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Der deutsche Gesetzgeber muss die aktuellen Vorgaben der EU zur Urheberrechtsreform bis zum 7. Juni 2021 umgesetzt haben (Foto: bluedesign / stock.adobe.com)
Urheberrechtsreform

Bundeskabinett beschließt Umsetzung der Europäischen Urheberrechtsreform

ESV-Redaktion Recht
09.02.2021
Laut Bundesjustizministerin Christine Lambrecht wird das Urheberrecht durch die Reform für das digitale Zeitalter fit gemacht. In diesem Zuge soll der kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Gesetzesentwurf einen fairen Ausgleich der Interessen von Kreativen, Rechteverwertern und Nutzern schaffen. Doch die Novelle enthält auch zahlreiche Streitpunkte.
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung  vom 03. Februar 2021 soll vor allem die Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG umsetzen. Die nun hierzu vom Bundeskabinett vorgelegten Regelungen werden jedoch kritisch beäugt. Einer der Schwerpunkte des Regierungsentwurfs ist das Urheberrechts-Dienstanbieter-Gesetz, das stark in der Kritik steht. Adé freies Internet?

Die Kernregelungen des Entwurfs 


Allgemeine Überwachung durch Uploadfilter?

Einer der Knackpunkte sind die sogenannten Upload-Filter. Damit werden die Online-Plattformen mit einer allgemeinen Überwachungspflicht ihrer Dienste belegt, nach der sie alle Nutzerinhalte automatisiert scannen müssen, um Urheberrechtsverstöße zu erkennen. Nutzer sehen darin die Gefahr einer allgemeinen Überwachung.

Overblocking

Durch die neuen Regelungen möchte die Regierung die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer im Internet wahren und unverhältnismäßige Blockierungen von Uploads beim Einsatz von automatisierten Verfahren verhindern. Jedoch erhalten die Rechteinhaber die Möglichkeit, Premiuminhalte unverzüglich zu blocken. Damit soll den Nutzern kein größerer Schaden entstehen, wenn sie fälschlicherweise meinen, sie hätten Inhalte rechtmäßig hochgeladen. Damit droht das eigentlich für die Nutzer gedachte Beschwerdeverfahren gegen das widerrechtliche Löschen legaler Inhalte durch Dienstanbieter aber leerzulaufen.

Teilnutzung von Werken

Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen zum Zwecke der Parodie, Karikatur und des Pastiches – gemeint hiermit sind Remixe, Memes, Samplings oder Fan-Fiction –  genutzt werden, wenn sie weniger als die Hälfte des Werkes von Dritten enthalten und mit anderem Inhalt kombiniert werden. Die Nutzung dieser Inhalte darf nur geringfügig sein oder muss vom Nutzer als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sein. Zudem muss die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt sein. Diese Regelung halten viele Kritiker für wenig übersichtlich, da schwierig zu beurteilen sein kann, was im Einzelfall gerechtfertigt ist.

Für nichtkommerzielle Zwecke sind geringfügige Nutzungen von Schnipseln aus Video-, Audio- und Textmaterial vom exklusiven Verwertungsrecht ausgenommen. Die vergütungspflichtigen Ausnahmen hat die Bundesregierung jedoch gestutzt. Demnach wären nur noch

  • 15 Sekunden je eines Filmwerkes oder Laufbildes und einer Tonspur,
  • 160 Zeichen eines Textes
  • sowie 125 Kilobyte je eines Lichtbildwerkes, Lichtbildes oder einer Grafik
von der Ausnahme umfasst.


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Weitere Punkte der Reform

  • Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz: Das eigenständige neue Gesetz durch Umsetzung des Artikels 17 der EU-Urheberrechts-Richtlinie sieht Zahlungsansprüche der Künstler/innen gegen Upload-Plattformen wie YouTube, Facebook und Twitter vor und bricht daher mit zuvor bewährten Modellen. Kreative werden demnach wohl summa summarum weniger Lizenzeinnahmen als zuvor erzielen.
  • Presseverleger-Leistungsschutzrecht: Der Gesetzesentwurf soll wirtschaftlich-organisatorische und technische Leistungen der Presseverleger bei der Erstellung von Presseveröffentlichungen schützen. Das Leistungsschutzrecht erstreckt sich auch auf Vervielfältigungen für Online-Nutzungen, wie etwa das Versenden von E-Mail-Newslettern mit Inhalten aus Presseveröffentlichungen an einzelne Nutzer. Urheber sind grundsätzlich mit mindestens einem Drittel an potentiellen Einnahmen der Verleger zu beteiligen. Durch eine Vereinbarung soll künftig davon jedoch abgewichen werden können. Zudem bleibt die Rechtslage für Start-ups und Entwickler im Medienumfeld unklar, da der Gesetzentwurf für sie keine Regelungen vorsieht. Sie müssen sich bei Rechtsstreitigkeiten an den EUGH wenden.
  • Zugang zum Kulturerbe: Vervielfältigungen eines gemeinfreien visuellen Werkes, wie zum Beispiel Fotos alter Gemälde, genießen fortan keinen Leistungsschutz mehr. Das Ziel der Regelung ist, den Zugang zum Kulturerbe zu verbessern.
  • Urhebervertragsrecht: Die Regeln für Verträge zwischen Kreativen und Verwertern werden angepasst und der kollektive Rechtsschutz soll gestärkt werden.
  • Neue Informationspflichten: So sollen alle an einem Film mitwirkenden Urheber jährlich über die Nutzung dieses Films informiert werden. Die von der Regierung gut gemeinte Informationspflicht schafft allerdings Unmengen an Bürokratie und wird in der Praxis oft schwierig umsetzbar sein. Bei Projekten mit zahlreichen Urhebern und Rechteinhabern dürften Kosten und Nutzen der Informationspflicht unverhältnismäßig sein.
  • Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung: Verwertungsgesellschaften ist es fortan erlaubt, kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zu vergeben. Der Gesetzesentwurf sieht eine Beteiligung der Verleger an der Vergütung für gesetzlich erlaubte Nutzungen vor. Dadurch soll der Fortbestand der VG Wort als gemeinsame Verwertungsgesellschaft von Autoren und Verlegern gewährleistet sein.
  • Text und Data Mining: Der Gesetzesentwurf enthält eine Schlüsseltechnologie für maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz. Durch die Regelungen zum Text und Data Mining sind Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft von einer vorherigen Erlaubnis des Rechtsinhabers befreit, wodurch Rechtssicherheit geschaffen wird und ein Fortschreiten im Bereich der Künstlichen Intelligenz möglich sein wird. Zudem enthält der Gesetzesentwurf Regeln für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre.
  • Online-SatKab-Richtlinie: Die Umsetzung der Richtlinie soll eine zeitgemäße Fernsehnutzung ermöglichen. 
Quellen: PM des BMJV vom 03.02.2021; 
 

Update

21.05.2021
Bundestag beschließt Reform des Urheberrechts

Der Deutsche Bundestag hat am 20.05.2021 die seit langem vorgesehene Urheberrechtsreform beschlossen. Wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht in einer aktuellen Pressemeldung betonte, will der Gesetzgeber damit das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anpassen. mehr …


Handbuch Urheberrecht


Das Berliner Handbuch Urheberrecht, herausgegeben von Prof. Dr. Marcel Bisges, LL.M., bietet eine umfassende Darstellung des Urheberrechts unter besonderer Berücksichtigung der praktischen Aspekte. Die Schwerpunkte:

  • Werkbegriff und seine Entwicklung,
  • die Kleine-Münze und ihre ökonomische Komponente,
  • Fragen der Erschöpfung elektronischer Verwertung,
  • Schrankenregelungen bei neuen medialen Entwicklungen,
  • Digitalisierung bei Leistungsschutzrechten,
  • Grundsätze des internationalen Urheberrechts.

Hilfreiche Extras:  Text- und Vertragsmuster, Klauselbeispiele sowie Checklisten werden Ihnen in editierbarer Form über ein Add-on zur Verfügung gestellt. Daneben lassen die Autoren immer wieder anschauliche Beispiele in ihre Darstellungen einfließen.

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(ESV/pc/bp)

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