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Klauseln bei Biomasseverträgen: Wirtschaftlicher Gehalt der Lieferung auf Biogas beschränkt? (Foto: animaflora/Fotolia.com)
Umsatzsteuer

Bundesfinanzhof zur Rückführung von Biomasse nach Biogaserzeugung

ESV-Redaktion Steuern
16.10.2017
Ist die Rückführung von Biomassesubstanz nach einer Biogasherstellung eine als Lieferung gegen Entgelt gleichgestellte unentgeltliche Zuwendung? Mit dieser in der steuerlichen Betriebsprüfung oft auftretenden Streitfrage hat sich vor kurzem der Bundesfinanzhof befasst.
Übergibt ein Landwirt dem Betreiber einer Biogasanlage aufgrund einer zwischen beiden geschlossenen Vereinbarung Biomasse, verbleibt sie im Eigentum des Landwirts. Wenn sie lediglich zur Gewinnung von Biogas genutzt wird, so erfüllt die Rückgabe der verbleibenden Pflanzenreste an den Landwirt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.08.2017 (Az. V R 3/16) mangels einer Zuwendung nicht die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG.

Steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich nach dieser Entscheidung des BFH der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf das dem Abnehmer nach dem Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibende Biogas.

Die Klägerin des Urteilsfalls ist die Rechtsnachfolgerin der Firma H-KG und setzt als solche den Betrieb der Biogasanlage fort. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin ging durch Gründung zum 01.09.2008 aus dem bestehenden Einzelunternehmen des Kommanditisten K.H. hervor. Die Biomasse zur Biogaserzeugung erwirbt die Klägerin von der H-GbR, welche die Biomasse wiederum zuvor von der K. H. Landwirtschaft (KHL) bezog. Die bei der Produktion des Biogases anfallenden Gärreste wurden an die KHL zurückgegeben. Grundlage war die „Vereinbarung über die Lieferung von Energie in Biomasse“ zwischen der KHL, der H-GbR sowie der H-KG vom 28.08.2008.

Biomasse sollte im Eigentum des Lieferanten bleiben

Nach dieser Vereinbarung waren „die Vertragsparteien ... sich einig, dass die Lieferung seitens der KHL nur eine Gehaltslieferung darstellt. Das heißt konkret, dass die Biomassesubstanz im Eigentum der KHL verbleibt und die Lieferung ausschließlich in Form von Kohlenwasserstoffverbindungen zwecks energetischer Nutzung die H-KG betrifft. Die Biomassesubstanz kommt nach energetischer Verwertung zur KHL zurück“.

Bei einer Außenprüfung bei der H-KG im Frühjahr 2011 war die Prüferin der Auffassung, dass die H-KG die bei der Biogaserzeugung anfallenden Gärreste (Biomassesubstanz) der KHL unentgeltlich überlassen habe und deshalb als Zuwendungen zu versteuern seien. Im Verhältnis H-KG zur H-GbR liege keine Gehaltslieferung nach § 3 Abs. 5 UStG vor. Das Finanzamt folgte dem und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2008 und 2009 entsprechend. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Nur die in Biogas durch Fermentation umgewandelten Inhaltsstoffe der Pflanzensubstrate seien Gegenstand der Lieferung gewesen, da die nichtgenutzten Gärreste an die KHL zurückgegeben worden seien. Dies sei auch von vornherein ohne gesondertes Entgelt verbindlich vereinbart worden.

Feststehende Rückgabe der Gärreste: Weder Zuwendung noch Lieferung

Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz und wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück. Das Finanzgericht hat zu Recht die Rückführung der Biomassesubstanz nach Herstellung des Biogases an die KHL nicht der Besteuerung unterworfen, so die Richter des BFH.

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Die Rückgabe der Gärreste an die KHL erfüllt nach der Entscheidung des V. Senats nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG.

§ 3 Lieferung, sonstige Leistung
(1b) 1 Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt
(…)
3. jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.

Mangels Vermögensvorteil keine Zuwendung der Biomassesubstanz

Der BFH führt hierzu u.a. aus: Im Streitfall fehlt es schon an einer Zuwendung der Biomassesubstanz. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung vom 28.08.2008 hat die H-KG der KHL keinen Vermögensvorteil verschafft, indem sie ihr die Gärreste nach Abschluss der Biogasproduktion überließ. Die Biomassesubstanz sollte von vornherein im Eigentum der KHL verbleiben. Die H-KG durfte sie zur Energieerzeugung lediglich nutzen und musste sie nach der energetischen Verwertung der KHL zurückgeben.

Nichts anderes ergibt sich nach Ansicht des Senats aus § 3 Abs. 5 UStG. Danach beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben, wenn ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben hat. Umgekehrt folgt daraus: Die Rückgabe der Abfälle oder Nebenerzeugnisse (hier die Gärreste oder die Biomasse) führt weder zu einer Zuwendung noch zu einer Lieferung.

Wirtschaftlicher Zweck der Lieferung auf Extrakt beschränkt

Das gilt auch dann, wenn man bei der Auslegung dieser, so im Unionsrecht nicht ausdrücklich vorgesehenen Vorschrift, den Liefergegenstand im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nach dem wirtschaftlichen Zweck bestimmt, so die Richter des BFH weiter. Steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf den dem Abnehmer nach Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibenden Teil, hier auf den Gehalt oder den Extrakt, also auf das Biogas.

Diesen Maßstäben genügt die Entscheidung des Finanzgerichts und ist damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat darin zutreffend hervorgehoben, dass nach der tatsächlich durchgeführten Vereinbarung der Beteiligten vom 28.08.2008 entsprechend den bei der Herstellung von Biogas in der Landwirtschaft regelmäßig stattfindenden Geschehensabläufen die Substanz der Biomasse im Anschluss an die Verwendung zur Herstellung von Gas von vornherein nicht Gegenstand der Lieferung sein sollte. Gegenstand der Lieferung seien nur die in Biogas durch Fermentation umgewandelten Inhaltsstoffe als Bestandteile der Pflanzensubstrate gewesen, da die nichtgenutzten Gärreste als Nebenerzeugnisse an die KHL zurückgegeben worden seien.

Hinweis auf fehlende Gehaltslieferung mangels „Nämlichkeit“

Nach der Entscheidung des BFH kann diesem Ergebnis nicht entgegengehalten werden, eine Gehaltslieferung – so die Auffassung der Finanzverwaltung - sei nicht gegeben, weil keine „Nämlichkeit“ im Sinne bloßer Trennbarkeit der Inhaltsstoffe, wie etwa bei der Zuckergewinnung aus Zuckerrüben gegeben sei. Denn auch das Biogas wird - worauf es entscheidend ankommt - aus den Pflanzensubstraten selbst gewonnen.

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht