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Der Inhaber trägt die Verantwortung für seinen Internet-Anschluss (Foto: Proxima Studio/Fotolia.com)
Anschlusshalterhaftung bei Urheberrechtverletzungen

BVerfG: Schweigen verhindert nicht die Haftung beim Filesharing

ESV-Redaktion Recht
23.04.2019
Ist das Grundrecht auf Achtung der Familie verletzt, wenn Inhaber von Internetanschlüssen für Verletzungen des Urheberrechts haften, weil sie andere Familienmitglieder schützen wollen? Hierüber hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aktuell entschieden.
In dem Streitfall waren die Beschwerdeführer als Ehepaar gemeinsame Inhaber eines Internetanschlusses. Über diesen Zugang wurde mit Hilfe  einer sogenannten Filesharing-Software ein Musikalbum zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin hielt die Rechte an den betroffenen Musiktiteln. Zwar gaben die Beschwerdeführer nach einer Abmahnung durch die Klägerin eine Unterlassungserklärung ab. Allerdings weigerten sie sich, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche und Rechtsanwaltskosten zu begleichen. Ihre Begründung: Sie hätten ihren Anschluss zur fraglichen Zeit nicht selbst genutzt.

Zwar wussten sie, dass eines ihrer Kinder das Album zum Download angeboten hatte. Sie wollten aber nicht offenbaren, welches. Das Landgericht verurteilte sie zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Berufung und Revision der Beschwerdeführer zum Bundesgerichtshof (BGH) blieben ohne Erfolg

Beschwerdeführer: Grundrecht auf Achtung des Familienlebens verletzt

Daraufhin legte das Ehepaar Verfassungsbeschwerde ein. Sie sahen durch die bisherigen Gerichtsentscheidungen ihr Grundrecht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 6 Absatz 1 GG verletzt. Dieses Grundrecht sei höher zu bewerten als die zivilprozessuale Obliegenheit der Anschlussinhaber, ihre Kinder als Verletzer zu offenbaren. 

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BVerfG: Recht auf Achtung der Familie schützt nicht vor Folgen des Schweigens

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) teilte diese Meinung nicht. Danach schützt das Recht auf Achtung der Familie nicht vor den „negativen prozessualen Folgen eines Schweigens“. Die weiteren tragenden Überlegungen der Kammer:
  • Eingriff – ja: Zwar sieht die Kammer den Schutzbereich von Art. 6 GG tangiert.
  • Aber – Eingriff gerechtfertigt: Allerdings ist diese Beeinträchtigung gerechtfertigt. Nach Auffassung des BVerfG hat der BGH nämlich beanstandungsfrei den Umstand berücksichtigt, dass Rechteinhaber beim Filesharing keine Möglichkeit haben, Tatsachen zu beweisen, die ihrem Einblick vollständig entzogen sind. 
  • Rechtsverfolgung hat Vorrang vor Schweigen: Zwar müssen sich Familienangehörige nicht gegenseitig belasten, wenn der konkret Handelnde nicht ermittelt werden kann. Allerdings tragen sie dann das Risiko einer ungünstigen Tatsachenwürdigung. Die faktische Möglichkeit, im Zivilprozess zu schweigen, kann bei der Gesamtwürdigung also keinen Vorrang vor der Durchsetzung von Leistungsschutzrechten haben. Der Schutz der Familie hat nicht den Zweck, aus taktischen Erwägungen die eigene Haftung für die Verletzung von geistigem Eigentum – das durch Art. 14 GG geschützt ist – zu verhindern.
  • Auch kein Verstoß gegen EU-Recht: Auch aus den europäischen Grundrechten ergibt sich nichts anderes. Zudem bleiben die Fachgerichte an das GG gebunden. Denn hier geht es um die Durchsetzung von Ansprüchen im Bereich des nicht harmonisierten Zivilprozessrechts.
Der Hotspot mit großer Reichweite 

WLAN und Recht

Der Internetzugang per WLAN gehört längst zum Alltag. Neben punktueller Anbindung nehmen auch Lösungen für größere Flächen zu. In vielen Städten gibt es bereits ein innerstädtisches WLAN, teils von privaten Unternehmen, teils von Kommunen betrieben. Bei ihrer Realisierung gibt es jedoch zahlreiche Rechtsfragen, u.a. zur Störerhaftung. Dr. jur. Thomas Sassenberg und Dr. Reto Mantz haben diese Ausgangslage zum Anlass für das erste Buch zum Thema WLAN und Recht genommen. 

Das Werk

  • behandelt unter anderem die Verantwortlichkeit des Anbieters,
  • stellt die Konsequenzen für Aufbau und Betrieb eines WLANs dar
  • und erläutert, wie sich Anbieter bei Inanspruchnahme verhalten sollte.
  • Darüber hinaus bietet es zahlreiche Übersichten und Checklisten.
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Quelle: PM vom 03.042019 zum Beschluss vom 18.02.2019 – AZ: 1 BvR 2556/17

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht