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Dr. Rainer Burbulla: Vermieter sollten bei der Vertragsgestaltung gut zwischen Ausschluss des Konkurrenzschutzes und Betriebspflicht abwägen (Foto: privat)
Nachgefragt bei Dr. Rainer BUrbulla

Burbulla zum Aus der Klauselkombination aus Betriebspflicht, Sortimentsbindung und Ausschluss des Konkurrenzschutzes

ESV-Redaktion Recht
03.04.2020
Im Februar 2020 hat der BGH über das Aus der Klauselkombination aus Betriebspflicht, Sortimentsbindung und Ausschluss des Konkurrenzschutzes entschieden. Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla – der bereits zur vorinstanzlichen Entscheidung des KG gegenüber der ESV-Redaktion Stellung bezog – erläutert in einem weiteren Interview den Kontext der BGH-Entscheidung und die praktischen Auswirkungen.
Herr Dr. Burbulla, worum ging es in der Entscheidung des BGH – Urteil vom 26.02.2020 – XII ZR 51/19 - genau?
 
Dr. Rainer Burbulla: Ein Mieter in einem Einkaufszentrum, der ein hochwertiges Fast-Food-Restaurant im Bereich Kartoffelspeisen betreibt, hatte sich auf einen Konkurrenzschutzverstoß durch den Vermieter berufen. Der Mieter war der Auffassung, dass der im Mietvertrag vereinbarte Ausschluss des Konkurrenzschutzes wegen der Kombination des Konkurrenzschutzausschlusses mit der Betriebspflicht und der Sortimentsbindung unwirksam ist. Dem folgte der BGH.

Klauselkombination ist unangemessene Benachteiligung


Mit welcher Begründung?


Dr. Rainer Burbulla: Weil die Klauselkombination dem Mieter ein Ausweichen auf andere Sortimente verwehrt und der Mieter seinen Betrieb auch nicht (zeitweise) unterbrechen kann, sondern diesen innerhalb der vereinbarten Betriebszeiten vollumfänglich aufrecht zu erhalten hat. Wenn es dann dem Vermieter auch noch gestattet ist, dem Mieter einen Konkurrenten „vor die Tür zu setzen“, führt dies nach Auffassung des BGH zu einer unangemessenen Benachteiligung mit der Folge der Unwirksamkeit der Regelungen.

Zur Person
Dr. Rainer Burbulla ist Rechtsanwalt und Partner der Langguth & Burbulla Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB in Düsseldorf. Seit Beginn seiner Tätigkeit ist er umfassend auf dem Gebiet des Gewerberaummietrechts sowohl vertragsgestaltend als auch forensisch tätig. Er ist Autor des im Erich Schmidt Verlag erschienenen Buchs Aktuelles Gewerberaummietrecht. Als Autor hat Burbulla auch am Handbuch Immobilienrecht mitgewirkt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Immobilien- und das Mietrecht sowie das Maklerrecht.


Vertragsimmanenter Konkurrenzschutz


Und infolge der Unwirksamkeit des Konkurrenzschutzausschlusses bejahte der BGH dann doch einen Konkurrenzschutz des Mieters?

Dr. Rainer Burbulla: 
Ja, und zwar den sogenannten vertragsimmanenten Konkurrenzschutz. Dieser hat zum Inhalt, dass der Vermieter keine in der näheren Nachbarschaft des Mieters gelegenen Mietflächen an Konkurrenten vermieten oder selbst in Konkurrenz zum Mieter treten darf.

Gilt denn dieser vertragsimmanente Konkurrenzschutz ausnahmslos auch in Einkaufszentren, die doch durch eine Vielzahl von Geschäften unter anderem mit Sortimentsüberschneidungen geprägt sind?

Dr. Rainer Burbulla: Nach Auffassung des BGH ja. Die gegenteilige Auffassung, wonach sich Mieter in Einkaufszentren nicht auf einen vertragsimmanenten Konkurrenzschutz berufen können, hat der Senat abgelehnt. Nach Sicht des Gerichts besteht zwar kein Anlass, die in einem Einkaufszentrum niedergelassenen Gewerbetreibenden stärker gegen erlaubten Wettbewerb zu schützen, als dies in herkömmlichen Geschäftsstraßen der Fall ist, allerdings besteht ebenso wenig Anlass, einen geringeren Konkurrenzschutz anzunehmen als bei der Vermietung mehrerer benachbarter Ladenlokale durch denselben Vermieter in einer Geschäftsstraße.

Isolierter Konkurrenzausschluss noch möglich


Aufgrund der Struktur in Einkaufszentren wird dort doch regelmäßig der Konkurrenzschutz ausgeschlossen. Ist es dem Vermieter nun verwehrt, einen Konkurrenzschutzausschluss zu vereinbaren?

Dr.  Rainer Burbulla: Nein. Entscheidend war im vorliegenden Fall die Kombination des Konkurrenzschutzausschlusses mit der Betriebspflicht und der Sortimentsbindung, die zur Unwirksamkeit führte.

Erfasst die Unwirksamkeit des Konkurrenzschutzausschlusses denn auch die Betriebspflicht, das heißt, der Mieter muss im Falle einer Klauselkombination seine Mietflächen künftig auch nicht mehr betreiben?

Dr. Rainer Burbulla: Das ist richtig. Im Fokus der Entscheidung des BGH stand zwar der Konkurrenzschutzausschluss. Der BGH hält aber die gesamte Klauselkombination für unwirksam mit der Folge, dass der Mieter damit auch nicht (mehr) an die Betriebspflicht gebunden ist.

Kann ein Mieter also bei einer solchen Klauselkombination den Mietvertrag ohne Weiteres kündigen?

Rainer Burbulla: Nein, grundsätzlich nicht. Die Unwirksamkeit der Klauseln begründet für sich genommen keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung, sondern führt zur Fortsetzung des Vertrags unter Außerachtlassung der unwirksamen Klauseln. Nur wenn der Vermieter insoweit gegen den vertragsimmanenten Konkurrenzschutz verstoßen hat, steht dem Mieter ein Kündigungsrecht zu. Aus diesem Grunde hat der BGH den Rechtsstreit an das Kammergericht zur näheren Aufklärung dieser Umstände zurückverwiesen.

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Abwägung zwischen Ausschluss des Konkurrenzschutzes und Betriebspflicht

Welche Auswirkungen hat denn das Urteil nun auf die Praxis bzw. die Vertragsgestaltung?


Dr. Rainer Burbulla: Vermieter sollten jetzt sorgsam abwägen, ob sie den Fokus auf die Betriebspflicht oder aber den Ausschluss des Konkurrenzschutzes legen. Denn die Kombination dieser Möglichkeiten ist – zumindest formularvertraglich – also in Form von AGB-rechtlich nicht mehr zulässig.

Individualvertraglich kann die Klauselkombination also noch wirksam vereinbart werden?

Dr. Rainer Burbulla: Hierzu hatte sich der BGH nicht ausdrücklich geäußert. Meines Erachtens ist eine individualvertragliche Vereinbarung rechtlich noch möglich. Eine solche (Individual-)Vereinbarung ist aber an hohe rechtliche Voraussetzungen geknüpft, die in der Praxis zumeist nicht erfüllt sind. Denn gerade Vermieter von Mietflächen in Einkaufszentren wollen diese Klauselkombination nicht nur im Einzelfall vereinbaren, sondern für eine Vielzahl von Fällen, und dann sind wir wieder im Bereich von AGB.

Hat der BGH neben der Unwirksamkeit der Klauselkombination nicht auch zu einer weiteren praxisrelevanten Frage nach der Einhaltung der Schriftform bei Verwendung eines Firmenstempels Stellung genommen?

Dr. Rainer Burbulla: Ja. Im BGH-Fall war es so, dass die Parteien eine (nachträgliche) Vereinbarung über die „Fortsetzung bzw. Neubegründung des Mietverhältnisses“ getroffen haben. In dieser Vereinbarung sollte die Mieterin nach den Angaben im Rubrum durch zwei gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer vertreten werden. Es unterzeichnete allerdings nur einer der Geschäftsführer unter Beifügung eines Firmenstempels der Mieterin auf dem für ihn vorgesehenen Unterschriftsfeld. Ein zweites Feld, das für die Unterschrift des zweiten Geschäftsführers der Mieterin vorgesehen war, blieb leer. Das führte nach Auffassung des BGH zu einem Schriftformverstoß.

Vertretung beim Vertragsschluss: Firmenstempel kein genereller Vertretungszusatz


Aber hatte der BGH denn in der Vergangenheit, und zwar in seiner Entscheidung vom 23.01.2013 (XII ZR 35/11) dem Firmenstempel nicht eine Legitimationswirkung zugesprochen?

Dr. Rainer Burbulla:
 Das ist richtig. Allerdings war es so, dass der BGH diese Legitimationswirkung auf die Alleinvertretungsmacht des
Unterzeichnenden beschränkt und zudem den Stempelabdruck auf eine von mehreren Betriebsstätten des Geschäftsinhabers eingegrenzt hatte. Eine Verallgemeinerung dahingehend, dass der Firmenstempel generell als Vertretungszusatz herangezogen werden kann, hatte der BGH damals nicht vorgenommen und nunmehr dies exakt bestätigt.

Das bedeutet, dass bei der Verwendung von Firmenstempeln hinsichtlich der Einhaltung der Schriftform nach wie vor Vorsicht geboten ist?

Dr. Rainer Burbulla: Ja. Bei der Unterzeichnung eines Mietvertrages sollte also darauf geachtet werden, dass alle im Mietvertrag benannten Personen den Vertrag unterzeichnen, damit die Mietvertragsurkunde nicht den Anschein der Unvollständigkeit erweckt.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen!

Aktuelles Gewerberaummietrecht

Autor: Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla

Das Gewerberaummietrecht ist stark von der Rechtsprechung geprägt und hat sich nicht zuletzt aus diesem Grunde zu einer Spezialmaterie entwickelt. Für Praktiker ist es daher eine Herausforderung, sich schnell in die komplexe Materie des Gewerberaummietrechts einzuarbeiten.

Entsprechend ihrer praktischen Bedeutung behandelt dieses Werk die aktuellen Rechtsprechungsentwicklungen und gibt Hinweise zur Vertragsgestaltung. Weitere chwerpunkte der Darstellung sind:

  • Schriftform des Mietvertrages
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen
  • Gewährleistung und Störung der Geschäftsgrundlage
  • Miete und Miethöhe
  • Laufzeit des Mietvertrages


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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht