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Die Berliner Sonderregelung sollte Mieterhöhungen für fünf Jahre begrenzen (Foto: studio v-zwoelf / stock.adobe.com)
Berliner Mietendeckel

BVerfG: Mietendeckel von Berlin gekippt

ESV-Redaktion Recht
15.04.2021
Nun hat das BVerfG entschieden: Der Berliner Mietendeckel verstößt gegen das Grundgesetz und ist nichtig. Mit seinem aktuellen Beschluss hat der Zweite Senat des BVerfG die seit langem erwartete Entscheidung getroffen.
Die Berliner Sonderregelung – in Gestalt des Gesetzes zu Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) – hatte seit Anfang 2020 die Mieten in mehreren Stufen für 1,5 Millionen Wohnungen zunächst eingefroren und später teilweise gesenkt.

Ein hiergegen gerichteter Normenkontrollantrag von 284 Bundestagsabgeordneten war nun erfolgreich. Ebenso baten die 67. Zivilkammer des LG Berlin und das AG Berlin Mitte das BVerfG um Klärung.


„Mietpreisbremse“ gegen „Mietendeckel“

Vom Berliner „Mietendeckel“ zu unterscheiden ist die „Mietpreisbremse“ des Bundes. Diese hatte der Bundesgesetzgeber 2015 eingeführt. Demnach dürfen die Länder gemäß § 556d BGB Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten festlegen. In diesen Gebieten darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses regelmäßig nicht mehr als zehn Prozent über der sogenannten „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen.

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BVerfG: Bundesregelung abschließend

Und hier liegt der Schlüssel für die Nichtigkeit des Berliner Mietendeckels. Laut GG ist der Bund vorrangig für das Mietrecht zuständig. Auch Regelungen zur Miethöhe für ungebundenen Wohnraum gehören laut dem Zweiten Senats des BVerfG hierzu – und zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Teil des sozialen Mietrechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das bürgerliche Recht. Die weiteren grundlegenden Überlegungen des Senats:
 
  • Ausdifferenziertes Regelungssystem des Bundes: Die Länder dürfen nur dann eigene Regelungen einführen, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch macht. Insoweit brachten die Karlsruher Verfassungshüter sehr deutlich zum Ausdruck, dass der Bund mit den Regelungen der §§ 556 bis 561 BGB von der konkurrierenden Zuständigkeit als Teil des bürgerlichen Rechts abschließend Gebrauch gemacht hat. Dabei betonte der Senat, dass der Bund mit dem ausdifferenzierten Regelungssystem eine abschließende Regelung treffen wollte.
  • Keine Regelungsbefugnis der Länder aus § 556d BGB: Hieran ändert auch die in § 556d Abs. 2 BGB normierte Verordnungsermächtigung für die Länder nichts. Nach Auffassung des Senats führen die Länder nur eine Regelung aus, die der Bund in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG weitgehend selbst festgelegt hat, und zwar nach Inhalt, Zweck und Ausmaß. Eine eigenständige Regelungsbefugnis der Länder ist darin nicht zu sehen, so der Senat weiter, denn Parallelregelungen kenne das GG nicht.


Wie es weitergeht

Der Beschluss der Karlsruher Richter hat zur Folge, dass das Berliner Gesetz von Anfang an nichtig ist. Damit werden zahlreiche Mieter nun aufgrund der Vereinbarung von sogenannten Schattenmieten in den Mietrverträgen zu Nachzahlungen verpflichtet sein. Viele Mietverträge sehen nämlich zwei Mieten vor: Eine geringere Miete, die bis zur Entscheidung des BVerfG gezahlt werden muss, und eine höhere Miete, die ggf. künftig und auch rückwirkend zu zahlen ist.

Staatliche Hilfen

Wie der Berliner Tagesspiegel berichtet, soll Berlins Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (Linke) Staatshilfen für Mieter in Aussicht gestellt haben, die aufgrund der Entscheidung des BVerfG große finanzielle Schwierigkeiten bekommen.

Nicht alle Vermieter wollen Nachzahlungen fordern
 
Die Deutsche Wohnen begrüßte die Entscheidung aus Karlsruhe. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, will der DAX-Konzern seinen Mietern aber für die Begleichung der Nachzahlungen auch Ratenzahlungen oder Stundungen anbieten.

Die etwa 300.000 Haushalte der sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften müssen nach Berichten der B.Z. nicht mit Rückzahlungen rechnen. Gleiches soll für Mieter der Immobilien-Unternehmen Vonovia und Heimstaden gelten. Auch die TAG Immobilien AG will keine Mieten für ihre rund 200 Wohnungen nachfordern. Dort möchte mann in Zeiten von Corona eine angemessene Unterstützung leisten.

Mietpreisbremse des Bundes gilt weiter

Nach wie vor gilt aber die Mietpreisbremse des Bundes weiter. Mieterhöhungen bzw. Nachzahlungen müssen sich also im Rahmen der §§ 556 bis 561 BGB bewegen. Zum Teil wird Mietern in deisem Zusammenhang empfohlen, etwaige überhöhte Mieten vorsorglich zu rügen, bevor der Vermieter zur Nachzahlung auffordert. Dennoch sollten Nachforderungen einschießlich der laut Mietvertrag geschuldeten Mieten unter Vorbehalt gezahlt werden, um der Gefahr einer Kündigung vorzubeugen. Die Rüge bzw. der Vorbehalt soll die Chance wahren, die Nachzahlungen später zurückfordern zu können, weil damit ein Verfahren in Gang gesetzt wird, das die Miete aufgrund der Mietpreisbremse möglicherweise senken wird.

Forderungen nach bundesweitem Mietendeckel

Vor allem der Deutsche Mieterbund (DMB) hat der nach Entscheidung des BVerfG eine bundesweite Mietenregulierung gefordert. Nach Auffassung des Verbandes ist eine bundesweite Regulierung noch in der laufenden Legislaturperiode möglich.  


Weitere Quellen:

  • Online-Ausgabe des Tagesspiegels vom 15.4.2021 

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(ESV/bp)

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