkeit nur ausnahmsweise: Eine Selbstständigkeit kann nur bei gewichtigen Indizien angenommen werden. Hierfür reichen bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung nicht aus. Dies gilt dem Senat zufolge etwa für das Auswahlrecht der zu pflegenden Personen. Gleiches gilt für die Reihenfolge der einzelnen Pflegemaßnahmen.
- Vollständige Eingliederung auch im Leitfall: Die beigeladene Pflegefachkraft hatte ihre Arbeitskraft vollständig eingegliedert in einen fremden Betriebsablauf eingesetzt – und zwar vergleichbar wie Pflegefachkräfte, die in dem betreffenden Pflegeheim angestellt waren.
- Fachkräftemangel unerheblich: An diesem Ergebnis änderte auch der Fachkräftemangel nichts. Dem Senat zufolge sind die sozialrechtlichen Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht auch in Mangelberufen nicht zu suspendieren. Diese dienen nicht nur dem einzelnen Versicherten, sondern auch der Versichertengemeinschaft, mit dem Ziel, die Attraktivität des Pflegeberufs zu ermöglichen.
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Redaktion: Dr. Ursula Schweitzer, Dr. Linda Nehring-Köhler, Bernd Preiß |
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(ESV/bp)
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung