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Kennen sich aus mit Filmen: Klaus Maiwald und Ingo Kammerer (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Dr. Ingo Kammerer und Prof. Dr. Klaus Maiwald

„Das Thema Film ist wichtig!“

ESV-Redaktion Philologie
21.04.2021
Der Film ist mittlerweile fest in den Lehrplänen an deutschen Schulen verankert. Schülerinnen und Schüler erleben heutzutage Geschichten oft eher am Fernseher oder am Computer statt ein Buch zu lesen. Kein Wunder, dass auch Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer verstärkt das Medium Film in ihren Unterricht einbeziehen. Wir sprachen hierüber mit den Autoren unserer neuen Filmdidaktik Deutsch.
Was war der Impuls für Sie, lieber Herr Kammerer, lieber Herr Maiwald, eine neue „Filmdidaktik Deutsch“ zu schreiben?

Ingo Kammerer: Der Film ist ein ästhetisches Schlüsselmedium unserer Welt- und Selbstwahrnehmung und hat somit eine große Bedeutung für jeden Menschen. Das ist grundsätzlich nicht bedauernswert, aber man sollte das Medium natürlich ‚lesen‘ können und im Bildungsbereich wissen, wie diese Fähigkeit zu vermitteln ist. Da es bislang nur wenige Filmdidaktiken für den Deutschunterricht gibt und die vorhandenen unserer Meinung nach schon noch einen Versuch zuließen, haben wir uns an die Arbeit gemacht.

Klaus Maiwald: Wir hatten bisher schon einiges zum Thema Film veröffentlicht und auch in der Lehre dazu viel gearbeitet. Auch das wollten wir ein stückweit bündeln bzw. festhalten. Zudem ist ein Einführungsbuch eine wichtige Schnittstelle zwischen der Fachdidaktik und der Praxis. Es ist außerdem immer gut für ein Thema, wenn es mehrere Einführungen mit unterschiedlichen Akzenten und Blickwinkeln gibt. Und das Thema Film ist wichtig! Gerade in der gegenwärtigen Medienkultur sind audiovisuell kompetente Nutzende gefragt.

Welchen Themen widmet sich die Einführung im einzelnen, wie ist das Buch aufgebaut?

Klaus Maiwald: Didaktisch wird zuerst nach dem Weshalb und dem Wozu gefragt. Daher ziehen wir zunächst aus bestehenden Konzeptionen heraus einen eigenen filmdidaktischen Begründungsrahmen. Um die Fachlichkeit des Filmunterrichts abzusichern, wird in einem umfangreichen Kapitel das nötige Sachwissen entfaltet, auf das Filmlehrende zugreifen können müssen. Anschließend geht es um Verfahren des Umgangs mit filmischen Texten. In einem umfangreichen Praxiskapitel stellen wir Modelle vor, in denen der Kompetenzaufbau für verschiedene filmische Gegenstände und Jahrgangsstufen exemplarisch aufgezeigt wird. Mit einem kurzen fachlichen und didaktischen Ausblick schließen wir das Buch ab.
Redaktion Philologie 23.04.2021
Rico, Oskar und die Tieferschatten: Ein Kinderfilm im Deutschunterricht
Viele Deutschlehrende stehen täglich vor der Frage, wie sie ihren Schülerinnen und Schülern Literatur nahebringen können. Eine Möglichkeit ist, sich nicht nur mit dem Buch, sondern auch mit der entsprechenden Literaturverfilmung zu beschäftigen. Über einen Vergleich der beiden Medien Literatur und Film erschließen sich ganz andere Themen und nicht zuletzt das Verständnis für verschiedene Erzählformen. mehr …

Nun gibt es zahlreiche „Filmklassiker“ und natürlich auch verschiedene Filmgenres, man denke beispielsweise an Western, Literaturverfilmungen, Märchenfilme oder auch Fernsehserien. Wie gehen Sie damit in dem Buch um? Können Sie uns bitte einige Beispiel nennen?

Ingo Kammerer: Das Spektrum an Filmen reicht ja von den ersten Versuchen der Brüder Lumière bis zum TikTok-Video, es umfasst fiktionale und dokumentarische Gattungen, den Real- und den Animationsfilm, verschiedenste Genres, den Kinofilm, den Fernsehmehrteiler, die Netflix-Serie usf.  Das ist nicht wenig und, obwohl wir vieles ansprechen, auch filmgeschichtliche und -theoretische Entwicklungen aufzeigen, mussten wir natürlich Entscheidungen treffen. Gerade die Kenntnis von Genres bzw. ihre speziellen Erzählformen halten wir dabei in Bezug auf das Verstehen von filmischen Texten für sehr wichtig. Thriller, Western, Komödie oder Film noir: Ähnliches sieht je nach Einsatzort und Wirkungsabsicht ganz unterschiedlich aus. Und natürlich ist auch klar, dass in einer deutschdidaktischen Betrachtung der spannende Medienverbund von Literaturverfilmungen nicht fehlen darf. Diese Vielfalt an Bezügen wird von uns immer wieder in kleineren „Analyseinseln“ zu bündeln versucht, um so den Lesende an konkreten Beispielen Zusammenhänge aufzuzeigen. 
In den Praxismodellen versuchen wir, diese Breite des Films soweit als möglich abzubilden: Da geht es dann um eine Märchenanimationsreihe, um einen Dokumentarfilm für Kinder, um eine Kinderliteraturverfilmung, um den Klassiker Lola rennt, um einen Kurzfilm und um die TV-Serie House of Cards.
 
Die meisten Lehrerinnen und Lehrer werden sicher besonders dankbar sein für die unterrichtspraktischen Vorschläge, die Sie in dem Buch geben. Wie sind diese Unterrichtsvorschläge aufgebaut, sind sie an Jahrgangsstufen orientiert?

Kaus Maiwald:  Wir haben Praxismodelle für die Jahrgangsstufen 4/5 bis hin zur Sekundarstufe II. Die Modelle geben zunächst eine gründliche Sachanalyse des jeweiligen Films. Sie benennen dann die Kompetenzen, auf die jeweils gezielt wird, und beschreiben schließlich methodische Unterrichtsbausteine bzw. -sequenzen. Neben der direkten Umsetzung der Bausteine kann man sie natürlich auch als didaktisch-methodische Blaupause für andere Filme benutzen oder nur Teile davon im Unterricht verwenden.

Welche Erfahrungen haben Sie persönlich im Unterricht mit Filmen gemacht? Was hat gut funktioniert und was weniger gut?

Klaus Maiwald: Für viele Lernende ist es noch ungewohnt, gegenüber Filmen eine analytische und reflektierende Arbeitshaltung einzunehmen. Für schriftliche Texte ist das gewohnt; bei filmischen Texten muss man sachte den zurückgelehnten „Popcorn-Modus“ brechen.

Ingo Kammerer: Während einer Filmanalyse kann aber auch Erkenntnisfreude entstehen, die bei der Analyse von schriftlicher Literatur eher selten erzielt wird. Das hat sicherlich oft mit der ‚Neuheit‘ der vertieften Filmbetrachtung zu tun. Es zeigt aber auch, welcher Zauber hinter diesem doch schon recht alten Medium noch immer verborgen liegt und entdeckt werden will.

Zum Abschluss eine eher persönliche Frage: Was ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm, haben Sie einen besonderen Tipp für unsere Leserinnen und Leser?

Klaus Maiwald: Ich schätze sehr die Filme von Christian Petzold mit Nina Hoss, z.B. Yella oder Barbara. Die Serie Breaking Bad hat für mich erhöhtes Suchtpotential. Die Komödie Sideways finde ich grandios und schaue ich immer wieder gerne. Und vieles anders mehr: Fast alles von Woody Allen, kultige Edgar-Wallace-Krimis, die Serien The Wire und House of Cards

Ingo Kammerer: Das variiert natürlich. In den letzten Jahren haben mich Filme und Serien wie z.B. Systemsprenger, Babylon Berlin, Black MirrorEx Machina, Der seidene Faden, Arrival, Die große Schönheit und Hereditary beeindruckt. Einer meiner ‚Lebensfilme‘ ist sicherlich Hitchcocks Psycho. Dieser erstaunliche Text erklärt das Medium in ungenierter, beinahe didaktischer Weise. Allerdings muss man ihn dafür mindestens zweimal sehen: einmal als Horror-Thriller-Kombination und dann (beim zweiten Mal) als Komödie, die er ist.

Wir danken Ihnen herzlich für dieses interessante Gespräch, lieber Herr Kammerer, lieber Herr Maiwald.

Zu den Autoren
Dr. Ingo Kammerer ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Augsburg. Er ist Mitherausgeber der Buchreihe „Film-Bildung-Schule“ und Autor vielfältiger Publikationen zum Film, dessen Ästhetik, Wirkung und Vermittlung.

Prof. Dr. Klaus Maiwald ist Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Augsburg. Er ist Autor von zahlreichen filmdidaktischen Publikationen und Mitautor einer virtuellen Lernumgebung zum Thema Filmästhetik und Filmdidaktik.

Filmdidaktik Deutsch

 

Der Film hat in den gut 125 Jahren seiner Existenz eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte geschrieben. Er entwickelte sich zum Leitmedium unserer Kultur und hat sich mittlerweile auch in Lehrplänen und im Unterricht etabliert. Dennoch ist die filmdidaktische Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern noch randständig.
Hierauf antwortet die vorliegende Einführung. Sie geht davon aus, dass für die Beschäftigung mit filmischen Texten dem Fach Deutsch eine Leitfunktion zukommt. Zunächst fragt sie nach dem 'Weshalb' und dem 'Wozu' des Filmunterrichts und entwickelt aus bestehenden Konzeptionen einen eigenen filmdidaktischen Begründungsrahmen. Sodann entfaltet sie ausführlich fach- und sachanalytische Grundlagen, auf die Filmlehrerende zugreifen können müssen. Im Anschluss an eine Systematisierung von Verfahren des Umgangs mit filmischen Texten folgen sechs Praxismodelle, in denen der Kompetenzaufbau für verschiedene filmische Gegenstände und Jahrgangsstufen exemplarisch aufgezeigt wird. Ein kurzer fachlicher und didaktischer Ausblick schließt den Band ab, der als Ganzes gelesen, aber auch zum gezielten Nachschlagen genutzt werden kann.
Die Einführung richtet sich an Studierende, Referendare und Lehrkräfte sowie an Lehrende des Faches Deutsch an Schulen und Hochschulen. 


Programmbereich: Germanistik und Komparatistik