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Dr. Rainer Burbulla: „Jederzeitiges Kündigungsrecht kann für Hauptmieter sinnvoll sein“ (Foto: Privat)
Nachgefragt bei: Dr. Rainer Burbulla

Burbulla: „Aufhebung eines Hauptmietvertrages kann unwirksam sein“

ESV-Redaktion Recht
04.07.2018
Der „Frankfurter Galopprennbahn-Fall“ beschäftigt die Öffentlichkeit seit geraumer Zeit. Nun hat der BGH den Weg für das geplante Leistungszentrum des Deutschen Fußballbundes (DFB) frei gemacht. Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla erläutert im Interview mit der ESV-Redaktion die Auswirkungen der Entscheidung.


Herr Dr. Burbulla, worum ging es in diesem Fall? Wer war überhaupt beteiligt und um welche Rechtsfragen ging es?


Rainer Burbulla: Im Jahr 2010 hatte die Stadt Frankfurt die Rennbahn an die Hippodrom GmbH vermietet. Diese schloss einen Untermietvertrag mit dem Frankfurter Rennklub als Betreiber ab. Wegen finanzieller Turbulenzen des Betreibers hatten Stadt und Hauptmieterin den Hauptmietvertrag 2014 aufgehoben und mit dem DFB einen Erbbauvertrag über das Renngelände abgeschlossen. Seitdem kämpft der Rennklub um sein Geschäft durch alle Instanzen. Der Club hielt die Aufhebung des Hauptmietvertrages für sittenwidrig.

Hauptmietvertrag und Besitzrecht des Untermieters

Welche Konsequenzen hat die Beendigung von Hauptmietverträgen auf bestehende Untermietverträge?

Rainer Burbulla: Ist der Hauptmietvertrag beendet, entfällt das Besitzrecht des Hauptmieters (§ 986 Abs. 1 BGB). Der Hauptmieter – hier die Hippodrom GmbH – hat dann keine Möglichkeit mehr, den Mietgegenstand oder Teile davon an seinen Untermieter – hier dem Frankfurter Rennklub – zum Gebrauch zu überlassen. Der Hauptvermieter – die Stadt Frankfurt – kann dann direkt vom Untermieter die Herausgabe des Mietobjekts verlangen (§§ 546 Absatz 2, 985 BGB). Allerdings hat der Untermieter dann eventuell Schadensersatzansprüche gegen seinen Untervermieter bzw. den Hauptmieter.
 
Zur Person    
Dr. Rainer Burbulla ist Gründungspartner der Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB in Düsseldorf. Seit Beginn seiner Tätigkeit ist er vertragsgestaltend und forensisch im Immobilienrecht und Gewerberaummietrecht tätig. Zudem ist er Autor des Werkes Aktuelles Gewerberaummietrecht, erschienen im Erich Schmidt Verlag.

Aufhebung des Hauptmietvertrages immer möglich?

Können sich Vermieter und Hauptmieter also auf die Aufhebung des Untermietverhältnisses verständigen, um den Untermieter „los zu werden“?

Rainer Burbulla: Nein, nicht ohne Weiteres. Die Aufhebung des Hauptmietvertrages kann sittenwidrig oder ein Scheingeschäft sein. Schließen der Vermieter und der Mieter einen Aufhebungsvertrag nur deshalb, um dem Untermieter den Gebrauch durch Geltendmachung des Herausgabeanspruchs entziehen zu können, ist die Vertragsbeendigung des Hauptmietvertrages unwirksam.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten als Grund für Aufhebung des Hauptmietvertrages

Inwiefern betrifft diese Konstellation auch den BGH-Fall?

Rainer Burbulla:
Der BGH hat sich genau mit dieser Konstellation auseinandergesetzt. Dabei stellen die Karlsruher Richter klar, dass die Frage der Sittenwidrigkeit stets einzelfallabhängig ist. Sittenwidrig – so der BGH – ist der Aufhebungsvertrag jedenfalls dann nicht, wenn zum einen für die Vertragsaufhebung nachvollziehbare Gründe bestehen und zum anderen dem Mieter ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Untermietvertrages zusteht. Die „nachvollziehbaren Gründe“ für die Vertragsbeendigung sieht der BGH in wirtschaftlichen Erwägungen, da der Rennbahnbetrieb stets defizitär war. Was die zweite Voraussetzung betrifft, war im Untermietvertrag ein jederzeitiges „freies“ Kündigungsrecht des Mieters statuiert. 


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Die vertragliche Gestaltung

Ist es dann für den Hauptmieter nicht sinnvoll, wenn sich dieser ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Untermietvertrages vorbehält?

Rainer Burbulla: Aus Sicht des Hauptmieters ist dies sicherlich sinnvoll. Allerdings werden Untermieter meist ein solches freies Kündigungsrecht nicht ohne Weiteres akzeptieren.

Hauptmietvertrag und Schicksal des Untermietvertrages

Welche anderen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten gibt es noch?

Rainer Burbulla: Nicht selten wird in Untermietverträgen vereinbart, dass „das Untermietverhältnis in jedem Fall mit dem Ende des Hauptmietverhältnisses endet“. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist individualvertraglich zulässig. Korrekturen können im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vorgenommen werden.

Eine formularvertragliche Vereinbarung, also eine entsprechende Vereinbarung in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist meines Erachtens wegen unangemessener Benachteiligung des Untermieters (§ 307 BGB) unwirksam.

Was der Hauptmieter beachten sollte

Was sollten Hauptmieter bzw. Untervermieter in jedem Fall im Blick behalten?

Rainer Burbulla: Hauptmieter sollten in jedem Fall darauf achten, dass sie dem Untermieter nicht mehr Rechte einräumen, als sie selber aufgrund des Hauptmietvertrages gegenüber dem Hauptvermieter haben. Anderenfalls kann sich der Hauptmieter gegenüber seinem Untermieter schadensersatzpflichtig machen.

Wie schätzen Sie die BGH-Entscheidung ein? Haben Sie diese so erwartet und hat der BGH aus Ihrer Sicht richtig entschieden?

Rainer Burbulla:
Aus meiner Sicht ist die Entscheidung richtig. Damit die Aufhebung des Hauptmietvertrages sittenwidrig ist, müssen verschiedene Umstände vorliegen. Der BGH hat das Nicht-Vorliegen solcher Umstände sorgsam geprüft. Entscheidend kam hinzu, dass dem Hauptmieter ein freies Kündigungsrecht zustand. Von daher habe ich die Entscheidung auch so erwartet.

Hinweis: Siehe auch Urteil des BGH vom 18.04.2018 – AZ: XII ZR 76/17

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Autor: Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht