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Eine App könnte dabei helfen, Kontakte mit Corona-Infizierten leichter zu verfolgen (Foto: rcfotostock / stock.adobe.com)
PinG-Podcast „Corona im Rechtsstaat“

Bundesdatenschutzbeauftragter Kelber: Nutzung der Corona-App sollte nicht mit Gewährung von exklusiven Vorteilen verbunden werden

ESV-Redaktion Recht
05.05.2020
Ist die geplante Corona-App der Bundesregierung mit dem Datenschutz vereinbar? Wann ist ihre Nutzung wirklich freiwillig? RA Prof. Niko Härting hat sich mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber in Folge 7 des PinG-Podcasts „Corona im Rechtsstaat“ über die geplante Tracking-App zur Eindämmung der Corona-Pandemie unterhalten.
Nach einem positiven Test auf COVID-19 spürt das Gesundheitsamt derzeit mühsam über Befragungen die Kontakte des Infizierten auf, mit dem Ziel, Infektionsketten nachzuvollziehen und zu unterbrechen. Dies soll die Ausbreitung des Coronavirus bremsen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten und Zeit bis zur Entwicklung eines Impfstoffes zu gewinnen. Eine sogenannte „Tracing“ oder „Tracking“-App soll Befragungen nun vereinfachen und effizienter machen. Nach Möglichkeit soll durch die App sogar eine „vollständige Kontaktverfolgung“ erreicht werden.

 „Contact Tracing“ vs. Datenschutz?

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber berät Entwickler und Politiker bei der Entwicklung einer solchen Corona-App in Bezug auf datenschutzrechtliche Fragestellungen. Rechtsanwalt Prof. Niko Härting führte mit ihm ein Gespräch über die Vereinbarkeit solcher digitalen Lösungsansätze mit den Grund- und Bürgerrechten.

Zu den Personen:
  • Ulrich Kelber ist Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Er hat Informatik sowie Biologie studiert und saß von 2000 bis 2018 für die SPD im Deutschen Bundestag. Seit 2019 ist er Honorar-Professor für Datenethik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
  • Prof. Niko Härting ist Rechtsanwalt in Berlin mit den Tätigkeitsschwerpunkten IT-Recht und Berufsrecht. Er ist Herausgeber der Zeitschrift PinG Privacy in Germany, die im Erich Schmidt Verlag erscheint.

Methode muss verhältnismäßig sein

Zu den diskutierten technischen Maßnahmen gehören insbesondere der Zugriff auf Mobilfunkdaten sowie die Nutzung von GPS- oder Bluetooth-Apps. Mittels der Mobilfunkdaten der Provider kann der Standort des Handynutzers ermittelt werden. Der Lokalisierung würde auch die Verwendung einer GPS-App dienen. Eine Bluetooth-App soll hingegen erkennen, welche anderen Bluetooth-Geräte sich in der Nähe befinden und dies protokollieren. Wenn ein Handynutzer positiv auf den Coronavirus getestet wird, kann dann eine Nachverfolgung stattfinden. Auf dieser Bluetooth-Methode basiert beispielweise auch das Projekt PEPP-PT.

„Die Qualität eines Rechtsstaates misst sich daran, dass man ihn nicht sofort wegwirft, wenn irgendetwas passiert“

Ein Zwang zur Nutzung einer Corona-App führt laut Kelber aber zu zahlreichen Problemen. Er erklärt daher, weshalb er nichts von einer solchen Nutzungsverpflichtung hält und was eine „freiwillige“ Benutzung eigentlich wirklich bedeutet. Hierbei unterscheidet er auch anhand von Beispielen zwischen direkten und indirekt wirkenden Sanktionen. So werde der freiwillige Aspekt unterminiert, wenn für die Nutzung der App exklusive Vorteile gewährt würden. Kelber rät, die Nutzung auf eine freiwillige Basis zu stellen und das gegenseitige Vertrauen zwischen dem mündigen Bürger und dem Staat nicht zu gefährden.
 

„Freiwilligkeit“ und „Einwilligung“ sind nicht gleichzusetzen

Rechtgrundlagen für die Datenverarbeitung

Eine freiwillige Nutzung der App sei jedoch von der Einwilligung zur Datenverarbeitung zu trennen. „Freiwilligkeit“ bedeutet nämlich keineswegs zwingend, dass die Verarbeitung datenschutzrechtlich auf eine Einwilligung gestützt wird, so Kelber weiter. Im weiteren Verlauf dieser Podcastfolge stellt er dann dar, was als notwendige Rechtsgrundlage für die eigentliche Datenverarbeitung dienen kann. 

Sozialer oder medialer Druck: 

Außerdem befassen sich Härting und Kelber mit der Frage, ob durch sozialen und medialen Druck eine Dynamik ausgelöst werden kann, die letztlich zu einem faktischen Nutzungszwang führt. Die angewendete Methode muss jedoch effektiv und verhältnismäßig sein, so der Bundesdatenschutzbeauftragte.

In dem Podcast erläutert der Bundesdatenschutzbeauftragte zudem: 
  • welche der Maßnahmen überhaupt geeignet ist, einen Beitrag zum Ziel der Eindämmung zu leisten,
  • welche Methode so angewendet werden kann, dass sie mit den Datenschutzregeln im Einklang steht.
In diesem Zusammenhang geht Kelber auch auf die technische Problematik ein, sogenannte „false-positives“ auszuschließen.

Das vollständige Interview mit Ulrich Kelber (Folge 7) finden Sie auf Spotify oder unter Apple Podcasts  

Weitere Podcast-Folgen zum Thema „Corona-App“

  • In Folge 9 der Podcastreihe unterhält sich Härting mit dem österreichischen Rechtsprofessor Nikolaus Forgó unter anderem über die „Stopp Corona“-App des Österreichischen Roten Kreuzes. Forgó hält eine verpflichtende Einführung für rechtswidrig und betont, dass zunächst die genauen Ziele einer solchen App klar definiert werden müssen. Zudem behandelt er die Problematik einer möglichen Diskriminierung von Personen, die die App nicht freiwillig nutzen möchten, – und zwar insbesondere eine Diskriminierung durch private Unternehmen. [Folge 9 in den Apple Podcasts]. 
  • Folge 10 behandelt vor allem die Frage der Geeignetheit und Freiwilligkeit einer Corona-App sowie die damit verbundene datenschutzrechtliche Problematik. Interviewgast ist Frederik Richter, Vorstand der Stiftung Datenschutz. Laut Richter wird eine Einwilligung durch „Normalbürger“ selten auf ausreichenden Informationen basieren. Er erwartet auch einen unterschwelligen Zwang („Nudging“) zur Nutzung der App aufgrund von gesellschaftlichem Druck. Zudem spricht er das Problem der Transparenz und Datensicherheit an und befasst sich mit der „Corona-Datenspende“-App des Robert-Koch-Instituts (RKI). [Folge 10 in den Apple Podcasts].
  • In Folge 12 befragt Härting die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken. Sie hält es aufgrund der teils verwirrenden und widersprechenden Meldungen für schwierig, im Hinblick auf eine Corona-App noch Vertrauen zu vermitteln. [Folge 12 in den Apple Poscasts].
  • Folge 13: Zusammen mit dem Softwareexperten Henning Tillmann diskutiert Härting die technischen Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Corona-Apps. Laut Tillmann bleibt es abzuwarten, ob es wirklich gelingt, Apps zu programmieren und zu implementieren, die die hoch gesteckten Erwartungen erfüllen. [Folge 13 in den Apple Podcasts].
 
 

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AKTUELL: Prof. Niko Härting nimmt mit seinen spannenden Gästen im Ping Podcast Grund- und Bürgerrechte in Zeiten von Corona  in den Blick. Hören Sie: 

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(ESV/bp)

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