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BVerfG: Beschwerdeführerin hat sich nicht ausreichend mit den Argumenten des BGH auseinandergesetzt (Foto: U. J. Alexander / stock.adobe.com)
Grundrechte

BVerfG entscheidet nicht über geschlechtergerechte Sprache in Formularen

ESV-Redaktion Recht
03.07.2020
Gibt es einen Anspruch auf eine geschlechtergerechte Sprache in Formularen? Die Kundin einer Sparkasse verklagte ihr Geldinstitut aufgrund der ausschließlich männlichen Formulierungen in den Vordrucken und Formularen erfolglos vor den Zivilgerichten. Ihre hiergegen gerichtete Beschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an.
Eine Sparkasse benutzt in ihrem Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke, die nur grammatikalisch männliche Personenbezeichnungen enthalten. Hiergegen klagte eine Kundin zunächst vor den Zivilgerichten. Nach Auffassung der Kundin sollte die Sparkasse ihr gegenüber Formulare und Vordrucke verwenden, die auch eine weibliche oder neutrale Sprachform vorsehen. Die Klage hatte aber weder vor den Instanzgerichten noch vor dem BGH Erfolg.

So urteilte der BGH schon mit Urteil vom 3.3.2018 (VI ZR 143/17), dass die Antragstellerin von ihrer Sparkasse keine Änderung der Formulare verlangen kann. Dies lässt sich nach BGH-Auffassung weder aus dem Saarländischen Landesgleichstellungsgesetz noch aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz herleiten. Zudem wies der BGH darauf hin, dass das Grundgesetz (GG) selbst nur das generische Maskulinum benutzt. Hiergegen zog Klägerin mit einer Beschwerde vor das BVerfG.

BVerfG: Beschwerde genügt nicht den Begründungsanforderungen

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG sah die Beschwerde als unzulässig an. Nach Auffassung der Kammer genügt diese nicht den formalen Begründungsanforderungen. Die Beschwerdeführerin hatte sich nicht hinreichend mit den Argumenten des BGH auseinandergesetzt. Die wesentlichen Überlegungen des BVerfG:
 
  • GG verwendet selbst generisches Maskulinum: Die höchsten deutschen Zivilrichter hatten nämlich betont, dass selbst das GG das generische Maskulinum verwendet, das die Beschwerdeführerin gerügt hatte. Auf dieses tragende Argument, so das BVerfG, habe sich die Beschwerdeführerin nicht eingelassen.

  • Subjektives Klagerecht? Zudem hatte der BGH entgegnet, dass auch das Saarländische Gleichstellungsgesetz, das den Landesdienststellen den Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache vorgibt, keine subjektiven Klagerechte für Einzelpersonen begründet. Auch hiermit hatte sich die Beschwerdeführerin nicht substantiiert auseinandergesetzt. Sie hatte weder eine Verletzung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes vorgetragen noch sonstige verfassungsrechtliche Gesichtspunkte hierzu angeführt.  
Damit hatte die 2. Kammer der Ersten Senats des BVerfG die Beschwerde nicht in der Sache geprüft.

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Ausblick: Was wäre wenn 


Ganz ohne Richtungsangabe ist die Entscheidung der obersten Verfassungsüter aber nicht. Vorausschauend hat die Kammer nämlich angedeutet, worauf es ankommt, wenn eine erneute Verfassungsbeschwerde zulässig wäre. Im Rahmen der Sachentscheidung – die dann ergehen müsste – wäre zu prüfen, ob

  • die traditionelle Benutzung des generischen Maskulinums überhaupt grundrechtsrelevant ist
  • und welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung von Gleichstellungsgesetzen zu stellen sind, die die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache vorschreiben.
Beide Fragen sind noch ungeklärt, so die Kammer abschließend.
 
Quelle: PM des BVerfG vom 1.7. 2020 zum Beschluss vom 26.5.2020 – 1 BvR 1074/18

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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht